Alone I Break


 

Kapitel 7

 

“Du und Angel scheint euch ziemlich nah zu sein” grübelte Lorne, als der Letztere den Raum verlassen hatte.

 

Buffy nahm mit einem Stirnrunzeln ihren Blick von der Tür, um Lorne anzusehen.

 

“Nicht wirklich” sagte sie und zuckte kaum sichtbar mit den Achseln.

 

Lorne hob eine Augenbraue und blickte Buffy genau an.

 

“Er ist fast die ganze Zeit hier gewesen, seitdem du eingeliefert worden bist”

 

“So?” fragte Buffy und verbarg ihre wirbelnden Gefühle, die sie bei der Enthüllung spürte.

 

Lorne tippte mit seinem Stift gegen sein Kinn und überlegte sich seine nächsten Worte. Die Anspannung zwischen Buffy und Angel war fast schon greifbar gewesen, als er in den Raum gekommen war. Seine Instinkte sagten ihm, dass da einige ungeklärte Probleme zwischen den beiden bestanden. Und falls da welche waren, dann fragte er sich, welche Rolle sie beim Zusammenbruch des jungen Mädchens gespielt haben konnten. Die Erfahrung sagte ihm, dass Buffy mehr Probleme hatte, als nur den Tod ihres Bruders.

 

“Es scheint, dass er sich sehr um dich sorgt” entgegnete er letztendlich.

 

Mit gekräuselten Lippen zog Buffy ihre Knie zu ihrem Kinn. Sie wollte nicht über Angel reden. Sie wollte nicht mal an Angel denken, oder daran, dass er im Krankenhaus geblieben war und dass sie gerade ihre längste Unterhaltung der letzten drei Jahre gehabt hatten. Je weniger sie an Angel dachte, umso besser für sie.

 

“Könnten wir nicht von Angel sprechen?” forderte sie mit Nachdruck und betonte das Wort ‘nicht’.

 

“In Ordnung. Worüber würdest du gerne sprechen?” fragte Lorne und überkreuzte seine Beine.

 

“Wie wäre es mit ‘über gar nichts’” murmelte Buffy schwach. “Ich verstehe nicht, warum wir das machen müssen. Mir geht es gut!”

 

Lorne brauchte einen Moment, um ein paar Notizen zu machen: Buffy verschleierte ihre Ablehnung, ihr Widerstreben, sich von jemandem helfen zu lassen und ihrer scheinbaren Verleugnung, dass etwas nicht stimmte. Sie schien seiner Meinung nach eine sehr verschlossene junge Frau zu sein.

 

“Nun, warum fangen wir nicht damit an, dass du mir erzählst, wieso du hier im Krankenhaus bist” begann er mit seinen Fragen.

 

“Weil Giles mich nicht nach Hause lässt!” knurrte sie laut und spielte mit dem Saum ihrer Nachthemdes.

 

Lorne blätterte ein paar Seiten in der Patientenakte zurück, die auf seinem Schoß lag und zitierte die Worte, die in Giles Schrift dort standen.

 

“Patientin bewusstlos und mit mehreren Abschürfungen und Platzwunden in die Notfallaufnahme eingeliefert. Officer O‘Neil, der auf den Anruf einer Frau reagierte, gab an, dass mindestens ein Zimmer im Haus der Patientin komplett beschädigt war”

 

Als sie die Beschreibung hörte, wurde Buffy blass und ihre Hände lagen ruhig auf ihrem Schoß.

 

“Klingt das bekannt?” fragte er und legte die Akte zur Seite.

 

“Ich-ich...ich weiß nicht” stotterte sie und schüttelte ihren Kopf, als wollte sie die Erinnerungen aus ihrem Kopf zwingen.

 

“Sag mir Buffy, an was erinnerst du dich?” drängte Lorne, der spürte, dass ihre Fassade bröckelte.

 

Und obwohl er die Idee hasste, ihr zusätzlichen Stress zuzufügen, gab es scheinbar keine andere Wahl.

 

Buffy hörte die Frage kaum, die an sie gerichtet war. Bilder, kleine Schnipsel der letzten beiden Wochen blitzten vor ihren Augen auf.

 

 

*****

 

 

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*****

 

 

“Buffy?” sagte Lorne vorsichtig.

 

Er war besorgt wegen ihrem ausdruckslosen Gesichtsausdruck und ihrem zitternden Körper. Er lehnte sich vor und durchsuchte seine Tasche, um sicher zu sein, dass er ein Beruhigungsmittel dabei hatte, falls es nötig wäre.

 

Aus ihren Augen liefen Tränen. Das Zittern wurde stärker und ließ ihren gesamten Körper erbeben. Lorne griff in seine Tasche und nahm die Spritze. Er steckte sie in seine Kitteltasche und entschied, sie nur zu benutzen, wenn es absolut notwendig war. Er stand auf, ging zum Bett hinüber und setzte sich auf den Rand. Er hob eine ihrer Hände und hielt sie tröstend. Körperkontakt war nicht das typische Vorgehen, aber er war auch kein typischer Arzt.

 

“Mein Fehler” flüsterte sie, nicht zu Lorne, sondern zu sich selbst.

 

Lorne hörte die kaum geäußerten Worte und wusste, worauf sie sich bezog. Obwohl ihm bereits von der Konfrontation zwischen Buffy und Willow erzählt worden war, musste sie darüber sprechen.

 

“Was war dein Fehler?” drängte er.

 

Buffy presste eine Hand an ihre rechte Schläfe und erinnerte sich plötzlich daran, dass sie nicht alleine im Zimmer war.

 

“Nichts” murmelte sie und kauerte sich wieder gegen das Kissen, um sich von ihm zu distanzieren.

 

“Du kannst mit mir reden, Buffy. Ich bin nicht hier, um dich zu verurteilen und um dir zu sagen, dass du Recht oder Unrecht hast. Du kannst dir vorstellen, dass ich ein großer, flauschiger Teddybär bin, der dir bei allem zuhört, worüber du reden möchtest” bot er an und streckte seine Arme aus.

 

Trotz ihrer aktuellen Stimmung tauchte bei dem Gedanken an ihren Seelenklempner als gigantischen Teddybär ein kleines Lächeln auf ihrem Gesicht auf . Es war zu amüsant, um nicht darüber zu lächeln.

 

“Ich habe das gesehen” sagte Lorne absichtlich, wurde aber bald wieder ernst. “Ich meine, was ich gesagt habe. Ich bin nur hier, um zuzuhören und um über alles zu sprechen”

 

Seufzend überlegte sich Buffy, ob sie ihm sagen sollte, dass er verdammt noch mal ihren Raum verlassen sollte, aber sie tat es nicht. Ein kleiner Teil von ihr wollte reden, wollte, dass jemand ihr sagte, dass alles wieder in Ordnung kommen würde. Und Lorne hatte sie schon ein wenig für sich eingenommen. Er war nicht wie die anderen Ärzte mit ihrem kalten, professionellen, distanzierten Verhalten. Er schien einfach nur freundlich zu sein.

 

“Es war mein Fehler” wiederholte sie ihre vorige Empfindung und wandte schuldbewusst ihren Blick ab.

 

“Was war dein Fehler?” fragte Lorne erneut.

 

Buffy sah zu Lorne und versuchte durch das Durcheinander ihrer Gedanken durchzublicken. Alles war so verirrend.

 

“Der Un-Unfall. Das war mein Fehler”

 

Lorne nickte, da er den Verdacht gehabt hatte, dass sie der Anschuldigung ihrer Freundin geglaubt hatte.

 

“Mir wurde gesagt, dass es ein Autorunfall war und dass du zu dieser Zeit zuhause warst. Wie kann es dann dein Fehler gewesen sein?” fragte er mit dem Bedürfnis, sie zur richtigen Ursache zu bringen.

 

“Nein” Buffy schüttelte ihren Kopf. Willows verletzende Worte wiederholten sich in ihrem Kopf. “Da hätte kein Unfall sein sollen. Er hätte nicht hier bei mir sein sollen. Er hätte mit Willow nach Berkley gehen sollen”

 

“Ich verstehe” sagte er auf typische Doktor-Art.

 

In einer normalen Situation hätte Lorne nach Details gefragt und nach einer Erklärung zu ihrer Äußerung. Aber in diesem Fall wusste er bereits viel vom Hintergrund. Zwischen dem was Angel und Xander ihm gesagt hatten und was Giles, der Arzt, der nicht nur Buffys Mom und Bruder behandelt hatte und der auch Angels Onkel war, weiter erklärt hatte, wusste er sehr viel über Buffys Geschichte.

 

“Lass mich dir eine Frage stellen” begann Lorne. “Hast du deinen Bruder jemals gebeten, hier bei dir zu bleiben?”

 

“Nein” antwortete Buffy und wischte ein paar ihrer Tränen weg.

 

“Hat er dir jemals gesagt, dass er gehen wollte, dass er mit Willow gehen wollte?” fuhr er fort.

 

Buffy runzelte die Stirn und fragte sich, was Lorne vorhatte.

 

“Nein”

 

Sie direkt anschauend fragte er:

 

“Wie kann es dann dein Fehler sein?”

 

“Er ist wegen mir geblieben! Weil ich hier war!” schrie sie und ein paar Tränen fielen.

 

“Vielleicht wollte er bleiben” meinte Lorne. “Oz war dein Bruder, Buffy. Er hat dich geliebt. Vielleicht wollte er in Sunnydale bleiben”

 

Eine Stoppuhr piepste und unterbrach alles, was Buffy vielleicht als Antwort hatte sagen wollen. Lorne blickte auf seine Uhr runter und sah, dass die Zeit rum war und er zu einem anderen Patienten gehen musste. Es war ein gutes Timing, nahm er an. Da sie jetzt nicht fähig waren, die Unterhaltung fortzuführen, würde es Buffy bis zu ihrem nächsten Termin einiges zum Überlegen geben.

 

“Nun, dieses Piepsen bedeutet, dass unsere Zeit rum ist” sagte er, als er aufstand und seine Sachen zusammenräumte. Es entging seiner Aufmerksamkeit nicht, dass Buffy scheinbar tief in Gedanken war. “Ich seh dich dann morgen, gleiche Zeit, gleicher Ort”

 

Buffy murmelte ein ‘Auf Wiedersehen‘, als ihr Therapeut aus den Zimmer schlenderte. Ihre Gedanken waren jedoch woanders. Das war das schlimme bei widersprüchlichen Gedanken. Sie neigten dazu, die ganze Aufmerksamkeit von jemandem zu verlangen. Und ihr Verstand war ganz sicherlich gefüllt mit widersprüchlichen Gedanken. Es war ein fieberhaftes Tauziehen zwischen Willows Anschuldigungen und Lornes alternativen Standpunkt. Aber wer hatte Recht?

 

 

*****

 

 

Angel und Xander standen still und ruhig in der Mitte des Wohnzimmers der Summers und betrachteten den Schaden von Buffys Zusammenbruch. Es war ein abschreckender Anblick. Angel hatte es zuvor gesehen, aber er hatte nicht die Möglichkeit gehabt, sich genau umzusehen. Für Xander war es der erste Blick auf den Schaden. Zu wissen, dass Buffy so verzweifelt gewesen war, um das zu verursachen, sandte Schauer seinen Rücken runter.

 

“Ich wusste, dass ich gestern hätte hier bleiben sollen” sagte Xander und sprach damit den innerlichen Tadel aus, der sich seit der letzten Nacht in seinem Kopf wiederholte.

 

“Das ist nicht dein Fehler, Xander” versicherte ihm Angel.

 

“Nein, es ist Willows” blaffte Xander empört.

 

Seufzend blickte sich Angel im Zimmer um und schüttelte seinen Kopf.

 

“So sehr ich es auch hasse, das zu sagen, aber ich denke, dass es auch nicht ihr Fehler ist”

 

“Was? Wie kannst du das sagen?” fragte Xander geschockt mit einem halben Schrei.

 

“Weil Giles und Lorne Recht haben. So etwas wäre früher oder später passiert” erklärte Angel und beugte sich vor, um den umgedrehten Tisch richtig hinzustellen. “Was Willow gesagt hat, hat dazu beigetragen, war aber nicht der einzige Grund”

 

“Ich denke, du hast Recht” gab Xander nach und kniete sich hin, um die Notenblätter von Oz zusammenzuräumen, die über den ganzen Boden verteilt waren. “Nun, lass uns das aufräumen”

 

“Ja und wir werden eine Liste darüber machen müssen, was ersetzt werden muss” fügte Angel hinzu.

 

Er hatte die Absicht, den Raum wieder in Ordnung zu bringen, so dass Buffy sich nicht darum kümmern musste. Sie hatte genug im Kopf und sollte sich nicht um das Aufräumen sorgen müssen.

 

“Aye, aye Captain” salutierte Xander gespielt.

 

 

*****

 

 

Zwei Stunden später ging Xander mit einem besorgten Gesichtsausdruck durch den ruhigen, abgedunkelten Gang des Krankenhauses auf den Schwesternbereich zu, in der Nähe von Buffys Zimmer. Als er sich näherte, sah die Schwester hinter dem Tresen zu ihm auf, blickte auf ihre Uhr und sah ihn finster an.

 

“Xander, die Besuchszeit ist für heute vorbei” sagte die Schwester, Amy Madison, mit einer leisen Stimme zu ihm.

 

“Oh komm schon, Amy. Niemand wird wissen, dass ich hier bin” antwortete er und grinste seine ehemalige High School Klassenkameradin an.

 

“Schön” seufzte sie genervt. “Aber wenn dich jemand erwischt, werde ich ihnen sagen, dass du dich reingeschlichen hast”

 

“Okay, du bist abgesichert” versicherte Xander ihr und konzentrierte sich dann wieder darauf, warum er sie aufgesucht hatte. “Hast du Buffy gesehen? Sie ist nicht in ihrem Zimmer”

 

“Oh ja. Sie sagte, dass sie etwas frische Luft haben wollte und hat sich deshalb auf die Dachterrasse gesetzt” erwiderte sie und bezog sich damit auf den Bereich im Freien, wo sich die Patienten hinsetzen konnten.

 

“Danke. Ich werde nicht lange bleiben. Ich wollte nur sehen, wie es ihr geht” erklärte er, als er begann wegzugehen.

 

Eine Minute später ging Xander durch die Tür, die auf die Dachterrasse führte. Da der Bereich so klein war, brauchte er nicht lange, um Buffy zu finden. Sie saß auf einem Clubsessel und starrte in den dunklen Nachthimmel.

 

“Hey Buff” grüßte er sie und setzte sich auf das Ende des Sessels.

 

“Hey” erwiderte sie und schenkte ihm ein kleines Lächeln.

 

“Du genießt wohl die ruhige Zeit mit den Sternen, was?” fragte er und blickte zum klaren Himmel hoch.

 

“Ja, sie sind so einfach, aber doch so komplex” erklärte und runzelte die Stirn wegen ihrer unsinnigen Worte.

 

Xander gluckste über die Bemerkung und lehnte sich zurück, um zu den strahlenden, blitzenden Punkte zu schauen.

 

“Sie sind irgendwie cool”

 

Buffy war für ein paar Minuten still, verloren in den Gedanken von Tod und Schuld. Schließlich brachte sie den Mut auf, um die Frage zu stellen, die ihr schon lange auf der Zunge brannte.

 

“Xand? Denkst du, dass Oz in Sunnydale bleiben wollte?”

 

Xander drehte sein Gesicht zu ihr und zögerte nicht mit seiner Antwort.

 

“Ja. Ich denke, dass das sein Zuhause war und dass er hier vollkommen glücklich war”

 

“Oh” murmelte Buffy und fand es immer noch schwer zu glauben.

 

“Buffy” begann Xander und wartete, bis sie ihre Augen zu ihm wandte. “Du hast ihn nicht dazu gezwungen zu bleiben und er fühlte sich dem auch nicht verpflichtet. Er hat getan, was er tun wollte”

 

Ein paar Tränen liefen aus Buffys Augen, als sie erneut mit der Wirklichkeit von Oz Tod konfrontiert wurde. Xander zog sie in eine Umarmung und versuchte sein bestes, um sie zu trösten. Ihm stiegen seine eigenen Tränen auch in die Augen, als er sich an einen seiner besten Freunde erinnerte.

 

Die beiden blieben ein paar Minuten so und suchten nach dem kleinen Trost, dass sie noch einander hatten.

 

Xander zog sich zurück, ließ aber seinen Arm um Buffy liegen.

 

“Komm, ich werde dich zurück zu deinem Zimmer bringen. Du solltest etwas schlafen”

 

“Okay” stimmte sie zu und gähnte bei dem Gedanken an Schlaf.

 

Sie stand auf und blieb stehen, um ernsthaft ihren guten Freund anzusehen.

 

“Danke, dass du hier bist, für alles”

 

“Es gibt keinen Ort, an dem ich lieber wäre” antwortete er und drückte ihre Schulter, als beide zurück ins Krankenhaus schlenderten und zurück zu Buffys Zimmer.

 

 

Kapitel 8

 

Einige Tage später.

 

“Wann kann ich nach Hause?” fragte Buffy frustriert wegen ihrer Einschränkung.

 

Lorne blickte sie nachdenklich an. Er hatte sie jetzt in den letzten fünf Tagen jeden Tag eine Stunde getroffen. Sie sah viel besser aus als zuvor. Die dunklen Ringen unter ihren Augen waren zu einem schwachen Farbton verblasst. Sie schien weniger gebrechlich zu sein - dank ihres Krankenhausaufenthaltes. Die Blick in ihren Augen schien weniger am Boden zerstört zu sein, war aber immer noch merklich traurig. Er wusste, dass sie es hasste im Krankenhaus zu sein. Aber aus Angst vor einem Rückfall, weil es zu schnell ging, zögerte er, ihre Entlassung zu genehmigen. Gleichzeitig hatte sich ihre Haltung verbessert. Sie hatten in den letzten Tage viele Stunden mit Reden verbracht. Nach seinem ersten Besuch hatte sie sich ihm sehr geöffnet und mit ihm gesprochen. Und er vermutete, dass es das erste Mal nach langer Zeit gewesen war, dass sie so viele Gedanken, Ängste und Emotionen aussprochen hatte, die in ihr verschlossen gewesen waren. Nicht dass er es ihr vorwerfen konnte, weil sie alles für sich behalten hatte. Ihr war nicht oft ein Grund gegeben worden, jemanden an sich ranzulassen. Aber es war nicht gut für sie. Und er hoffte, dass sie das verstand.

 

“Denkst DU, dass ich dich nach Hause lassen sollte” erwiderte er und tippte mit seinem Stift gegen sein Kinn.

 

“Ja” antwortete sie schnell. Als seine einzige Erwiderung ein Anheben einer Augenbraue war, sah sie ihn finster an. “Was?”

 

“Es ist nicht so einfach, dich nach Hause zu lassen” erklärte Lorne und trommelte immer noch mit seinem Stift. “Dir mag es körperlich besser gehen, Buffy, aber innen drin” Er tippte sich über dem Herzen auf seine Brust. “Da ist noch viel, was verheilen muss”

 

Ihre Augen schlossen sich, als ihr Verstand sich wieder an die Gründe erinnerte, warum sie hier fest saß. Sie zog ihre Knie zu ihrer Brust hoch und schlang beschützend ihre Arme drum herum.

 

“Ich weiß” schaffte sie zu murmeln und starrte auf die gestärkten weißen Laken.

 

“Tust du das?” drängte er.

 

Buffy blickte zu ihm auf. Ihr Gesichtsausdruck war leer und verwirrt.

 

“Du kannst nicht all deinen Schmerz in dir verschlossen halten” fuhr Lorne fort. “Es wird dich bei lebendigem Leib verschlingen. Das hat es bereits schon einmal und es hat ziemlich lange angehalten. Ich will nicht, dass du wieder hier landest oder etwas schlimmeres passiert”

 

“Ich werde mir selbst nicht schaden” versprach Buffy. “Ich werde mir nicht...”

 

“Deine Pulsadern aufschneiden? Eine Flasche voller Tabletten nehmen?” ergänzte Lorne. “Nein, wahrscheinlich nicht. Aber du schadest dir selbst indem du nicht isst, schläfst oder für dich sorgst”

 

Buffy stieß ein zittriges Seufzen aus und blinzelte einige Tränen weg.

 

“Es ist einfach so schwer”

 

“Ich weiß das, Knödelchen. Es gibt nichts, was einfach ist beim Tod. Aber du musst lernen, es zu akzeptieren. Du wirst es nie vergessen und da wird immer ein Schmerz in deinem Herzen sein, aber du kannst dich entweder von deinem Schmerz kontrollieren lassen oder du übernimmst die Kontrolle” sagte er behutsam, aber doch streng.

 

“Wie soll ich nur weiterleben...als wäre...Oz nicht....tot?”

 

Das letzte Wort kam im Eiltempo raus. Es war immer noch so schwer, das Wort ‘tot’ und ‘Oz’ in einem Satz zu sagen.

 

“Das kannst du nicht. Dein Bruder ist unglücklicherweise nicht mehr unter uns. Niemand verlangt, dass du das ignorierst oder dass du wie Miss Sonnenschein durch die Gegend gehst” entgegnete er und korrigierte so ihre Vermutung. “Du musst einfach ein Tag nach dem anderen weiterleben. Ich weiß, dass das kitschig klingt, aber es ist die Wahrheit”

 

“Ein Tag nach dem anderen” murmelte Buffy und ein bitteres Glucksen kam ihr über ihre Lippen.

 

“Ich habe gesagt, dass es kitschig ist” lachte Lorne mit ihr. “Hör mal, ich weiß, wie sehr du hier raus willst. Deshalb mache ich dir ein Angebot. Ich werde deiner Entlassung zustimmen, wenn du zwei Bedingungen zustimmst”

 

“Und die wären?” fragte sie vorsichtig.

 

“Erstens wirst du zwei Mal die Woche hierher zu mir zurückkommen, solange ich sage, dass es nötig ist” erklärte er. “Und zweitens musst du besser für dich sorgen, was auch bedeutet, dass du isst und schläfst. Wenn ich bemerke, dass du schlimmer aussiehst, WERDE ich einen Weg finden, um dich wieder hier reinzubekommen”

 

“Okaaay” kam es von Buffy und sie wartete auf das, was auch immer Lorne noch zu sagen hatte.

 

“Und” begann er. “Ich würde dir auch vorschlagen, mit deinen Freunden zu sprechen. Sie trauern auch. Ihr könnt euch gegenseitig da durchhelfen”

 

Buffy rümpfte ihre Nase.

 

“Sie können nur manchmal so erdrückend sein. Sie hängen mir immer vor der Nase und fragen, wie es mir geht”

 

“Dann sag ihnen, dass sie sich zurückziehen sollen. Es ist nicht falsch, ihnen zu sagen, dass du ein paar Stunden für dich oder eine Nacht alleine brauchst. Und wenn sie dich immer weiter fragen, wie es dir geht, dann sag ihnen, dass sie aufhören sollen zu fragen. Sie werden nie wissen was dich quält, wenn du es ihnen nicht sagst” wies Lorne sie logisch darauf hin.

 

Vor sich her grummelnd fragte sich Buffy, ob der verdammte Mann jemals etwas gesagt hatte, dass keinen Sinn machte. Sie hatte alle weggestoßen, weil sie ganz dringend von dem ganzen Anstacheln und Anspornen wegkommen wollte. Es war einfach zu schwer, in all ihre mitleidigen Gesichter zu schauen und ihre versöhnlichen Worte zu hören. Aber sie vermisste es, jemandem zum sprechen zu haben, eine Schulter zum weinen. Sie vermisste Oz.

 

“Haben wir einen Deal?” drängte Lorne.

 

“Zwei Mal die Woche?” fragte sie zur Klarstellung.

 

“Ja. Nicht weniger. Und hier” Er zog eine Visitenkarte raus und gab sie Buffy. “Da steht meine Pager Nummer drauf. Du kannst jederzeit anrufen. Wenn du dich erdrückt fühlst oder einfach traurig, dann ruf mich an”

 

Buffy studierte die Karte und überlegte sich ihre Möglichkeiten: Im Krankenhaus zu bleiben, bis sie wahrscheinlich an Alterschwäche oder vor Langeweile oder an Nahrungsmittelvergiftung starb. Oder nach Hause zu gehen und zwei Mal die Woche zu Lorne zu gehen. Es war keine schwere Wahl. Und die Idee, öfter mit Lorne zu sprechen, war wirklich nicht so schlimm. Er war ziemlich cool und sie fühlte sich bei ihm wohl.

 

“Okay” stimmte sie zu.

 

“Gut” Lorne klatschte seine Hände zusammen und stand auf. “Ich werde Giles suchen. Wir werden den Papierkram von dir fertig machen und dich nach Hause schicken”

 

 

*****

 

 

Das Haus war ohrenbetäubend still. Es machte sie nervös. Sie hatte die unglaubliche Stille erst bemerkt, als Xander vor anderthalb Stunden gegangen war. Er hatte sie vom Krankenhaus nach Hause gefahren und hatte sogar ihre Taschen für sie getragen. Sie hatten zusammen zu Abend gegessen, eine Pizza mit Extra Käse von ihrem liebsten Lieferservice, während sie sich ein wenig unterhalten hatten. Danach hatte er angeboten zu bleiben und die Nacht auf der Couch zu verbringen. Für einen Moment ratterten eine Millionen verschiedene Entschuldigungen durch ihren Kopf, damit er ging. Dann fielen ihr Lornes Worte wieder ein.

 

“Ich wäre heute Nacht gerne alleine” sagte sie zu ihm.

 

Das war die Wahrheit gewesen. Tagelang waren die Schwestern, Ärzte, Xander, Angel und andere um sie herumgewuselt und ließen sie nie eine Minute in Frieden. Sie wollte etwas Zeit für sich haben. Zeit, um nachzudenken, damit sie verstehen konnte, was passiert war, was jetzt passierte und was passieren würde. Wie erwartet hatte Xander gezögert, aber sie versicherte ihm ausführlich, dass sie nicht vorhatte wieder durchzudrehen. Nachdem sie versprochen hatte, dass sie anrufen würde, wenn sie etwas brauchte, war er schließlich gegangen.

 

Jetzt war sie ganz alleine im Haus. Und es war still und irritierend. Und einsam. Einmal, als ihre Gedanken woanders gewesen waren, als sie für eine Sekunde die Ereignisse der letzten Wochen vergessen hatte, hatte sie sich zu Oz Zimmer aufgemacht, um ihn zu fragen, ob er einen Film sehen wollte. Aber als ihre Hand das Treppengeländer berührte, hatte sie sich erinnert. Oz war nicht mehr da. Er würde es nie mehr sein. Und sie hatte geweint. Dicke Tränen liefen ihre Wangen hinab und auf ihr Shirt, wo sie dunkle Flecken hinterließen.

 

Die Tränen waren jetzt weg, die feuchten Stellen getrocknet, aber die Stille blieb. Sie stand im Moment im Durchgang zwischen Küche und Diele und sah überall hin, nur nicht ins Wohnzimmer. Seit sie nach Hause gekommen war, hatte sie den Raum gemieden. Sie wusste, dass sie da hineingehen musste, aber ihre Füße gehorchten dem unausgesprochenen Befehl nicht. Jedes Mal, wenn sie ihren rechten Fuß hob um loszugehen, endete es nur damit, dass sie ihn wieder aufsetzte.

 

Nachdem sie das ganze mehrmals wiederholt hatte, stöhnte Buffy und verfluchte sich innerlich wegen ihrer Feigheit. Es war nur ihr Wohnzimmer. Ein Zimmer, in dem sie Hunderte Male gewesen war. Ein Raum, den sie scheinbar vor fast einer Woche verwüstet hatte, woran sie sich nicht mehr erinnerte. Das Wissen, dass sie so etwas getan hatte und sich nicht mehr erinnern konnte, verstörte Buffy. Aber, sagte sie zu sich, die einzige Möglichkeit, sich dem zu stellen, war, mit hocherhobenen Kopf in das Zimmer zu gehen. Also tat sie es.

 

Es war nicht so schlimm, wie sie dachte, dass es sein würde. Wahrscheinlich hauptsächlich wegen Xanders und Angels Aufräumaktion. Trotzdem konnte sie die verbliebenden Schäden sehen. Der Fernseher war weg, ein paar der Gardinen waren abgenommen worden und ein Teil der Bilderrahmen hatten keine Glasplatte mehr. Ansonsten war vieles im Raum wieder normal. Jedenfalls nahm sie dies an. Sie konnte sich ehrlich nicht mehr daran erinnern, was passiert war. Die Unterhaltung mit Willow hatte sie immer noch im Kopf, aber alles danach war weg bis sie wieder im Krankenhaus ausgewacht war. Vielleicht würde alles zurückkommen. Aber sie fragte sich, ob es nicht besser wäre, wenn sie sich an nichts erinnerte.

 

Ein Donnergrollen unterbrach ihre Gedanken und sie machte bei dem plötzlichen Geräusch einen Satz. Buffy legte sich die Hand auf ihr rasend schlagenden Herz, eilte zu einem der Fenster und blickte in den Himmel. Obwohl es Nacht war und deshalb dunkel, schien es noch finsterer zu sein. Der Mond und die Sterne waren hinter dicken, bedrohlichen Wolken verborgen und das einzige Licht kam von dem matten Leuchten, das aus dem Nachbarhaus strahlte. Und auch vom Blitz, der sich gerade am Himmel abgebildet hatte.

 

Instinktiv machte sie sich auf den Weg zur Tür und ging auf die Veranda. Sie blieb abrupt stehen, als sie sich erinnerte, warum es instinktiv war. Wann immer es in der Vergangenheit einen Sturm gegeben hatte, waren sie und Oz rausgegangen, hatten auf der Veranda gesessen und hatten dem Donner zugehört und das Blitzen beobachtet. Er war fasziniert davon gewesen und da sie seine kleine Schwester war, die ihn verehrte, war sie ihm gefolgt. Es war Tradition. Eine, die ihrem Herzen wehtat. Er war nicht mehr da, um die Stürme mit ihr zu beobachten. Trotz der unglücklichen Vorstellung blieb Buffy auf der Veranda. Auf seltsame Weise fühlte sie sich Oz so näher. Anstatt also den Trost im Haus zu suchen, setzte sie sich auf die Verandaschaukel, auf der die beiden Stunden verbracht und sich entspannt hatten. Die Intensität des Sturms nahm zu. Der Regen würde bald fallen. Deshalb neigte sie ihren Kopf und blickte in den Himmel.

 

Das Geräusch eines Autos zog ihre Aufmerksamkeit auf sich. Und als sie auf die Straße blickte, sah sie, wie Angels Riesenteil von Auto vor dem Bürgersteig stehen blieb. Sie stöhnte laut auf. Nicht nur, weil es Angel war, sondern auch, weil sie wirklich alleine sein wollte. Als sie ihn jedoch aus dem Auto steigen sah und Argyle zu sich rausrief, konnte sie nur noch lächeln.

 

“Argyle!” rief sie dem Golden Retriever zu. Die Ohren des Hundes stellten sich auf und schon bald sprang er den Weg entlang auf sie zu. “Hey Junge! Ich habe dich vermisst!”

 

Angel folgte dem Hund und lächelte, froh, dass er entschieden hatte, den Hund noch heute Abend vorbeizubringen anstatt erst morgen. Er wusste, wie viel der Hund Buffy bedeutete. Besonders da er Oz gehört hatte.

 

“Er ist glücklich, dich zu sehen” sagte Angel, da ihm nichts anderes einfiel.

 

“Danke fürs Zurückbringen” Sie beugte sich vor und kratzte den Hund hinter den Ohren. Sie grinste, als er neben sie auf die Schaukel sprang. “Bitte sag Giles und Jenny, dass ich es zu schätzen weiß, dass sie auf ihn aufgepasst haben”

 

“Das haben sie gerne getan” antwortete er und trat auf die Veranda.

 

Seine Hände zitterten in seinen Taschen, als er überlegte, was er sagen könnte. Seit sie vor ein paar Tagen im Krankenhauszimmer miteinander gesprochen hatten, als Lorne sie unterbrochen hatte, hatten sie keine Gelegenheit gehabt, sich wieder zu unterhalten. Jedes Mal, wenn er im Krankenhaus gewesen war, war Lorne da gewesen. Oder Giles. Oder Xander. Oder Jenny. Er war sich jedoch nicht sicher, ob das schlecht war. Er wusste, dass sie über ihre Probleme und ihre Vergangenheit diskutieren mussten, aber er wusste nicht, wie er anfangen sollte. Er wusste auch, falls sie vorankamen, dass sie, genauer gesagt er, alles offen legen musste. Sie verdiente es zu wissen, warum er vor drei Jahren so gehandelt hatte.

 

“Ich werde das vermissen” äußerte sich Buffy, als die Stille unerträglich wurde.

 

“Was vermissen?” fragte er, mehr als ein wenig verwirrt bei ihrer willkürlichen Verkündung.

 

“Das Haus, die Veranda, alles” erklärte sie und machte immer noch keinen Sinn.

 

“Das Haus? Warum solltest du das vermissen?”

 

Er lehnte sich gehen das Geländer und blickte sie erwartungsvoll an.

 

“Auf keinen Fall kann ich dieses Haus behalten, Angel. Oz und ich konnten die Rechnungen gerade so zusammen bezahlen. Mein Job alleine reicht dafür nicht. Ich weiß nicht einmal, ob ich noch einen Job habe”

 

Sie runzelte die Stirn, als ihr plötzlich klar wurde, dass sie eine Woche nicht auf der Arbeit gewesen war und nicht einmal mit ihrer Chefin gesprochen hatte. Obwohl ihre Chefin sie mochte, war das keine gute Art, den Job zu behalten.

 

“Keine Sorge . Ich habe mit Mrs. Cassell in der Galerie gesprochen. Sie hat gesagt, dass du dir soviel Zeit nehmen sollst, wie du brauchst. Und dass dein Job immer noch da sein wird” sagte er zu ihr und wandte sich dann zurück zu ihrer ersten Bemerkung. “Du wirst das Haus verkaufen?”

 

“Ich habe keine große Wahl”

 

Das Haus zu verkaufen war das Letzte, was sie tun wollte. Es war ihr Zuhause. Wo sie mit ihrer Mom und Oz gelebt hatte. Das zu verlassen war schwer, aber es gab nichts anderes, das sie machen konnte.

 

Angel nickte ernst, aber verständnisvoll. Er wusste, wie schwer es für Buffy und Oz war, das Haus zu behalten, nachdem Joyce gestorben war. Oz hatte das College verlassen und hatte sich einen Job gesucht. Buffy hatte ein Teilzeitjob gesucht. Nachdem sie den Abschluss von der High School hatte, hatte sie Vollzeit in der Galerie gearbeitet, die ihre Mutter besessen hatte, anstatt aufs College zu gehen. Das Geld, das sie verdient hatten, hatte es ihnen nur knapp ermöglicht, das Haus zu behalten.

 

Jetzt, wo sie es alleine war, konnte er verstehen, warum sie es verkaufen musste. Und sie hasste es. Aber es gab wirklich nicht viel, was er machen konnte um zu helfen.

 

Erneut übernahm die Stille. Die einzigen Geräusche kamen von dem heranziehenden Sturm. Buffy wollte nicht über das Haus sprechen oder ihre Entscheidung. Da gab es wirklich nichts zu debattieren. Sie hatte nur eine Wahl und sie hatte schon daran gedacht, bevor sie ins Krankenhaus gekommen war. Es war eine endgültige Sache, egal wie sehr es schmerzte. Da sie nichts hatte, über das sie nachdenken konnte, konzentrierte sich ihr Verstand auf die Tatsache, dass Angel nur ein paar Meter von ihr stand und unbehaglich von einem Fuß auf den anderen trat. Wie Angel hatte auch sie ihre nie beendete Unterhaltung im Krankenhaus nicht vergessen. Da waren immer noch Antworten, die sie haben wollte, brauchte, und jetzt war eine gute Zeit, um sie zu bekommen.

 

Ohne um den heißen Brei zu reden, sah sie mit erhobenem Kopf und sturem Kinn zu ihm auf und fragte:

 

“Warum hast du es getan, Angel?”

 

Die Frage war unbestimmt, aber er wusste, was sie wissen wollte. Was er herausfinden musste, war, wie er es erklären sollte. Es gab keine Entschuldigung für seine Handlungen. Nun, da war eine Entschuldigung, aber dachte nicht, dass sie sie akzeptieren würde. Nichts würde wieder gut machen, wie er sie behandelt hatte. Aber er würde es ihr sagen. Er würde versuchen zu erklären , warum sie von ‘vollkommen glücklich’ zu ‘nicht miteinander sprechen’ gelangt waren. Als er versuchte, die Worte zu formulieren, wanderten seine Gedanken drei Jahre zurück. Er war dafür verantwortlich gewesen, dass das Herz von dem Mädchen, das er liebte, gebrochen worden war. Es war ihm nicht bewusst, dass Buffy an genau das gleiche dachte.

 

 

*****

 

 

 

 

*****

 

 

Der niedergeschmetterte, erschrockene und verratene Ausdruck in ihrem Gesicht in dem Moment, als er diese Worte zu ihr gesagt hatte, war immer noch deutlich in Angels Kopf. Er würde niemals die Tränen vergessen, die sich sofort in ihren Augen versammelt hatten oder der wütende Vortrag, der gefolgt war. Er würde diese Nacht niemals vergessen und er hatte niemals aufgehört, sich zu fragen, ob es das Richtige gewesen war.

 

 

Kapitel 9

 

“Angel, bitte. Ich muss wissen, warum du es getan hast” wiederholte Buffy, als Angel noch die Frage beantworten musste, warum er sich vor drei Jahren so unerwartet von ihr getrennt hatte.

 

Angel fuhr mit seiner Hand durch sein Haar, seufzte und setzte sich auf einen der Plastikstühle neben der Schaukel. Es gab mehrere Möglichkeiten, wie er diese Unterhaltung beginnen konnte, aber keine schien richtig zu sein. Also entschied er sich, etwas zu sagen, dass er schon immer sagen wollte seit der Nacht, in der er ihr Herz gebrochen hatte.

 

“Was ich getan habe tut mir Leid”

 

Und es tat ihm wirklich Leid. Das letzte, was er machen wollte, war, Buffy zu verletzten. Aber das war genau das, was er getan hatte.

 

“Das ist gut zu wissen” sagte sie sarkastisch. “Aber das erklärt nicht warum”

 

“Ich werde es erklären. Ich verspreche es, Buffy” beschwichtigte er sie und drehte sich auf seinem Stuhl, um sie richtig anzusehen. “Lass mich das nur alles aussprechen”

 

Buffy kräuselte ihre Lippen, gab aber nach.

 

“Okay”

 

Angel atmete tief ein und bereitete sich selbst auf die längst überfällige Antwort auf Buffys Frage vor. Er hoffte nur, dass sie ihn danach nicht noch mehr hasste.

 

“In der Nacht, als.....hatte ich nicht vor, mich von dir zu trennen” begann er und versuchte sein bestes, seinen Blick auf sie gerichtet zu lassen. “Ich war nur so durcheinander wegen allem und die Worte flutschten einfach raus”

 

“Das ist tröstend” murmelte Buffy und zog sich noch weiter auf die Schaukel zurück.

 

“Ich habe es nicht so gemeint” verbesserte er sich. “Ich li- mochte dich sehr. Ob du es glaubst oder nicht, es ist war. Ich war niemals glücklicher, als mit dir. Aber es war nicht so einfach”

 

“Das hätte es sein sollen” widersprach sie vehement. “Wir waren glücklich miteinander. Das ist alles, was uns interessieren sollte”

 

Ja, Angel nahm an, dass das alles gewesen sein musste, was sie interessieren sollte. Unglücklicherweise waren da andere Dinge gewesen, die in sein Bewusstsein eingedrungen waren.

 

“Buffy” sagte er und hoffte, dass er sich nicht so anhören würde, als würde er sie verspotten. “Du bist gerade siebzehn geworden. Ich war zwanzig. Und Oz-”

 

Er konnte nicht einmal den Satz beenden, bevor Buffy ihn unterbrach.

 

“Oz? Was hat er zu dir gesagt?” wollte sie wissen, verletzt, dass ihr Bruder vielleicht etwas mit der Trennung von ihr und Angel zu tun haben könnte.

 

“Es ist nicht so, wie du denkst” ergänzte Angel schnell. “Er hat...einen Monat oder zwei vor deinem Geburtstag, als ihm klar wurde, dass unsere Dates keine zufälligen Treffen waren, da hat er mich gebeten, dafür zu sorgen, dass ich wüsste was ich tat” Bei ihrem verwirrten Blick fügte er hinzu. “Er war nicht dagegen, dass wir zusammen waren. Ich will nicht, dass du dich aufregst, weil du das denken könntest. Er wollte nur dafür sorgen, dass du nicht verletzt wirst”

 

“Nun, offensichtlich hat das nicht geklappt” schoss sie zurück.

 

Die Bemerkung traf. Vor allen, weil sie die Wahrheit war. Er versuchte es aus seinen Gedanken zu drängen.

 

“Xander sagte zu mir fast das gleiche wie Oz. Sie sorgten sich wegen dir und wollten nicht, dass du verletzt wirst. Ich verstand, warum beide sich gesorgt haben und ich hatte nicht die Absicht, dich jemals zu verletzen. Aber dann.....”

 

“Dann was?”

 

Angel rutschte auf dem unbequemen Stuhl hin und her. Er rang seine Hände auf seinem Schoß. Das war der Teil, vor dem er sich fürchtete. Der Teil der, egal wie er es auch sagte, wahrscheinlich nicht so rauskommen würde, wie er es wollte. Aber er musste es versuchen. Das war er ihr schuldig.

 

“Du erinnerst dich doch, dass ich ein paar Wochen vor deinem Geburtstag mit dem Training zur Aufnahme bei der Sunnydaler Polizei angefangen habe?” Buffy nickte, also fuhr er fort. “Und du weißt, dass Wes ein Freund von Giles war” Wieder nickte sie. “Am Tag von deinem Geburtstag kam Wes nach meinem Unterricht zu mir”

 

Angel verschränkte seine Hände und wich dem Blick aus Buffys verengten Augen aus. Er wusste, dass sie bereits die Stücke zusammensetzte.

 

“Er sagte mir, dass er sich unserer Beziehung bewusst wäre. Dass andere es auch wären, und dass es kein gutes Licht auf mich werfen würde, weil du unter achtzehn wärst”

 

Die Puzzleteile passten für Buffy wirklich zusammen. Und sie hasste, was sie zeigten. Sie brauchte es nicht, dass er die Lücken ausfüllte.

 

“Du warst über achtzehn und hast trainiert, um ein Cop zu sein. Und du warst mit mir zusammen, die gerade erst siebzehn geworden war” zählte sie die Punkte auf, die sie miteinander verbunden hatte.

 

“Ja” bestätigte er.

 

Buffy ließ die Schultern hängen. Ihr Blick fiel auf ihre Hände. Er hatte seine zukünftige Karriere ihr vorgezogen. Aber sie war ehrlich mit sich selbst. Sie konnte ihm das nicht wirklich vorwerfen. Solange sie Angel kannte wollte er ein Cop sein. Sein Vater und sein Großvater waren einer gewesen. Und er träumte davon, dieses Vermächtnis fortzusetzen. Sogar als sein Vater bei der Pflichterfüllung getötet wurde, war es immer noch das, was er machen wollte. Vielleicht sogar noch mehr. Und wegen ihr hatte er fast seine Chance verpasst.

 

“Ich verstehe” murmelte sie traurig, aber doch verständnisvoll wegen der Situation, in der er gewesen war.

 

Ein knurriges Stöhnen ertönte von Angel.

 

“Nein, du verstehst es nicht” Er stand auf und trat ein paar Schritte weg. “Ich bin nicht einmal sicher, ob ich es verstehe” Er stiefelte zurück und setzte sich wieder. “Ich war verwirrt. Ein Cop zu sein war das einzige, dass ich jemals wollte. Aber dann warst du da. Ich liebte es, Zeit mit dir zu verbringen, dich lachen zu hören, dein Lächeln zu sehen. Ich wollte das auch nicht verlieren. Aber es schien keine Möglichkeit zu geben, beides zu haben”

 

“Also hast du eine Wahl getroffen” schloss Buffy.

 

“Ich hatte nicht vor, sie an diesem Abend zu treffen” Angel lehnte sich vor und seine Ellbogen ruhten auf seinen Knien, als die Müdigkeit einsetzte. “Aber als ich dich sah und du anfingst, mich zu fragen, was nicht in Ordnung wäre, konnte ich nur noch Wes Worte in meinem Kopf hören, wegen meinem Job und anderen Dingen”

 

“Was für andere Dinge?”

 

“Er....sagte auch ein paar andere Sachen” antwortete er vage. Der Blick, den sie zu ihm schickte, ließ ihn schrumpfen und er gab dann ihrer stillen Forderung nach weiteren Erklärungen nach. “Er wies darauf hin, dass du kaum siebzehn wärst und immer noch das Leben kennenlernen wolltest, wer du wirklich warst, was du tun wolltest und alles über die Liebe. Und er sagte auch, dass du dich in weniger als einem Jahr in Colleges einschreiben würdest und ob ich dich davon abhalten wollte, die Stadt zu verlassen, um auf eine gute Schule zu gehen. Er hat einfach alle Dinge angesprochen, über die ich nicht nachgedacht hatte”

 

“Also hast du dich von mir getrennt” folgerte sie erneut.

 

Dieses Mal war es Buffy, die aufstand und davonging. Aber ihre Handlung kam nicht aus dem Bedürfnis nachzudenken, sondern aus dem Bedürfnis nach Abstand. All diese Jahre hatte sie an Angel als einen widerlichen Menschen gedacht, einen Typen, der sie für eine Weile benutzt und dann weggeworfen hatte. Es war ihr noch nicht einmal in den Sinn gekommen, dass es da richtige Gründe für seine Trennung von ihr geben könnte. Ob die Gründe stichhaltig waren, darüber konnte man diskutieren. Jedenfalls existierten sie und es ließ die Wut und den Hass deutlich schrumpfen. Aber nicht komplett.

 

Angel beobachtete, wie sie sich von ihm entfernte und der Riss in seinem Herzen wurde größer. Er sah ihren Rückzug als Abweisung für sich und seine Gründe.

 

“Warum hast du mir das nicht gesagt?” fragte sie schließlich.

 

Und je mehr sie darüber nachdachte, um so mehr störte es sie. Warum hatte er nicht mit ihr über seine Gefühle gesprochen, seine Sorgen? Bedeutete es ihm so wenig, dass er ignorieren konnte, was sie gefühlt oder gesagt haben könnte? Eine Flamme der Wut durchbohrte ihre Augen bei dem Gedanken.

 

“Was? Hast du gedacht, dass ich nur ein albernes Schulmädchen wäre, das zu unreif war, um mit den Fallstricken einer Beziehung klarzukommen? Ich weiß, dass ich jung war, aber ich war nicht blöd!”

 

“Ich habe niemals gedacht, dass du das wärst” widersprach Angel so ruhig wie möglich.

 

“Warum hast du mir dann nichts davon erzählt!” sagte sie durch zusammengebissene Zähne.

 

Mit den Armen vor sich verschränkt sah sie ihn ernst an.

 

“Ich weiß nicht warum!”

 

Es kam als Schrei heraus, einem verzweifelten Schrei. Aber es war die Wahrheit. Er wusste nicht, warum das alles passiert war. Ja, das war nicht akzeptabel, aber es war die Wahrheit.

 

Buffy stöhnte, weil sie sich im Kreis bewegten. Sie rieb sich über ihre Schläfen, um den Kopfschmerz wegzuzwingen, der sich bildete. Sie wusste nicht, was sie in der Situation noch zu ihm sagen sollte.

 

“Ich weiß nicht warum” wiederholte er. “Ich bin an diesem Abend zu dir nach Hause gekommen, um dich zum Essen auszuführen und deinen Geburtstag zu feiern. Ich hatte die Dinge im Kopf, die Wes zu mir gesagt hatte, aber ich wollte an diesem Abend nichts unternehmen.....aber dann....waren die Worte aus meinem Mund, bevor mir klar wurde, was ich da tat. Als ich endlich über alles nachdachte, darüber nachdachte, was ich hätte tun sollen, war es zu spät. Du hast mich bereits gehasst”

 

“Nein, ich....”

 

Sie wollte es leugnen, dass sie ihn hasste, aber sie war nicht sicher, ob es wahr war. Tage, Wochen und Monate nach dem Abend ihres siebzehnten Geburtstages waren ihre Gedanken in Bezug auf Angel alles andere als positiv gewesen. Aber hatte sie ihn wirklich gehasst? Sie war verletzt gewesen, aber hassen? Es war schwer zu sagen.

 

“Und später? Warum hast du mir niemals etwas davon erzählt?”

 

“Das hätte ich machen sollen” sagte er entschuldigend.

 

“Das hättest du verdammt noch mal wirklich tun sollen!”

 

Da sie etwas tun musste, stampfte sie mehr oder weniger zurück zur Schaukel und setzte sich. Sie sorgte aber dafür, dass sie so weit entfernt wie möglich von Angel saß.

 

“Weißt du, wie sehr das wehtut? So wie du dich verhalten hast, habe ich gedacht, dass es dich nicht mehr interessiert und dass ich nur eine willkürliche Freundin wäre, die du wegwerfen konntest, ohne ein zweites Mal drüber nachzudenken”

 

“Du warst niemals nur eine zufällige Freundin” stritt Angel ab.

 

“Ich habe mich wegen dir aber wie eine gefühlt”

 

Buffy bewegte sich ein wenig, als Argyle, gestört durch die nicht gerade leise Diskussion um ihn herum, seinen Kopf auf ihren Schoß legte. Sie strich abwesend über sein Fell und fand Trost in der einfachen Aufgabe. Aber sie konzentrierte sich schnell wieder auf das aktuelle Thema.

 

“Ich weiß nicht, ob ich verstanden hätte, was bei dir abgelaufen ist, Angel, oder ob ich dem zugestimmt hätte oder nicht, was Wes gesagt hat. Aber der Punkt ist doch, dass du mir diese Möglichkeit nicht gegeben hast”

 

“Ich weiß” gestand er ein und seine Niedergeschlagenheit war deutlich in der Stimme zu hören. “Und ich weiß, dass du es mir wahrscheinlich nicht glauben wirst, aber ich habe nie daran gedacht, dass du es nicht verstehen würdest oder dass du zu unreif wärst. Es ging um mich und darum herauszufinden, was ich wollte, was richtig war und was ich machen sollte. Aber alles, was ich geschafft habe, war, alles durcheinander zu bringen. Und dann fing ich an zu nachzudenken, und dass es vielleicht besser wäre, wenn du mich hassen würdest. Als alles eingesackt war, als mir klar wurde, dass ich nicht ändern konnte, was ich getan hatte, dachte ich, dass besser wäre, wenn du mich hasst”

 

Und murmelte vor sich in: “Und habe es geschafft”

 

“Warum in aller Welt solltest du das denken?” keuchte sie und starrte ihn an, als wäre er verrückt.

 

“Wenn du mich hasst, dann wäre es viel einfacher weiterzuleben, zu vergessen”

 

Obwohl es ihn schmerzte zu glauben, dass sie jemals ihre Beziehung vergessen könnte, hatte er sich selbst versucht zu sagen, dass es das Beste wäre.

 

Buffy starrte ihn an. Wie konnte er denken, dass sie ihn jemals vergessen würde und alles was sie hatten? Es war unmöglich. Das war eine Tatsache. Sie hatte es versucht. Aber alles führte immer wieder zu Angel zurück. Er war in ihrem Blut, unter ihrer Haut und überall dazwischen. So etwas konnte man nicht einfach vergessen.

 

“Ich könnte dich nie einfach so vergessen, Angel”

 

“Aber du hast mich gehasst” fügte er hinzu, da er glaubte, dass das die Wahrheit war.

 

“Nein, ich-” fing sie an, stoppte dann aber. “Du hast mir wehgetan. Mehr als ich jemals dachte, dass es möglich wäre. Ich verstand nicht, wie so etwas perfektes plötzlich zu einem Albtraum werden konnte. Und dann habe ich dich gesehen, ein paar Tage später, mit dieser blonden Möchtegern-Hure und der Schmerz, von dem ich dachte, dass er nicht schlimmer werden konnte, wurde unerträglich”

 

Sie unterbrach ihren Gedankengang und konzentrierte sich auf eine andere Einzelheit.

 

“Wie konntest du so bald mit einer anderen ausgehen, wo du doch wusstest, dass ich dich dort sehen würde?”

 

Wenn er nicht wüsste, wie sich Schuld anfühlte, dann würde er es in diesem Moment wissen. Er hatte eine Menge dumme Sachen in seinem Leben gemacht, die Trennung von Buffy war eines davon, aber diese Nacht im Bronze konnte als sein abscheulichstes Verbrechen eingestuft werden.

 

“Ich war nicht wirklich mit ihr zusammen” antwortete er langsam. “Ich war da, um Oz Band zu sehen. Sie hat angefangen, mit mir zu sprechen. Mir war sie vollkommen egal, aber dann habe ich dich da mit Xander und Willow sitzen gesehen. Und ich wusste, dass du mich gesehen hast. Zu der Zeit habe ich mich davon überzeugt, dass du besser dran wärst, wenn du mich hassen würdest. Also habe ich alles ein wenig leichter gemacht”

 

“Guter Plan” murmelte sie in einem halbherzigen Versuch, einen Witz zu machen, der aber nicht ankam.

 

“Ich habe versucht, dich zu hassen” flüsterte sie und zwang die Worte hinaus. “Ich wollte dich hassen, aber ich konnte es nicht. Du warst hier drin” Eine Hand wedelte über ihrem Herzen. “Aber ich konnte dich auch nicht haben, also habe ich so getan, als würdest du nicht existieren. Es war auf diese Weise einfacher”

 

“Du hattest jedes Recht mich zu hassen. Oz hätte das auch machen sollen. Ich habe nie verstanden, warum er das nicht getan hat”

 

Lange Zeit hatte sich Angel gefragt, warum er trotz seiner Trennung von Buffy immer noch mit Oz befreundet gewesen war. Nachdem was er getan hatte, hätte Oz ihn hassen sollen, sogar versuchen sollen, ihn zu verprügeln, aber es hatte nichts zwischen ihnen geändert.

 

“Ich habe es ihm nie gesagt” sagte Buffy leise. “Es war das einzige, was ich ihm nie gesagt habe. Er hat gefragt, was passiert wäre und ich sagte ihm nur, dass wir uns getrennt hätten. Ich weiß nicht, warum ich es ihm nie gesagt habe. Ich denke ich wollte nicht, dass das, was zwischen uns passiert ist, eure Freundschaft ruiniert. Ich weiß, wie sehr er dich als Bruder angesehen hat. Ich wollte nicht diejenige sein, die das ruinierte”

 

Seine Herz litt deswegen. Sogar zu einer Zeit, in der sie verletzt war, dachte sie zuerst an andere. Jeder normale Mensch hätte seine Freunde und die Familie gegen ihn aufgehetzt, aber sie war selbstlos. Das war einer der Gründe, warum er sich in sie verliebt hatte.

 

“Es tut mir Leid”

 

Es schien notwendig, es erneut zu sagen, obwohl er sich bereits entschuldigt hatte. Die Wahrheit war, egal wie oft er es auch sagte, es würde niemals das zurücknehmen, was er getan hatte.

 

“Ich wollte dich nie verletzen. Ich-ich habe dich geliebt”

 

Er zuckte zusammen, als er die Worte sagte, die niemals zwischen ihnen ausgesprochen worden waren. Sie waren ihm entschlüpft, als Produkt seiner rasenden Emotionen. Wie sie reagieren würde, er hatte keine Ahnung.

 

Buffys Augen weiteten sich. Er liebte sie? Es war ein fast unverständlicher Ausdruck. All diese Jahre war sie sich sicher, dass er sich kein bisschen für sie interessieren würde. Und all die ganze Zeit hatte er sie geliebt?

 

“Du hast mich geliebt?”

 

“Ja” Ehrlichkeit. So sollte es sein. Das war die einzige Möglichkeit, um die Dinge wieder richtig zu drehen. “Ich habe dich geliebt. Und ich wusste, dass es verrückt war. Du warst gerade siebzehn. Ich war zwanzig. Aber ich liebte dich”

 

Er hielt inne.

 

“Ich liebe dich immer noch”

 

Sie wich zurück wegen der zeitlichen Berichtigung. Nicht nur hatte er sie geliebt, er liebte sie immer noch. Es warf ihre Gedanken durcheinander und ließ ihr Herz wild in ihrer Brust klopfen. Sie wollte weinen, wollte schreien, brüllen, sich in seine Arme werfen. Aber statt dessen tat sie nichts. Wie sehr hatte sie sich vor drei Jahren danach gesehnt, diese Worte zu hören. Wie sehr hatte sie ihm sagen wollen, dass sie ihn liebte. Sie wusste seit dreieinhalb Jahren, als er sie so zärtlich zum Abschied geküsst hatte nach ihrer ersten offiziellen Verabredung, dass sie sich hoffnungslos in ihn verliebt hatte. Es war nur ein verschwommener Traum gewesen, dass er genauso fühlte. Und jetzt, hier war er, drei herzzerbrechende und angespannte Jahre später, und sagte ihr, dass er das gleiche gefühlt hatte - und immer noch fühlte. Es war irre.

 

“Ich-ich” stotterte sie, unfähig etwas anderes zu sagen.

 

“Shh” Er ging ein Risiko ein als er einen einzelnen Finger hob und ihn auf ihre Lippen legte. Sie scheute nicht vor seiner Berührung zurück, wofür er dankbar war. “Ich weiß, das ist eine Menge zu verdauen”

 

“Ja” stimmte sie mit einem atemlosen Murmeln zu.

 

“Ich will es wiedergutmachen. Ich möchte eine neue Chance”

 

Da. Er hatte es gesagt. Hatte gesagt, was er am meisten wollte. Der Schock über seine Forderung zeigte sich deutlich in ihren weitaufgerissenen Augen.

 

“Du musst nichts sagen. Und ich weiß, dass ich kein Recht habe, deine Vergebung zu erwarten. Aber ich will bei dir sein, Buffy. Ich liebe dich”

 

“Ich liebe dich auch”

 

Es kaum in einem Rutsch raus und sie klappte ihren Mund hinterher zu. Aber der tränenreiche Ausdruck in seinen Augen erwärmte ihr Herz und sie wollte ihre Hand ausstrecken und über seine Wange streicheln. Sie tat es jedoch nicht. Es war nicht so einfach.

 

“Ich liebe dich” wiederholte sie, dieses Mal fester. “Aber ich weiß nicht, ob ich dir vertrauen kann”

 

Der Schimmer verließ im Nu seine Augen und er ließ seine Schultern hängen.

 

“Bitte” bat er. “Ich weiß, dass ich dir keinen Grund gegeben habe, mir zu vertrauen. Aber ich werde alles tun, um dir zu beweisen, dass du es kannst. Ich mache alles, um es wieder gutzumachen”

 

“Du kannst nicht einfach ein paar schöne Worte sagen und ein paar Versprechen abgeben, damit alles verschwindet” sagte sie zu ihm und ihre Stimme wurde immer müder, da sie erschöpft war von dieser an den Gefühlen zehrenden Unterhaltung.

 

“Ich weiß, dass sie das nicht können” Er legte alle seine Karten auf den Tisch. Es gab nichts mehr, was er sonst tun konnte. “Ich möchte nur eine Chance haben”

 

Buffy war still. Ihre Herz bettelte darum, ihm diese Chance zu geben, die Arme auszustrecken und sie um ihn zu schlingen. Und den Trost seiner starken Umarmung zu fühlen. Aber es war zu schnell. Sie war zu aufgekratzt. Und das Vertrauen war zu dünn.

 

Ihre Augen schlossen sich und öffneten sich dann langsam wieder.

 

“Ich kann dir jetzt sofort keine Antwort geben”

 

“Ich verstehe” brachte Angel heraus und taumelte wegen der indirekten Zurückweisung.

 

“Ich...ich brauche etwas Zeit” Das letzte Wort hatte sie verschluckt, also wiederholte sie es. “Ich brauche einfach etwas Zeit”

 

Leise stand sie auf und eilte zur Tür, wo sie den leeren Trost auf der anderen Seite suchte. Sie blieb unter dem Türbogen stehen, klatschte sich mit einer Hand auf ihren Schenkel und signalisierte Argyle damit, dass er folgen sollte. Der Hund sprang von der Bank, tänzelte durch die Tür und folgte Buffy.

 

Angel konnte nur zusehen, wie die schwere Holztür zuschwang und ihn da sitzen ließ, wo er sich fragte, ob seine Hoffnungen vergeblich waren.

 

 

Kapitel 10

 

Das Haus glänzte als Ergebnis von einem eine Woche andauernden Putzmarathon. Es war seltsam. Sie hasste putzen. All das schrubben und waschen. Der Staub und der Schmutz. Aber es gab scheinbar sonst nicht so viel zu tun und es beschäftigte ihren Verstand. Was besonders nötig war. Lorne erzählte ihr, dass es ein Fluchtmechanismus war, eine Methode, um der Realität auszuweichen. Er hatte natürlich Recht. Aber nur weil sie das wusste, bedeutete das nicht, dass sie aufhören konnte, das zu tun. Die Wahrheit war, dass sie jetzt noch nicht bereit war, sich der Realität zu stellen. Wer würde das in ihrer Situation? Kürzlich der Bruder verstorben. Die beste Freundin wandte sich gehen sie. Mentaler Zusammenbruch. Ein Haus, das sie nicht behalten konnte. Und ein Ex-Freund, der noch eine Chance wollte. Ja, das Ausweichen war ganz bestimmt der Begriff des Moments. Oder eher der Woche.

 

Eine Woche war vergangen seit der Nacht, die sie im Gespräch mit Angel auf der Veranda verbracht hatte. Sie hatte ihn seitdem nicht gesehen, aber er rief einmal am Tag an um zu sehen, dass alles okay war und um zu fragen, ob sie etwas brauchte. Sonst kam nichts zur Sprache in diesen kurzen, aber freundlichen Gesprächen. Und sie war froh deswegen. Es war zu viel los, zu viele Veränderungen, Probleme und ihre Sorgen, wenn sie an Angel dachte.

 

Unglücklicherweise schien ihr Verstand diesem Befehl nicht zu gehorchen. Wenn sie nicht gerade eine ihrer unregelmäßigen Heulattacken hatte - von der Lorne ihr versicherte, dass sie vollkommen normal waren - oder sie die Fliesen im Badezimmer putzte, oder Argyle ausschimpfte, weil er sich auf dem Wohnzimmerteppich rumgerollt hatte, den sie gerade gesaugt hatte, dann dachte sie an Angel. Sie hatte eine Woche gehabt, um über alles nachzudenken, was er ihr gesagt hatte. Trotz dieser Zeit, die sie mit dem Thema verbracht hatte, war sie keinen Schritt näher darin zu wissen, was sie tun sollte.

 

Mit einer Mischung aus einem Knurren und einem Seufzen plumpste Buffy zurück gegen einen der Unterschränke in der Küche. Der Knauf an der Schranktür, den sie versucht hatte zu reparieren, kooperierte so überhaupt nicht. Sie zuckte zusammen, als ihr Kopf auf das harte Holz traf und ihre Augen schlossen sich, als sie einen tiefen frustrierten Schnaufer ausstieß. Sie wusste nicht, was sie machen sollte. Zum ersten Mal war sie ganz alleine und auch alleine verantwortlich für alles. Es ließ sie mehr als alle Worte erstarren. Da waren so viele Dinge, die sie noch herausfinden musste und sie wusste nicht, was sie auch nur bei einer Sache machen sollte. Das Haus, die Rechnung, ihre Zukunft, Angel.

 

Angel.

 

Und schon war sie wieder bei ihm gelandet. Wenn es eine Sache gab, über die Buffy froh war, dann, dass er tat, warum sie ihn gebeten hatte. Ihr Zeit und Raum zu geben. Der Nachteil war, dass sie in dieser Zeit noch zu keiner Lösung gekommen war. Das einzige, das sie nun wusste, war, dass sie jetzt verstand, was vor drei Jahren passiert war. Endlich machte alles einen Sinn. Lange Zeit war es ein Rätsel für sie gewesen, aber jetzt wusste sie es. Alle Puzzleteile waren zusammengefügt worden und das Puzzle komplett. Aber die Komplikation blieb. Was wollte sie machen? Was bedeutete es Bescheid zu wissen? Wie ging es jetzt weiter? Sie wusste es nicht.

 

Alles was sie wusste war das ‘warum’; warum er sich von ihr getrennt hatte, warum ihre Beziehung mit einem Augenblinzeln weg war. Sie verstand, warum es passiert war. Sie konnte es fast akzeptieren. Sein Traumberuf war bedroht gewesen und Zweifel waren durch andere in seinen Kopf gesetzt worden. Sie konnte die Verwirrung nachvollziehen, die wirbelnde Unentschlossenheit, das Gefühl, außer Kontrolle zu sein. Ja, sie konnte das Konzept begreifen. Aber das bedeutete nicht, dass sie ihm seine Handlungen verzieh. Es bedeutete nur, dass sie sie verstand.

 

‘Du musst zuerst auf dich selbst Acht geben, Sonnenschein. Du musst dein Herz heilen lassen und dich um die wichtigen Dinge kümmern. Alles andere kann warten’

 

Es war aber eine Tatsache, dass sie noch bereit war, sich mit Angel zu beschäftigen. Nicht wenn es so viele andere Dinge gab, um die sich kümmern musste und ihr Herz immer noch jede Sekunde am Tag wegen Oz Tod schmerzte. Lorne hatte Recht. Sie brauchte Zeit, um ihr Herz heilen zu lassen und um sich um wichtigere Dinge zu kümmern, wie z.B. wieder ans arbeiten zu kommen und einen Immobilienmakler wegen dem Hausverkauf zu kontaktieren. Und dann, wenn sie das getan hatte, würde sie ein Appartement finden und umziehen oder was sonst noch erledigt werden musste. Sie hatte einfach nur nicht die Zeit oder die Kraft, sich jetzt mit Angel zu beschäftigen. Auch wenn ihr das klar war, wusste Buffy, dass sie wenigstens etwas auf kleinerem Level wegen ihm unternehmen musste.

 

 

*****

 

 

Angels Appartement war, im Gegensatz zu Buffys Haus, in einem Zustand der Unordnung. Das war ziemlich jämmerlich, wenn man davon ausging, dass er einen Monat Urlaub gehabt hatte. Er war von Natur aus kein unordentlicher Mensch. Er hatte nur andere Dinge im Kopf. Deswegen war das schmutzige Geschirr im Spülbecken, ein Haufen Wäsche auf seinem Schlafzimmerboden und einige Pizzaschachteln und Bierdosen auf seinem Tisch. Er versuchte, nicht zu viel an die Unordnung zu denken - was nicht schwer war. Seine Gedanken waren ständig bei Buffy. Sie brauchte Zeit. Er konnte ihr das geben. Aber verdammt, die Warterei brachte ihn noch um.

 

Buffy zu bedrängen war das letzte, was er wollte. Und wenn er daran zurückdachte, dass er bei ihr alles aufs Spiel gesetzt hatte, war das wahrscheinlich das falscheste was er tun konnte. Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt. Er wusste, dass er hätte warten sollen, aber sie hatte gefragt. Also hatte er geantwortet. Es gab nichts, was er jetzt deswegen machen konnte.

 

Ein Klopfen an der Tür riss Angel aus seinen Grübeleien. Er überlegte sich, nicht zu öffnen. Es war wahrscheinlich nur Xander mit einer weiteren Pizzaschachtel, die er seiner wachsenden Sammlung hinzufügen konnte. Angel stand trotzdem auf. Wenn er nicht öffnete, würde Xander einfach immer weiter klopfen.

 

Er schwang die Tür auf und Überraschung leuchtete in Angels Augen.

 

“Buffy” sagte er mit einem Quietschen. So hörte es sich jedenfalls an.

 

“Hey” grüßte sie und rang nervös ihre Hände. “Darf ich reinkommen?”

 

“Oh” Er blicke zurück zu seinem unordentlichen Appartement. Es gab nichts, was er jetzt noch dagegen tun konnte. “Ja, sicher”

 

“Danke”

 

Buffy ging in den Raum und studierte neugierig ihre Umgebung. Sie war niemals zuvor hier drin gewesen. Ihr Blick landete auf dem Tisch. Ja, das war ganz bestimmt das Appartement eines Mannes.

 

“Pizza und Bier?”

 

Angel zuckte verlegen mit den Achseln und sammelte schnell die Dosen ein. Nachdem er sie in der Küche abgeladen hatte, kam er zurück ins Wohnzimmer, wo Buffy sich seine Audio und Video Geräte ansah.

 

“Xander kam letzten Abend vorbei” erklärte er das Durcheinander.

 

Buffy lachte und schüttelte ihren Kopf, da sie nur zu gut die Gewohnheiten ihres Freundes kannte.

 

“Du hast eine nette Wohnung”

 

“Danke”

 

Angel lehnte sich gehen die Wand und sah Buffy an. Sie sah viel besser aus als vor zwei Wochen. Ihre Gesichtsfarbe war besser und sie hatte wieder etwas zugenommen. Er war glücklich zu sehen, dass sie wieder auf die Beine kam.

 

“Du siehst gut aus”

 

“Ich versuch‘s”

 

Und das hatte sie. Durch Lornes Befehl aß sie mehr und versuchte zu schlafen. Es klappte nicht immer, aber sie versuchte es. Und es wurde leichter. Jeden Tag schien es ein wenig einfacher zu sein.

 

“Wenn du etwas brauchst, dann musst du nur fragen”

 

Er hatte es bereits sehr oft angeboten, aber ein weiteres Mal konnte es nicht schaden.

 

“Danke, das werde ich” akzeptierte sie.

 

Buffy wanderte ein wenig durch den Raum und versuchte zu überlegen, was sie ihm sagen sollte. Aber nichts wollte ihr einfallen. Schließlich entschied sie sich einfach zu sagen, warum sie gekommen war.

 

“Wegen dem, um was du mich gebeten hattest....ich kann es einfach nicht machen”

 

Verdammt, sie hatte nicht so geradeheraus sein wollen.

 

Die Worte trafen Angel, als wäre ein fünfhundert Pfund schwerer Stein auf sein Herz gefallen. Sie konnte ihm nicht verzeihen, konnte ihm keine weitere Chance geben. Jede Hoffnung, die er hatte, zerbrach in winzigkleine rasiermesserscharfe Stücke, die sein Innerstes zerschnitten.

 

“Okay” murmelte er und versuchte sich den einfachsten Weg auszudenken, um sich aus dem Raum und von ihr wegzuschleichen.

 

Er konnte sie einfach nicht ansehen und nicht verletzt sein.

 

“Warte Angel” Buffy eilte ihm nach und griff nach seinem Arm. “Lass mich erklären”

 

“Nein, das ist okay”

 

Er versuchte, sich von ihr zu lösen, aber sie hielt ihn fest.

 

“Verdammt Angel!” schrie sie und schob ihren Körper zwischen ihn und dem Durchgang zur Küche. “Hör mir zu”

 

Angel gab die Flucht auf und blieb stehen. Aber er konzentrierte seinen Blick weiter auf die Wand hinter ihr.

 

“Ich sagte, dass ich es nicht tun kann” begann sie. “Was ich meinte, war, dass ich es jetzt nicht tun kann”

 

Als sie sah, dass Angel ihr tatsächlich zuhörte, trat Buffy ein paar Schritte zurück und lehnte sich mit einer Hüfte gegen den Rand der Couch. Das wäre viel einfacher gewesen, wenn sie ihm einfach einen Brief geschrieben oder das Telefon benutzt hätte.

 

“Ich weiß, dass das nicht das ist, was du hören willst” fuhr sie fort. “Aber es ist die einzige Antwort, die ich dir geben kann”

 

“Ich verstehe” nickte er ernst und versuchte ruhig zu bleiben.

 

“Ich sage nicht, dass ich es nie....nochmal.....versuchen kann, aber im Moment gibt es zu viele andere Dinge, auf die ich mich konzentrieren muss. Ich muss mein Leben wieder auf die Reihe bekommen, bevor ich etwas anderes ins Auge fassen kann”

 

Und das war es, dachte sie. Jetzt war es an Angel, es zu verstehen.

 

Ein kleiner Hoffnungsschimmer baute sich wieder in Angel auf. Da war immer noch eine Chance. Er wünschte, dass es jetzt soweit wäre, aber er erkannte ihr Bedürfnis, ihr Leben wieder auf die Reihe zu bekommen. Sie hatte soviel durchgemacht. Es machte Sinn, dass eine Beziehung das letzte war, woran sie dachte. Und wenn sie Wochen, Monate oder sogar ein Jahr brauchte, um sich zurechtzufinden, dann würde er ihr die Zeit geben.

 

Angel warf ihr ein vorsichtiges Lächeln zu und trat einen Schritt näher.

 

“Okay, das kann ich verstehen”

 

Etwas von der Anspannung, die sich in Buffys Bauch gebildet hatte, löste sich. Sie konnte erkennen, dass er wirklich meinte, was er gesagt hatte.

 

“Danke” Sie erwiderte das Lächeln. “Es gibt jedoch etwas, dass ich gerne hätte”

 

“Alles” versprach er.

 

“Ich hätte gerne, dass wir Freunde sind” bat sie. “Ich vermisse es, dich in meinem Leben zu haben”

 

Angel zögerte nicht mit der Antwort.

 

“Das wäre ich wirklich gerne” Er trat zu Buffy und wollte sie umarmen. Doch ihm wurde schnell klar, dass das nicht angenehm für sie wäre. “Kann ich...?”

 

“Natürlich”

 

Sie breitete ihre Arme aus und erlaubte ihm hineinzutreten. Sie konnte nicht leugnen, dass es sich richtig anfühlte, von ihm gehalten zu werden. Und sie war so erleichtert, dass er bereit war, so klein anzufangen. Es nahm soviel Druck von ihr. Bevor sie sie stoppen konnte, liefen ein paar Tränen ihre Wangen hinab. Angel hielt sie einfach und ließ sie sich von einigen ihrer siedenden Emotionen befreien.

 

“Es tut mir Leid” entschuldigte sie sich und wischte sich die Feuchtigkeit weg. “Ich scheine in letzter Zeit viel zu weinen”

 

“Das ist doch nicht schlimm” versicherte er ihr.

 

“Das hat Lorne auch gesagt” Buffy rollte mit ihren Augen, während sie auch das Gefühl hasste, so ein Mädchen zu sein. “Es gibt einfach soviel zu versuchen und rauszufinden”

 

“Planst du immer noch, das Haus zu verkaufen?“ fragte er mit einem Arm um ihre Schulter und führte sie zur Couch.

 

“Das ist das einzige, was ich machen kann”

 

Es schmerzte sie immer noch, an den Verkauf zu denken. Aber es gab keine andere Möglichkeit.

 

Die beiden ließen sich auf der Couch nieder und redeten auf eine Art miteinander, wie sie es so lange nicht mehr gemacht hatten. Beide fühlten eine Behaglichkeit, weil sie die Vergangenheit endlich hinter sich lassen konnten und weil sie versuchen würden, die Nähe als Freunde wiederzufinden, die sie früher gehabt hatten.

 

 

*****

 

 

Buffy grummelte vor sich hin, als sie sich neben Argyle auf die Couch fallen ließ. Der Golden Retriever hob seinen Kopf und beäugte Buffy genervt, weil sie sein Nickerchen störte. Sie starrte zurück und forderte ihn heraus zu kläffen oder zu bellen. Nachgebend legte der Hund seinen Kopf wieder nach unten, da er mehr am Schlaf interessiert war als alles andere.

 

Währenddessen hatte Buffy unglaubliche Langeweile. Normalerweise würde sie etwas fernsehen. Entweder zappte sie durch die Kanäle oder sie sah einen Film. Unglücklicherweise hatte sie wegen ihrem Zusammenbruch vor zwei Wochen keinen Fernseher mehr . Sie hatte den alten kaputt gemacht und hatte wirklich kein Geld für einen neuen. Also würde sie einfach etwas anderes finden, das sie tun konnte.

 

Glücklicherweise waren Angel und Xander auf dem Weg zu ihr. Angel hatte angerufen und gesagt, dass es etwas gab, über das er und Xander mit ihr sprechen wollten. Er wollte nicht sagen was, nur dass sie reden wollten. Also musste sie einfach warten.

 

Da sie nicht wusste, was sie sonst machen sollte, faulenzte Buffy auf der Couch und strich über Argyles Fell. Die simple Handlung rührte ihr Herz. Argyle war Oz Hund. Aber jetzt war er ihrer. Das traf sie sehr. Und es war ein Trost. Sie hatte durch den Hund immer noch ein kleines Stückchen von Oz.

 

Es klingelte an der Tür und riss Buffy aus ihren Gedanken. Sie tätschelte Argyle den Kopf, bevor sie aufstand und zur Tür ging. Wie erwartet warteten Angel und Xander auf der anderen Seite.

 

“Hey Jungs, kommt rein” grüßte sie und gestikulierte ihnen, dass sie eintreten sollten.

 

Die beiden kamen rein und gingen ins Wohnzimmer. Xander bemerkte sofort den Unterschied zwischen Buffy und Angel. Die Anspannung zwischen ihnen war praktisch verschwunden. Sie schienen sich in der Gegenwart des anderen viel wohler zu fühlen. Es war für ihn eine Erleichterung, zu wissen, dass sie daran arbeiteten, wieder zu der Beziehung zu finden, die sie verloren hatten.

 

“Also....was ist los?” fragte sie, sobald sie sich, mit Argyle zwischen sich, auf der Couch niedergelassen hatten.

 

Angel blickte zu Xander, der ihm zunickte, damit dieser es sagte.

 

“Okay...nun, Xander und ich habe miteinander gesprochen und wir wollen nicht, dass du das Haus verkaufen musst”

 

“Angel” seufzte Buffy und setzte sich vor die beiden auf den Tisch. “Wir haben gestern Abend darüber gesprochen. Ich muss es machen. Ich kann es mir nicht leisten, das Haus zu behalten”

 

“Ich weiß, aber ich habe eine Idee” warf Angel schnell ein. Bevor Buffy ihn fragen konnte, fuhr er fort. “Xander hat vor, aus seinem Appartement auszuziehen”

 

“Ja” fügte Xander hinzu. “Der Typ oben hat drei Hunde und zwei Katzen. Das ist ein Zoo mit dem ganzen Gebell und dem Katzengestank. Ich denke nicht, dass er putzt”

 

“Ähh okay. Und was hat das mit mir zu tun?” fragte Buffy nachdenklich.

 

“Er könnte hier einziehen und Miete zahlen” gab Angel seine Idee preis.

 

“Einziehen - hier?”

 

Sie zog ihre Braue hoch und starrte Angel leicht geschockt an.

 

“Es ist die perfekte Lösung” bekräftigte Angel. “Xander kommt von den Katzen und Hunden weg und dir wäre es möglich, das Haus zu behalten”

 

“Ich weiß nicht” sagte Buffy langsam.

 

Insgesamt war die Idee nicht schlecht. Xander war ein guter Freund. Sie hatte kein Problem, mit ihm zusammenzuleben. Es gab eine Menge Platz für ihn. Das Zimmer ihrer Mutter war seit Jahren leer. Aber es löste immer noch nicht alle ihre Geldprobleme.

 

“Komm schon, Buffy” bat Xander. “Ich wäre ein guter Mitbewohner”

 

“Das ist es nicht” argumentierte Buffy. “Ich würde es lieben, dich als Mitbewohner zu haben, aber selbst wenn du einziehen würdest, wäre das Geld immer noch knapp. Und ich habe mir sozusagen überlegt, mich in der Sunnydaler Universität einzuschreiben mit dem Geld, das ich spare, wenn ich ein kleines Appartement nehme anstatt des Hauses mit den ganzen Rechnungen”

 

“Du willst aufs College?” fragte Angel ein wenig überrascht.

 

Buffy zuckte mit den Achseln und wand sich unter ihrer Aufmerksamkeit.

 

“Ich habe daran gedacht. Oz wollte immer, dass ich gehe”

 

“Ich denke, dass es eine tolle Idee ist” sagte Angel aufrichtig zu ihr. “Ich denke, dann macht der Verkauf des Hauses Sinn”

 

“Wartet” unterbrach Xander. “Was, wenn du zwei Mitbewohner bekommst? Angel, du könnest-”

 

“Ich denke nicht, dass das eine gute Idee ist” schaltete sich Angel ein, bevor Xander seinen Gedankengang beenden konnte.

 

Bei Buffy einziehen? Kumpel Buffy? Das war eine sehr, sehr schlechte Idee.

 

“Was? Ich verstehe nicht, warum das nicht klappen würde” widersprach ihm Xander, der Angel beäugte.

 

Er verstand nicht, warum Angel nicht bei Buffy einziehen wollte.

 

“Xander” brachte Angel mit einem leisen Flüstern hervor.

 

“Äh, hi. Erinnert ihr euch noch an mich” unterbrach Buffy ihr Gezanke.

 

“Tut mir Leid” entschuldigten sich beide.

 

“Sieh mal” bemerkte Xander, “Alles was ich sage, ist, dass du das Haus behalten UND ins College gehen willst. Wenn Angel und ich hier einziehen würden, könnte es klappen”

 

Buffy öffnete ihren Mund, um “Zur Hölle nein” zu sagen, schloss ihn aber schnell wieder. Xander hatte Recht. Es schien, als würde es klappen. Aber mit Angel leben? Xander war eine Sache. Sie konnte mit Xander perfekt umgehen. Und es wäre nett, nicht alleine in dem Haus zu leben. Aber Angel? Es schien, als würde man um Ärger bitten, wenn sie das tat. Da war immer noch so viel ungelöst zwischen ihnen. Wenn sie jedoch das Haus behalten und ins College gehen wollte, war das die einzige Möglichkeit. Wenigstens so weit sie wusste, denn sie hatte wirklich nicht so viele Freunde. Und mit einem vollkommenen Fremden zusammen zu wohnen stand völlig außer Frage.

 

Es klingelte an der Tür und hielt sie davon ab, weiter über die Angelegenheit nachzudenken.

 

“Ich gehe”

 

Sie stand auf und drehte sich erst noch einmal zu ihren beiden Freunde um.

 

“Wir sind damit noch nicht fertig”

 

Buffy öffnete die Tür und wurde überrascht.

 

“Mr. McDonald” grüßte sie.

 

“Buffy, du weißt, dass ich es hasse, so genannt zu werden” schalt sie der Mann. “Das hört sich immer so an, als wäre ich ein steifer Anwalt”

 

“Tut mir Leid, Lindsey” Sie gluckste und erinnerte sich daran, wie er immer zu ihr gesagt hatte, dass sie ihn Lindsey nennen sollte. “Aber du bist ein steifer Anwalt”

 

“Ja, ja. Kann ich reinkommen?” fragte er.

 

“Sicher”

 

Buffy trat zurück und erlaubte dem Mann, der der Anwalt ihrer Mutter gewesen war, ins Haus zu treten.

 

“Danke” Lindsey trat ein und blieb im Flur stehen. “Ich hoffe, ich unterbreche nichts”

 

“Nicht wirklich. Angel, Xander und ich haben gerade etwas diskutiert” antwortete sie und winkte mit einem Arm in Richtung Wohnzimmer, wo ihre Freunde immer noch saßen.

 

“Ah” Als er sich daran erinnerte, warum er hier war, begann er zu zappeln. Er seufzte und blickte zu Buffy. “Es tut mir Leid wegen Oz” begann er. “Ich war wegen Familienangelegenheiten nicht in der Stadt und habe es gehört, als ich gestern zurückgekommen bin”

 

Buffys Unterlippe zitterte und ihre Augen wurden feucht.

 

“Danke”

 

“Gern geschehen. Hör mal, ich, äh...”

 

Sie sah so verletzlich aus. Er konnte nur noch denken, dass er das zur falschen Zeit machte. Er kannte Buffy seit Jahren und er hatte sie und ihre Familie kennengelernt, als sie nach Sunnydale gezogen und Joyce seine Klientin geworden war. Er war beim Tod ihrer Mutter da gewesen und hatte Oz geholfen, das Sorgerecht für Buffy zu bekommen. Und jetzt hatte sie ihren Bruder verloren. Niemand sollte so etwas durchmachen müssen.

 

“Es gibt da ein paar rechtliche Sachen, die wir demnächst durchgehen müssen. Ich weiß nicht, ob du es weißt, aber Oz hatte ein Testament. Er hat es aufgesetzt, nachdem deine Mutter gestorben ist”

 

“Ja” Sie nickte traurig. “Er hat mir gesagt, dass er das machen wollte”

 

“Okay. Es ist das Übliche.......Das Haus an dich und so weiter. Du kannst in den nächsten Tagen bei mir im Büro vorbeikommen, damit wir es durchgehen können” erklärte er und hielt dann inne. “Da ist etwas, von dem ich nicht sicher bin, ob du dir der Sache bewusst bist”

 

“Was?” fragte sie und wunderte sich, was da noch sein konnte.

 

Sie hoffte, dass es nicht schlimmes war.

 

“Oz hatte ein Lebensversicherungspolice” sagte er zu ihr und hörte, wie sie aufkeuchte. “Ich denke nicht, dass er es dir gesagt hat. Er hat sie abgeschlossen, nachdem er vor einigen Jahren offiziell dein Vormund wurde”

 

Zu diesem Zeitpunkt kamen Angel und Xander zu den beiden auf den Flur, nachdem sie die Unterhaltung gehört hatten.

 

“Das h-hat er?” stotterte sie, geschockt durch die Enthüllung.

 

“Ja. Er wollte dafür sorgen, dass du versorgt bist in dem Fall, dass etwas passieren würde” fuhr Lindsey fort.

 

Buffys Knie wurden weich. Die Traurigkeit über den Verlust ihres Bruders und die Dankbarkeit wegen dem, was er für sie gemacht hatte, war überwältigend. Angel sah, wie sie schwankte und trat hinter sie. Er legte einen Arm um ihre Taille. Sie akzeptierte die Unterstützung und lehnte sich gegen ihn.

 

“Es tut mir Leid, dass du das jetzt durchmachen musst” entschuldigte sich Lindsey, nachdem er gesehen hatte, wie ihr Gesicht die Farbe verlor. “Ich dachte, wir sollten uns damit befassen und du solltest es wissen. Ich habe die Agentur heute Morgen kontaktiert und sobald ich ihnen die Informationen geschickt habe, die sie brauchen, werden sie dir einen Scheck schicken”

 

“Einen S-scheck?” murmelte sie und fühlte sich ein wenig benommen.

 

“Ja. Die Versicherungssumme beträgt $ 100.000. Du wirst den vollen Betrag erhalten”

 

“Oh mein Gott”

 

Die Worte waren kaum aus ihrem Mund, als sie ihre Augen verdrehte und in Ohnmacht fiel. Glücklicherweise landete sie in Angels wartenden Armen.

 

 

*****

 

 

Die frühe Abendluft war kühler als normal, aber Buffy spürte es kaum. Ihr Körper war angespannt, ihre Gedanken abgelenkt, als sie sich ihren Weg zwischen den Grabsteinen durchschlängelte, die überall auf dem Boden standen. Der Geruch des Todes brachte sie zum zittern. Sie mochte keine Friedhöfe. Sie erstickten sie trotz der weiten offenen Fläche. Sie hatte zu viel Zeit auf Friedhöfen verbracht. Aber sie musste es tun. Sie war seit der Beerdigung nicht mehr hier gewesen.

 

Sie blickte hinter sich und sah Angel und Xander, die beim Auto warteten. Sie hatten angeboten, mit ihr zu kommen, aber sie musste das alleine machen. Sie musste sich der Wirklichkeit stellen, musste akzeptieren, was sie nicht ändern konnte. Ihr Bruder war nicht mehr da. Es war Zeit, sich zu verabschieden, Zeit, ihm zu danken für das, was er für sie getan hatte, Zeit, ihm noch einmal zu sagen, dass sie ihn liebte.

 

Der Grabstein war aus dunkelgrau geflecktem Granit. Er war groß und nicht verwittert. Sie wusste, was die Beschriftung sagte. Sie hatte sie selbst ausgesucht.

 

 

Daniel ‘Oz’ Osbourne

1977 - 2000

Geliebter Bruder und Sohn

 

 

Sie fiel auf dem Schmutz vor dem Grab auf ihre Knie. Ihre Finger fuhren über die Buchstaben und strichen liebevoll über die Einbuchtungen.

 

“Hey Oz” flüsterte sie, obwohl niemand nah genug war, um sie zu hören.

 

“Ich vermisse dich” Sie setzte sich zurück auf ihre Fersen und schlang ihre Arme um sich. “Ich wünschte, ich wüsste was ich sagen soll”

 

“Danke scheint so falsch. Aber ich bin dankbar, dass du ein Teil meines Lebens warst. Ich weiß nicht, was ich ohne dich getan hätte. Du warst immer da, wenn ich dich gebraucht habe. Und du-du bist....”

 

Ein Schluchzen entwich ihr. Sie versuchte es zurückzuhalten, aber es war nutzlos, als die Tränen begannen, ihre Wangen hinunterzulaufen.

 

“Ich weiß nicht, was ich ohne dich machen soll. Und Argyle vermisst dich. Er sitzt immer auf deinem Stuhl”

 

“Warum hast du mir nichts von der Lebensversicherung erzählt? Ich denke, ich sollte nicht überrascht sein. Du hast immer für mich gesorgt. Aber ich würde das Geld in der Sekunde zurückgeben, wenn ich dich zurückhaben könnte”

 

Sie zitterte. Die Kälte schien schließlich durch ihren Körper zu dringen.

 

“Ich liebe dich, Oz. Du warst der beste Bruder, um den ich jemals gebeten haben könnte. Ich werde dich niemals vergessen”

 

Buffy stand auf, solange es körperlich und emotional noch möglich war und zog sich vom Grab zurück. Sie würde ihn immer lieben. Aber es war Zeit, dass sie sich zusammennahm, Zeit, dass sie den Verlust ihres Bruders akzeptierte und weiterlebte. Es schmerzte sie, das zu denken, aber es war die Wahrheit. Oz würde wollen, dass sie weiterlebte.

 

Mit einem letzten stillen Abschied drehte sie sich um und ging.

 

 

Kapitel 11

 

Vier Jahre später

 

 

Buffy sah sich mit den Händen in ihren Hüften gestützt das Durcheinander im Wohnzimmer an. Xander und Angel hatten eine ‘Männernacht’ gehabt - was im Wesentlichen bedeutete, dass sie sich Actionfilme angesehen, Pizza gegessen und Bier getrunken hatten. Der Beweis für den Pizza und Bier-Teil lag auf den Tischen. Sie hätten wenigstens aufräumen können, bevor sie ins Bett gegangen waren, dachte sie. Also hatte sie jetzt zwei Möglichkeiten: Selbst aufzuräumen oder es so zu lassen, bis die beiden wach wurden.

 

Mit einem Kopfschütteln verließ sie das Wohnzimmer und stieg die Treppen hoch auf die zweite Etage. An der Tür zu ihrem Zimmer blieb sie stehen und starrte lasziv auf ihr Bett. Angel lag ausgestreckt auf der Matratze , ohne Shirt und mit dem Kopf sicher unter dem Kissen, um die hereinirrenden Sonnenstrahlen abzuwehren. Sie war versucht, dort hinzugehen und das Kissen wegzuziehen, um damit der Sonne zu erlauben, ihn zu wecken. Aber statt dessen starrte sie ihn nur an und schwelgte in der Tatsache, dass er in ihrem Bett war.

 

Genau wie sie es wollte, hatten sie erst damit angefangen, ihre Freundschaft neu aufzubauen. Trotz der Tatsache, dass sie das Geld von Oz Lebensversicherung bekommen hatte, zog Xander mit ins Haus. Die Idee war ursprünglich die Lösung gewesen, damit sie ihr Haus behalten konnte. Aber das Geld der Versicherung machte diese Tatsache zunichte. Sie hatte Xander gebeten, trotzdem einzuziehen, da sie nicht alleine im Haus wohnen wollte. Er hatte glücklich zugestimmt und übernahm, was einmal das Zimmer ihrer Mutter gewesen war. Angel besuchte sie fast jeden Tag und die drei hingen oft zusammen und sahen Filme, oder aßen ganz einfach miteinander. Für Buffy war das die bequemste Lösung, um Angel wieder in ihr Leben zu bringen.

 

Die Sache mit der Freundschaft klappte für eine Weile, aber genauso langsam, und ohne dass einer von ihnen es wirklich bemerkte, verließen sie die Stufe der Freundschaft. Es fing ganz einfach an: Einer Fahrt ins Kino ohne Xander, Spaziergänge im Park, Händchen halten. Die Anziehungskraft, die sie vor Jahren überwältigt hatte, war mit voller Kraft zurück. Dann, fast ein Jahr nach Oz Tod, kochten die Emotionen über und führten zu einer für beide erinnerungswürdigen Nacht.

 

 

 

 

Diese Nacht war ganz sicher eine, die Buffy niemals vergessen würde. Hinterher hatte sich Angel übermäßig entschuldigt und gesagt, dass ihr erstes Mal, Buffys erstes Mal, nicht auf einer Couch sein sollte, sondern in einem Bett. Die Örtlichkeit hatte sie nicht gestört. Es wäre sogar perfekt gewesen, wenn es auf einem Nagelbett gewesen wäre. Nichts konnte ihrer Meinung nach jemals diese Erfahrung trüben.

 

Zwei Wochen nach dieser Nacht war Angel eingezogen und teilte Bett und Zimmer mit ihr. Ihre Liebe erblühte und jetzt waren sie seit zweieinhalb Jahren verheiratet. Alles war wie ein Traum für Buffy. Ein unglaublicher, fantastischer Traum.

 

Nach ihrem siebzehnten Geburtstag dachte sie, dass ihre Zukunft mit Angel vorbei war. Aber mit einem Augenblinzeln hatte sich alles verändert. Erst vor vier Jahren hatte eine Tragödie für immer ihr Leben verändert. Oz, ihr Bruder, ihr bester Freund, hatte sein Leben in einem Autounfall verloren. In einem Moment war er noch da gewesen, hatte sie geneckt, wie er es liebte zu tun, und im nächsten Moment hatte sich sein Kleinlaster um einen Telefonmast gewickelt. Der Schmerz wegen dem Verlust war immer noch in ihrem Herzen. Das würde es wahrscheinlich immer. Nichts konnte ihren Bruder zurückbringen. Und nur die Zeit konnte den Schmerz verringern.

 

Eine gute Sache war aus Oz Tod entstanden: Angel war erneut zu einem Teil ihres Lebens geworden. Es war ein widersprüchliches Gefühl für Buffy, den Bruder zu verlieren, aber Angel zu gewinnen. Die beiden Dinge gleichzusetzen war schwer, aber die Tatsache blieb, dass ihr Bruder gestorben war. Nichts konnte das ändern. Nichts konnte es anders machen. Sie konnte nur einen kleinen Trost aus der Tatsache gewinnen, dass in einer der schmerzhaftesten Zeiten ihres Lebens, sie und Angel ihre Schwierigkeiten überwunden und miteinander Frieden und Liebe gefunden hatten.

 

Buffy sah, wie Angel sich auf dem Bett bewegte, was signalisierte, dass er aufwachte. Sie lächelte, verschwand ins Zimmer und auf das Bett. Es gab nur eine sichere Art, wie sie ihm helfen konnte, aufzuwachen. Und genau das hatte sie vor.

 

 

*****

 

 

“Ugh” stöhnte Xander, als er mit vom Schlaf zerzausten Haaren in die Küche stolperte.

 

Sein Schädel brummte von der langen Nacht, die er gehabt hatte. Er warf ein Blick auf Buffy und Angel, die in einer liebevollen Umarmung an der Küchentheke standen und stöhnte erneut.

 

“Für solche Sachen habt ihr ein Bett, wisst ihr” sagte er zu ihnen. “Pffft, über zwei Jahre verheiratet und verhalten sich wie neuvermählt”

 

Buffy und Angel trennten sich mit einem reuelosen Grinsen in ihren Gesichtern.

 

“Da ist jemand mürrisch heute Morgen” flüsterte Buffy Angel zu und unterdrückte ein Lachen bei Xander finsterem Blick, den er ihnen zuwarf.

 

Xander riss die Kühlschranktür auf, zog ein Behälter mit Orangensanft hinaus und goss sich ein Glas ein. Er schluckte zwei Aspirin runter, bevor er sich am Küchentisch auf einen Stuhl fallen ließ.

 

“Ich werde zu alt für die Bier und Pizza Nächte”

 

“Xander, du bist erst siebenundzwanzig” wies Angel seinen Freund hin und starrte ihn an.

 

“Musst du darauf hinweisen, dass ich auf die dreißig zugehe?” grummelte Xander entrüstet.

 

“Wo wir von Pizza und Bier sprechen” unterbrach Buffy. “Ich glaube, ihr beide habt noch ein Wohnzimmer aufzuräumen”

 

Die beiden fraglichen Männer hatten die Höflichkeit, bei der Erinnerung verlegen zu schauen. Sie waren in der letzten Nacht zu müde gewesen, um alles aufzuräumen, bevor sie schlafen gegangen waren.

 

“Werden wir” versprach Angel.

 

“Das hätte ich fast vergessen” zwitscherte Xander plötzlich. “Willow hat gestern angerufen”

 

“Oh? Wie geht es ihr?” fragte Buffy.

 

Ihre Stimme klang freundlich, aber es fehlte die Wärme, die sie einmal für ihre langjährige Freundin empfunden hatte. Sie und Willow hatten sich ein paar Monate nach Oz Tod unterhalten. Willow hatte sich für ihre schädlichen Worte entschuldigt und der Trauer und der Wut die Schuld gegeben.

 

Die Bitte um Vergebung war aufrichtig und Buffy glaubte es unbesehen. Jedoch war der Schaden bei ihrer Freundschaft schon angerichtet. Vertrauen war verloren und so weit noch nicht komplett wiedererlangt worden. Sie sprachen immer noch miteinander und besuchten sich, wenn Willow nach Hause kam, aber die Ungezwungenheit und die Behaglichkeit zwischen ihnen war nicht da.

 

“Ihr geht es gut” antwortete Xander und nahm sich einen Bagel aus der Tüte auf dem Tisch. “Sie hat gesagt, dass sie vielleicht in zwei Wochen in der Stadt ist”

 

“Cool” sagte Buffy ohne Begeisterung.

 

Angel legte unterstützend eine Hand auf ihren Rücken. Er wusste, dass Buffy immer noch Probleme hatte, Willow zu begegnen. Die Erinnerungen an die anschuldigenden Worte ihrer Freundin waren immer noch da. Sie versuchte es, das wusste er, aber ein paar Dinge konnte man nur schwer hinter sich lassen.

 

Angel entschied sich das Thema zu wechseln und wandte sich zu Xander.

 

“Komm, wir räumen besser das Wohnzimmer auf”

 

 

*****

 

 

Später am Tag stand Buffy im Flur der zweiten Etage des Hauses und blickte vorsichtig auf die eine Tür, die sie sich bisher kaum getraut hatte zu öffnen: Die Tür zum Zimmer ihres Bruders. Kurz nach Oz Tod hatte sie die Tür verschlossen und seitdem nur ein paar Mal geöffnet. Zu viele Erinnerungen ruhten in diesem Raum, zusammen mit den Besitztümern von Oz. Das war eine Sache gewesen, die sie noch nicht bewältigt hatte: Seinen Raum auszuräumen. Etwas schien daran falsch zu sein. Als würde sie ihn in Pappkartons einschließen. Sie wusste, dass das nicht wahr war. Egal ob seine Besitztümer in Kisten waren oder immer noch in seinem Zimmer, Oz würde immer in ihrem Herzen sein. Deshalb stand sie jetzt auf dem Flur und versuchte sich dazu zu bringen, sich der Tür zu nähern.

 

Sie atmete tief ein und machte einige Schritte vorwärts, bis sie direkt vor der verschlossenen Tür stand. Ihre Hand zitterte, als sie nach der Klinke griff. Sie zog fast ihre Hand zurück, als sie begann, das Metallteil runterzudrücken. Buffy schloss ihre Augen, öffnete die Tür und trat hinein, bevor sie sie wieder öffnete. Erinnerungen stürmten aus allen Ecken auf sie ein, als sie ihre Augenlider hob.

 

Argyle, Oz Golden Retriever, trottete nach ihr in den Raum und sprang hoch, um sich auf das Bett zu setzen, das wie üblicherweise immer noch ungemacht war mit der dunkelblauen Tagesdecke, die zerknittert am Fuße der Matratze lag. An den Wänden waren die Poster von Musikern und Bands, Zeppelin, Clapton, Pink Floyd, The Beatles. Einige andere lagen zerstreut herum, Bilder von, wie er es genannt hatte, ‘echter Musik‘.

 

In einer Ecke des Zimmers stand ein Sitzsack. Ein Stapel Gitarrenmagazine lag daneben. Sie erinnerte sich an all die Zeiten, als sie in sein Zimmer gekommen war, sich auf diesen nachgiebigen Sitz gesetzt und zugehört hatte, während er auf seiner Gitarre übte. Ihm hatte es nie etwas ausgemacht, wenn sie das tat. Und einmal hatte er sogar versucht, ihr zu zeigen, wie man spielte.

 

Eine einzelne Träne sammelte sich ihren Wimpern und blieb für einen Moment hängen, bevor sie auf ihre Wange fiel. Sie wischte sie weg und fühlte, wie sich die Feuchtigkeit auf ihren Fingern verteilte. Ein Arm schlang sich von hinten um ihre Taille. Buffy beugte ihren Kopf zur Seite und blickte zu Angel hoch. Sie beruhigte sich durch seine verständnisvollen Augen.

 

“Wir müssen das nicht machen” sagte er sanft und steckte eine Haarsträhne hinter ihr Ohr.

 

“Ich weiß” erwiderte sie mit einem heftigen Seufzen. “Aber es ist Zeit. Es ist vier Jahre her. Und wir werden den Extra-Raum bald brauchen”

 

Angel lächelte mit einem traurigen, aber auch erwartungsvollen Gesichtsausdruck, als seine rechte Hand sich weiter um ihre Taille schlängelte und auf dem kleinen Hügel ihres Bauches liegen blieb. Seine Finger streichelten die Haut, wo ihr ungeborenes Kind darunter ruhte. Sogar drei Monate, nachdem sie herausgefunden hatten, dass sie ein Kind bekommen würden, war er immer noch erstaunt und von Ehrfurcht erfüllt.

 

“Xander hat gesagt, dass er irgendwo ein Appartement finden würde. Dann könnten wir sein Zimmer nehmen und dein Zimmer zu einem Kinderzimmer machen” erinnerte Angel sie.

 

“Ich will nicht, dass Xander auszieht” meinte Buffy endgültig. Sie genoss es, Xander mit im Haus leben zu haben. Er war jetzt ein Teil ihrer Familie. Zusammen mit Angel und dem Baby, das sie bald haben würden. “Wir können Oz Zimmer nicht für immer verschlossen lassen. Und es als Kinderzimmer zu nehmen, erscheint mir richtig”

 

“Okay, wenn es das ist, was du machen willst”

 

Er war immer noch unsicher deswegen. Der Raum war eines der letzten physikalischen Überbleibsel von ihrem Bruder. Aber er vertraute Buffys Entscheidung.

 

“Das ist es” versicherte sie mit schwerem Herzen.

 

Angel zog sie näher und nahm sie in seine Arme. Sie standen einfach ganz still in Oz Zimmer und erinnerten sich an den Mann, der ein liebevoller Bruder und ein wahrer Freund gewesen war. Buffy wünschte sich, dass er immer noch bei ihnen wäre, dass es ihm möglich wäre, seine erste Nichte oder seinen ersten Neffen kennenzulernen. Aber sie wusste, dass er irgendwo über sie wachte. Wo auch immer er war, sie hoffte, dass er glücklich war, und dass er stolz darauf war, was sie aus ihrem Leben gemacht hatte.

 

Nach seinem Tod war sie sicher gewesen, dass sie selbst sterben würde. Aber sie hatte überlebt. Sie war nicht vollkommen zerbrochen. Sie war stark und sie war nicht alleine. Sie hatte Angel, den perfekten Ehemann, und Xander, mehr Familie als Freund. Und bald würde sie ein Kind haben.

 

Ihr Leben war jetzt gut und sie war glücklich. Aber Oz würde immer in ihrem Herzen bleiben.

 

 

THE END!!!

 

 

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