Remember Me

 

 

Kapitel 17

 

Buffy war müde. Eigentlich sogar erschöpft. Das Jagen in dieser Nacht war ziemlich anstrengend gewesen. Sie hatte einen Kratzer auf der Wange um das zu beweisen. Einen Kratzer, lachte sie bitter zu sich selbst, als sie sich wieder über den Nacken rieb. Das war nichts. Da sah man, wie weit sie schon gekommen war.

 

„Ich denke, ein nettes heißes Bad ist genau das, was du brauchst, Buffy“, kam es von Lindsey, als er sie nach Hause fuhr.

 

Sie kicherte böse.

 

„Willst du mit rein, Linds?“

 

Bei seinen aufgerissenen Augen lachte sie laut auf. Warum tat sie ihm das an? Als er das Auto mit einem Quietschen an der Seite der Straße zum Stehen brachte entschied sie, dass sie besser aufhörte.

 

„Was ist dein Problem?“, schrie sie ihn an, als würde sie das nicht bereits wissen.

 

Er drehte sich zu ihr, löste seinen Gurt, griff nach ihr und küsste sie. Heftig. Verlangend. Sie schob Lindsey zurück. Dabei versuchte sie, ihn nicht zu schwer zu verletzen und er flog ein bisschen zurück. Aber er schlug nicht hart auf, als sein Rücken auf die Tür traf.

 

Buffy sprang aus dem Auto, mit der Absicht jetzt zu laufen. Wie konnte er so etwas wagen? Sie war eine gebundene Frau! Moment. Gebunden? Wo zur Hölle kam jetzt der Gedanke her? Sie hatte jetzt jedoch nicht die Zeit, darüber nachzugrübeln, da Lindsey ihr auf den Fersen war.

 

„Buffy, stopp. Komm wieder zurück und lass mich dich nach Hause bringen. Es tut mir Leid.“

 

Sie wirbelte herum.

 

„Was zur Hölle machst du da eigentlich?“

 

Er starrte sie eine lange Zeit an. Und als er antwortete, verschlug es ihr den Atem.

 

„Ich liebe dich“, sagte er einfach.

 

Sie schüttelte ihren Kopf.

 

„Nein, tust du nicht.“

 

Ihre Stimme zitterte.

 

„Tu ich doch. Ich kann nicht anders Buffy. Ich will es auch nicht anders. Ich liebe dich.“

 

„Das werde ich nicht zulassen.“

 

Er gluckste.

 

„Gott weiß, dass du es manchmal schwer gemacht hast.“

 

„Gut. Du kannst mich nicht lieben. Du solltest mich NICHT lieben. Ich bin nicht liebenswert.“

 

Sein Gesichtsausdruck wurde weicher vor Zärtlichkeit und Sympathie .

 

„Ist es das, was du wirklich denkst? Dass du nicht liebenswert bist? Denn das bist du, Buffy. Du bist liebenswert.“

 

Sie schüttelte ihren Kopf.

 

„Du sagst mir, dass du mir mehr als anderen traust, dass du dich bei mir sicher fühlst. Aber du lässt mich nicht rein. Du lässt mich dir nicht zeigen, wie ich fühle. Wie DU fühlen könntest. Statt dessen lachst du mich aus und drängst mich weg.“

 

Jetzt fühlte sie sich einfach schrecklich. Lindsey, der so unglaublich geduldig mit ihr gewesen war, Lindsey, der ihr bereitwillig alles gab, worum sie bat, der sich mit ihrem Verhalten abfand, der ihr jedes Mal den Rücken stärkte (obwohl es unnötig war), wenn sie im Kampf war, der sie LIEBTE - den sie auslachte. Sie lachte den süßen Mann vor ihr aus, dem sie sich am nächsten fühlte, bei dem sie sich wirklich sicher fühlte. Und warum lachte sie ihn aus? Weil sie zu verstört war, um etwas anderes zu tun.

 

„Es tut mir Leid“, flüsterte sie und kämpfte die Tränen zurück, die zu fallen drohten. „Du verdienst jemanden, der nicht so grausam zu dir ist. Jemand, der dich liebt, wie du es verdienst geliebt zu werden. Ich bin das nicht, Linds. Ich werde es niemals sein.“

 

„Warum?“, fragte er verzweifelt. „Warum kannst du es nicht sein? Ich will, dass du es bist. Nur du.“

 

Sie schüttelte ihren Kopf und ihr Zopf berührte ihr Gesicht, als sie es tat.

 

„Weil ich es NICHT KANN. Ich bin das reinste Durcheinander. Ich will nicht, dass jemand seine Liebe an mich verschwendet. Ich verdiene das nicht.“

 

„Doch, das tust du“, sagte er leidenschaftlich zu ihr, sprang mach vorne und nahm ihre Hände in seine. „Du verdienst es mehr als alle die ich kenne. Du hast solch ein großes Herz....“

 

Er verstummte, verschloss seinen Mund und wich zurück.

 

„Woher zur Hölle weißt du, ob ich ein großes Herz habe? In der ganzen Zeit, die du mich kennst, habe ich entweder wegen meiner Mutter geweint oder war die Person, die du im Moment vor dir siehst. Ein armseliges, zynisches, abgestumpftes Miststück. Perfekt zum Jagen, nicht so perfekt für Beziehungen.“

 

Lindsey wurde still und Buffy beobachtete, wie er scheinbar einen inneren Kampf mit sich selbst führte. Seine Augen waren nach unten gerichtet und er zitterte. Er sah jetzt auch müde aus.

 

„Vielleicht sollte ich einen anderen Wächter bekommen“, sagte sie leise zu ihm.

 

Sein Kopf schoss hoch und sie sah die Verzweiflung darin.

 

„Nein. Ich werde nicht mehr darüber reden. Nur mach das nicht, okay? Ich....ich habe dich gerettet. Ich will bei jedem Schritt des Weges bei dir sein.“

 

Sie tat dann etwas, was für Buffy untypisch war. Sie warf sich in seine Arme und umarmte ihn.

 

„Ich will auch, dass du bei mir bist“, flüsterte sie.

 

Lindsey hielt sie ganz fest, als hätte er Angst, sie loszulassen. Und sie wusste, sie wusste, dass er das hatte. Also ließ sie sich von ihm festhalten. Das war es, was er wollte, was er brauchte. Und sie wollte ihm das nicht länger missgönnen. Sie konnte ihm ihre Liebe nicht so geben, wie er es wollte, aber sie konnte ihm Unterstützung anbieten, ihm zeigen, dass sie ihn so mochte, wie sie es behauptet hatte. Es war einige Zeit vergangen, bevor Lindsey sie losließ und sie sich schweigend auf den Weg nach Hause machten.

 

 

*****

 

 

„Ich will lernen, wie man meditiert“, sagte Buffy am folgenden Tag zu Lindsey, als sie ihr Morgentraining beendet hatten.

 

„Das willst du? Ich dachte, es wäre zu....wie hast du gesagt? Zu ‚ruhig und still‘ für dich?“

 

Er grinste, aber seine Überraschung war immer noch sichtbar.

 

Sie zuckte mit den Achseln.

 

„Ich habe meine Meinung geändert. Das ist mein Vorrecht als Frau“, grinste sie zurück und blitzte mit ihren Zähnen.

 

Er schüttelte seinen Kopf.

 

„In Ordnung. Woher kommt das plötzliche Verlangen danach, es zu lernen?“

 

„Ich weiß nicht. Ich denke, wenn ich meine Gedanken beruhige und wenn ich mich auch auf etwas anderes als meine schädlichen Gedanken konzentriere, wäre das eine gute Sache.“

 

„Da muss ich dir zustimmen. Okay, setz dich hin, Rücken gerade und deine Hände in deinem Schoß. Richtig, so. Schließ deine Augen.“

 

Sie sah ihn vorsichtig an.

 

„Vertraust du mir?“

 

Sie antwortete, indem sie ihre Augen schloss. Lindsey atmete erleichtert aus. Das war ein Schritt. Jeder Schritt auf dem Weg zur Heilung ihres Verstandes sah er als Segen an. Die letzte Nacht hätte ihn fast umgebracht. Es war nicht mal so sehr ihre Verleugnung, dass sie ihn nicht lieben könnte. Es war die Tatsache, dass sie fühlte, sie wäre nicht zur Liebe fähig. Die Tatsache, dass das Feuer, das sie mal hatte, von ihr gerissen worden war. So wie sie jetzt lebte, was sie fühlte, war nicht gesund.

 

Das Wissen, dass er etwas damit zu tun hatte, zerrte an ihm. Er war so entzweigerissen darin, was er tun sollte. Auf der einen Seite konnte er ihr die Wahrheit sagen. Aber was würden die Konsequenzen sein? Würde Quentin sie beide verfolgen? Würde er Spike und Angel dann selbst töten? Wahrscheinlich. Würde Buffys Verstand dann vollkommen dicht machen wegen der Überlastung und dem Stress von allem? Würde sie das mehr in Gefahr bringen? Auf der anderen Seite: Was würde passieren, wenn Spike und Angel nach ihr gesucht hätten? Er wusste, dass sie sie wahrscheinlich finden würden. Er hatte eine ziemliche Ahnung, wie sehr sie sie liebten. Wenn er es wäre, würde er die Welt auseinanderreißen, um sie wieder nach Hause zu bringen. Sie würde die beiden töten. Daran hatte er keinen Zweifel Und wenn sie es tat? Was würde dann aus ihr?

 

Würde sie aufgeben? Er sah es in ihr, den Todeswunsch. Sie war sich dem nicht vollkommen bewusst, aber sie wusste, dass er da war. Er hatte Angst, dass sie, wenn ihre Rache vorbei war, sie sich selbst gestatten würde zu sterben. Und was wäre, wenn sie Angel und Spike getötet hätte und sich dann eines Tages erinnern würde? Das würde sie auch umbringen. Was ihn noch umbrachte, war, sie Tag für Tag zu beobachten, wie sie darum kämpfte zu leben. Sie hasste das Leben. Hasste alles. Er wollte das Leben zu ihr bringen, wollte ihr zeigen wie toll es sein konnte. Aber er wusste tief drin was die Antwort wäre: Nur Spike und Angel, nur die Wahrheit würden das Leuchten in ihr wieder zurückbringen. Der sture Teil von Lindsey wollte jedoch nicht aufgeben. Er wollte glauben, dass er alleine es schaffen konnte. Seine Zeit, so sagte eine Stimme zu ihm, lief ihm davon.

 

„Was jetzt?“, drängte sie.

 

„Konzentrier dich auf meine Stimme und deine Atmung. Atme ein...aus...ein...aus...fühle, wie du dich entspannst. Fühle, wie die Anspannung in deinen Füßen schmilzt...in deinen Waden....Schenkeln....lass deinen Bauch locker, atme tief aus dem Zwerchfell....ein...aus...ein...aus...entspann deine Schultern...ein...aus...jetzt deine Augen....entspann dein Gesicht....ein...aus....hör auf deinen Atem, konzentrier dich auf deinen Atem und sonst nichts. Lass die Stimmen in deinem Kopf verschwinden. Sie sind nichts als Geflüster, das verklingt. Alles was da ist, ist deine Atmung....ein....aus...“

 

Er beobachtete sie ein wenig. Sie sah entspannter aus, als er sie je gesehen hatte. Sie sah fast so aus, als würde sie schlafen. Dann flogen plötzlich ihre Augen auf und sie sah fast grün aus. Sie sprang auf und rannte ins Badezimmer. Eine Sekunde später hörte er das entfernte Geräusch, dass sie sich übergab. Was zur Hölle war gerade passiert?

 

Buffy fühlte sich, als hätte sie alles in das Becken gespuckt, was sie in der Woche gegessen hatte. Nichts hätte sie auf die Übelkeit vorbereiten können, die sie überfallen hatte, während sie etwas machte, von dem sie dachte, dass es eine gute, friedliche Sache war.

 

Lindseys Stimme war aus ihrem Bewusstsein verblasst. Sie hatte ihn und seine Anweisungen verlassen, hatte vollkommen alles verlassen. Sie fand sich selbst auf einer Weide wieder: Komplett mit einem Wasserfall, einem See mit klarem, schimmernden Wasser, zwitschernden Vögeln und bauschigen weißen Wolken am strahlend blauen Himmel. Es war prachtvoll. Sie wusste nicht, warum sie hier war. Es war einfach ein Ort, der aufgetaucht war. Er kam ihr bekannt vor, aber sie wusste nicht woher. Vielleicht aus einem Märchen, das ihr früher ihre Mutter vorgelesen hatte? Sie hatte das Bedürfnis, diesen Ort zu durchsuchen. Sie wollte wissen, ob er sicher war, wollte einen Hinweis finden, wo sie war und warum er ihr so bekannt vorkam. Sie ging inspizierend über die Weide. Dann sah sie hinter dem Wasserfall eine Höhle. Sie war dunkel, wie es die meisten Höhlen waren und sie hatte das Bedürfnis hineinzugehen, um zu sehen was darin war. Es kam ihr so vor, als MUSSTE sie es tun, als würde ihr jemand sagen, dass sie es TUN musste. Ihr Herz raste in ihrer Brust, aber nichts konnte ihre Füße davon abhalten, die Höhle zu betreten. Als sie hineintrat wurde sie von Bildern überschwemmt. Es war, als wäre in dieser dunklen feuchten Höhle ein Projektor, der die Bilder für sie abspielte.

 

Sie sah ihre Mutter. Sie hatte, wie es schien, eine Girlande aus Knoblauch um ihren Hals und einen großen Rollkragen. Sie stand in der Küche und bereitete heißen Kakao und Tee zu. Buffy erinnerte sich nicht daran. Ihre Mutter zappelte, aber trotz der Nervosität, die sie zeigte, war etwas anders an ihr. Ihre Haare waren heller und sie trug Make-up. Sie schien im Grunde genommen gesünder, als sie jemals zuvor gewesen war. Was war das?

 

Dann sah sie, wie sie selbst den Raum betrat. Oh mein Gott, sie sah aus wie ein normales Mädchen! Nicht das Mädchen, das sich im Schatten verborgen hatte, das dunkle Farben trug und die ihre Haare die ganze Zeit zurückgebunden hatte. Nein, hier trug sie modische Kleidung, hatte Make-up aufgelegt und LÄCHELTE.

 

„Mom, du weißt doch noch, dass sie Seelen haben, oder?“, neckte sie ihre Mutter ein wenig.

 

„Das ist nur eine Vorsichtsmaßnahme, Buffy“, sagte ihre Mutter entrüstet zu ihr.

 

Es klingelte an der Tür und ihre Mutter machte einen meilenweiten Satz. Buffy lachte und öffnete die Tür. Nichts hätte die echte Buffy darauf vorbereiten können, was auf der anderen Seite dieser Tür an den Wänden der Höhle war.

 

Spike und Angel. Der echten Buffy gefror das Blut in den Adern.

 

Sie lächelten und sahen fast - nervös aus?!

 

„Hey Joyce.“ Spike erblickte dann den Knoblauch und begann zu lachen. „Es stinkt verdammt noch mal hier drin!“

 

Angel schüttelte seinen Kopf und grinste. Dann kam er mit einer Flasche Wein nach vorne.

 

„Wir kommen in Frieden.“

 

„Ich glaube, Angel hat gerade einen Witz gemacht.“

 

Buffy lachte und umarmte die Vampire. Umarmte sie! Die echte Buffy war wie festgenagelt und sie war unfähig, ihre Augen von der Szene zu nehmen. Und als sie sah, wie ihre Mutter ihre Knoblauchgirlande abnahm, die beiden umarmte und ihnen Getränke anbot, wurde ihr übel.

 

Das war dann der Moment, als Buffys Augen aufgeflogen waren und sie den Drang verspürte, sich zu übergeben. Eigentlich sogar mehr als einen Drang. Sie konnte nicht anders. Sie starrte sich selbst im Spiegel an. Ihre Zeichen. Sie pulsierten und schmerzten wieder. Sie schloss fest ihre Augen und versucht das Bild auszublenden, das sie gesehen hatte. Was passierte mit ihr? Was bedeutete das? Wie war das passiert? Sie drehte durch, das war alles.

 

Lindsey klopfte von der anderen Seite an die Tür. Sie zog die Tür auf und sah sein besorgtes Gesicht. Sie hatte in diesem Moment eine Entscheidung getroffen. Sie konnte es nicht erklären und verstand es nicht, aber sie wusste, dass sie es tun musste. Etwas sagte ihr, dass sie es tun musste, dass sie es brauchte.

 

„Ich will zu Giles. Jetzt.“

 

„Buffy, was ist passiert? Ist etwas passiert? Erinnerst du dich an etwas?“

 

Sie stieß kurz ein hysterisches Lachen aus.

 

„Das wäre doch was.“

 

Lindsey ergriff ihre Arme und zwang sie, ihn anzusehen.

 

„Was zur Hölle ist gerade passiert, Buffy? Du machst mir Sorgen. Sag mir jetzt was es ist!“

 

Sie starrte zu ihm, in den einsamen Ausdruck seines Gesichtes. Sie öffnete ihren Mund, um es ihm zu sagen und machte ihn dann wieder zu. Nein, sie konnte es nicht. Er würde sich Sorgen machen. Nein, er würde ausrasten. Sie konnte es ihm nicht sagen.. Noch nicht. Nicht bis sie mit Giles gesprochen, bis sie Antworten hatte. Ja, sie vertraute Lindsey, aber sie hatte Angst, dass seine Gefühle für sie alles andere verschleiern würden. Sie wollte jetzt keine Gefühle, sie wollte TATSACHEN. Kalte, harte Tatsachen.

 

„Ich muss mit Giles reden. Das ist alles, was ich dir sagen kann.“

 

„Wir gehen nicht, bevor du es mir sagst.“

 

Sie blickte nach unten.

 

„Es tut mir Leid, Linds.“

 

„Das ist o-“

 

Er kam nie dazu, diesen Satz zu beenden, weil Buffy ihn stoppte und k.o. schlug.

 

„Es tut mir wirklich Leid, Linds. Verzweifelte Zeiten rufen nach verzweifelten Maßnahmen.“

 

Sie legte ihn so, dass er es bequemer hatte. Sie ging durch die Tür, zog sie hinter sich zu und schloss sie ab. Sie würde mit Giles sprechen. Ungestört und alleine.

 

 

Kapitel 18

 

Giles saß da und studierte ein Buch über Hypnose, Amnesie und Gehirnwäsche, während Angel im Internet suchte und Spike abwechselnd über Angels und Giles Schultern blickte.

 

„Also ehrlich, Spike, denken Sie nicht, dass Sie etwas Produktiveres machen können?“, blaffte ihn Giles fast an.

 

„Ich weiß nicht, was ich sonst tun soll! Wenn es nach mir ginge, würde ich Quentin Travers seinen Kopf abreißen, aber da draußen scheint jetzt die Sonne!“, rief Spike aus. „ODER, ich wäre da draußen und würde nach meiner Lady suchen.“

 

„UNSERER Lady“, warf Angel ein.

 

„Richtig. UNSERER Lady.“

 

„Also treiben Sie uns lieber in den Wahn-“ Giles stoppte, als Spike eine Hand hob. Er hatte einen drängenden Ausdruck im Gesicht. „Was ist los?“

 

Angels Kopf schoss hoch.

 

„Sie ist hier. Jedenfalls in der Nähe. Wo zur Hölle ist dieser verdammte Zauber jetzt? Herrgottnochmal Spike, kannst du es nicht einmal lassen?“

 

„Fang bloß nicht-“

 

„Seid ruhig, ihr beiden“, schnappte Giles. Er winkte mit seiner Hand durch die Luft und sprach ein paar Sätze auf Latein. „Da. Fertig. Setzt euch irgendwo hin, wo sie nicht zufällig über euch stolpert oder sich auf euch setzt.“

 

Angel und Spike verhielten sich so wie zwei Schulkinder, die gerade vom Schulrektor getadelt worden waren und setzten sich auf die Treppen, die zum oberen Bereich führten. Sie hatten eine gute Sicht ins Wohnzimmer und es war klar, dass sie nichts verpassen würden.

 

Giles reckte sich, als es an der Tür läutete. Er ignorierte die hoffnungsvollen Gesichter von Spike und Angel, als er sich auf den Weg zur Tür machte. Er öffnete sie und tat so, als wäre er überrascht, Buffy zu sehen.

 

„Hallo Buffy. Wie geht es dir?“

 

„Gut, danke. Kann ich reinkommen?“

 

Sie sah jedoch nicht gut aus. Sie sah durcheinander aus. Ihre Augen blickten verwirrt, ihre Hände fuchtelten herum. Sie zitterte und ihr Haar fiel aus der spange, die es auf ihrem Kopf hielt.

 

„Natürlich.“ Und Giles trat zur Seite, um sie hereinzulassen. „Wo ist Lindsey? Wird er sich zu uns gesellen?“

 

„Äh, nein. Er macht, äh, ein Nickerchen.“

 

„Oh? Lange Nacht gestern?“

 

Sie warf ihm einen skeptischen Blick zu.

 

„Woher wissen Sie das?“

 

„Geraten. Du bist doch jetzt eine Jägerin, oder?“

 

Sie nickte abwesend und blickte durch den Raum, während sie sich an das Zeichen an ihrem Nacken griff und darüber rieb.

 

„Fühlst du dich gut, Buffy?“

 

Sie zog an ihrer spange und schien zu bemerken, dass ihre Haare rausfielen. Sie blickte sich um und marschierte zum Spiegel. Dem Spiegel am Fuße der Treppe, auf der Spike und Angel saßen. Sie zog an ihrer spange und ihre blonden Haar fielen frei hinunter. Sie machte kurzen Prozess damit, die wilde Mähne wieder hochzubinden. Giles konnte sehen, dass Spike und Angel sie anstarrten. Ihre Hände brannten darauf, sie zu berühren, das wusste Giles. Sie blickten voller Ehrfurcht und Liebe zu Buffy. Als sie davonging schlossen beide ihre Augen und genossen die Nähe zu ihrer Geliebten.

 

Buffy ging an den offenen Büchern vorbei, in denen Giles gesucht hatte und blieb stehen. Sie sah sich die Buchdeckel an und sah dann zu ihm auf.

 

„Interessantes Zeug haben sie hier. Planen sie, von jemandem den Verstand zu kontrollieren?“

 

„Nein, ich denke, dass würde nicht richtig sein.“

 

„Ja, Sie haben wahrscheinlich Recht“, murmelte sie.

 

„Was geht dir durch den Kopf, Buffy? Nervt dich Lindsey?“

 

„Nein, natürlich nicht. Lindsey ist toll.“

 

Warum sah sie plötzlich so schuldig aus.

 

„ Ich kann mir vorstellen, dass er ein kluger Wächter ist. Wo Quentin ihn doch trainiert hat.“

 

„Ja, das ist er. Hören Sie, ich habe ein paar Fragen, die ich Ihnen stellen möchte.“

 

„Das habe ich mir gedacht. Warum setzt du dich dann nicht.“

 

Sie setzte sich auf den Rand der Couch und atmete tief ein. Giles setzte sich auf seinen Sessel und wartete geduldig. Er bemerkte, dass Spike und Angel näher kamen. Es war nicht so, als mussten sie näher kommen, um besser zu hören. Giles wünschte sich so sehr, dass er alle wieder vereinen und ihre Schmerzen erleichtern konnte.

 

„Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll“, gab sie zu.

 

„Am Anfang wäre gut.“

 

„Sie wissen, was mir passiert ist....wie Spike und Angelus....was sie mir und meiner Mutter angetan haben.“

 

Giles nickte. Über ihren Kopf konnte er die Verzweiflung sehen, die Angel und Spike deutlich ins Gesicht geschrieben stand. Giles wurde klar, dass es wahrscheinlich eine Sache war, wenn sie von ihm hörten, was Quentin ihr angetan hatte, was er sie glauben machte, und eine andere Sache, wenn sie es aus ihrem Mund hörten. Er stellte sich vor, dass es dadurch nicht nur viel realer wurde, dass sie sie hasste, sondern auch viel schmerzhafter.

 

„Ja, ich weiß.“

 

„Nun, sehen Sie, sie haben mich gebissen. Oft. Hauptsächlich meinen Arm und meinen Nacken. Ich denke nicht einmal, dass sie viel von mir getrunken haben. Ich denke, sie haben die Tatsache genossen, dass es mehr als alles andere schmerzte. Sie schienen es geliebt zu haben, mich vor Qual zum schreien zu bringen.“

 

Sie erschauerte wegen der ‚Erinnerung‘. Genauso wie Spike und Angel.

 

„Jedenfalls habe ich in letzter Zeit die Zeichen oft gespürt - besonders zwei. I-ich weiß nicht, was das bedeutet.“

 

Giles nickte und lehnte sich vor.

 

„Was hast du gemeint damit, dass du sie of‘ ‚gespürt‘ hast? Haben sie geprickelt? Geschmerzt? Sind sie heiß?“

 

Ihre Augen weiteten sich.

 

„Ja, genau das ist es. So aus heiterem Himmel ganz plötzlich. Und heute-“ Sie sprang auf. „Heute hat mir Lindsey geholfen zu meditieren und....es war seltsam. Unheimlich seltsam.“

 

Er bemerkte, wie Angel bei der Erwähnung der Meditation strahlte und wie Spike ihn zur Bestätigung auf den Arm schlug.

 

„Wieso war es unheimlich seltsam?“

 

„Nun, zuerst habe ich mich irgendwie gefühlt, als wäre ich vorher schon da gewesen-“

 

„Als wäre es ein Ort, den du schon mal besucht hast?“

 

„Richtig. Nur denke ich nicht, dass ich es jemals getan habe.“

 

„Wie hast du dich an diesem Ort gefühlt?“

 

„Sicher.“

 

„Das ist dann ein guter Platz, wo du hingehen kannst, wenn du meditierst.“

 

„Gott, Sie klingen wie ein Seelenklempner. Nein“ Sie schüttelte ihren Kopf. „Es ist KEIN sicherer Ort für mich, egal wie sicher es war. Der Ort ist verschmutzt.“

 

„Wodurch?“

 

„Durch Spike und Angelus.“

 

„Oh?“

 

„Da war eine Höhle, mit einem Wasserfall davor. Ich bin in diese Höhle gegangen.“

 

„Was hat dich dazu gebracht?“

 

Sie zuckte mit den Achseln.

 

„Mir war so danach. Ich musste meine Umgebung kennenlernen.“

 

„Und?“

 

„Ich sah Dinge, die ich nicht sehen wollte. Es war wie ein Film, der abgespielt wurde. Fast so, als wäre es eine Erinnerung. Aber es war nicht echt. Da war eine andere Version von mir, meine Mutter war anders und es konnten ganz sicher NICHT Spike und Angelus sein.“

 

„Warum?“

 

„Sie hatten Seelen. Sie waren wirklich nett und ich habe sie offensichtlich GEMOCHT.“

 

„Was ist passiert?“

 

Sie erzählte Giles die Geschichte. Während dessen nickten Spike und Angel hinter ihr eifrig und zeigten mit breiten, albernen Grinsen auf sie. Scheinbar war das, was sie ‚gesehen‘ hatte, wirklich passiert.

 

„Und das zu sehen.....davon ist mir schlecht geworden.“

 

„Was hast du getan?“

 

„Ich zwang meine Augen auf, rannte ins Badezimmer und übergab mich.“

 

Jetzt blickten die Vampire regelrecht niedergeschlagen, als wäre ihnen das Herz rausgerissen worden. Nun, im Wesentlichen war das auch passiert.

 

„Du denkst, dass das, was du gesehen hast, irgendeine Verbindung zu deinen Zeichen hat, die dich quälen?“

 

„Ja, ich denke, dass sie mit meinem Verstand spielen.“

 

Giles verschluckte sich fast.

 

„I-ich weiß nichts davon, Buffy.“

 

„Vampire können ihre Opfer mit einem Bann belegen, richtig? Das bedeutet, dass sie mit deren Verstand spielen. Und indem sie mich gebissen haben, haben sie vielleicht Macht über meinen Verstand bekommen.“

 

„Ein Bann ist ähnlich wie Hypnose. Er kann Opfer dazu bringen, etwas zu sehen, sie dazu bringen, mit den Gedanken abzuschweifen oder sie dazu zwingen, im Trance etwas zu machen. Jedoch ist es nicht nur etwas, dass nur eine Person selbst machen kann, sondern es ist auch nicht denkbar, dass jemand so in deinen Kopf gelangt, wie du es erfahren hast.“

 

„Was passiert dann mit mir?“, fragte sie fast schon trauernd.

 

Giles war ratlos. Sollte er die Beanspruchung erwähnen? Wusste sie davon?

 

„Die Reaktionen, die du auf deine Bisswunden hast könnten bedeuten, dass sie dich beansprucht haben.“

 

„Mich beansprucht haben?“

 

„Hat dir Lindsey überhaupt nichts beigebracht?“, fragte Giles gereizt. „Beanspruchen ist, nun, einen Gefährten beanspruchen. Es ist wie eine menschliche Hochzeit zwischen Vampiren, nur viel stärker. Beanspruchen beinhaltet Blut und das Wort ‚mein‘, weil Vampire besitzergreifende Kreaturen sind. Und die Beanspruchung eines Gefährten sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Einen Gefährten zu beanspruchen bedeutet für einen Vampir, sie zu besitzen, zu lieben-“

 

„Sie können da aufhören. Wenn diese Bastarde mich beansprucht haben, war das NICHT, weil sie mich liebten.“

 

Sie zitterte vor Wut.

 

„Es ist auch möglich, dass sie dich nur beansprucht haben , um dich zu besitzen.“

 

„Und um mich zu kontrollieren? Könnten sie durch die Beanspruchung in meinem Kopf etwas durcheinander bringen?“

 

„Das ginge zu weit. Beanspruchen kann eine Menge Dinge tun. Es kann, zum einen, deine Reaktion auf die Bisswunden erklären, die du hast.“

 

„Warum nur die beiden?“

 

„Das könnetn die Zeichen sein, mit denen sie dich beansprucht haben.“

 

„Ich kann mich nicht daran erinnern, dass sie ‚mein‘ gesagt haben. Natürlich war ich auch nicht sehr oft bei Bewusstsein.“

 

„Du könntest beansprucht worden sein. Die Zeichen könnten dich wissen lassen, dass sie in der Nähe sind. Jemanden zu beißen - und dann am Leben zu lassen - ermöglicht es dem Beanspruchten, den Vampir zu bemerken, der ihn gebissen hat.“

 

„Wie eine Überlebenssache? Lasst die Opfer wissen, wo der Vampir ist, der sie gebissen hat, damit sie sich retten können?“

 

„Vielleicht für Menschen, wenn sie widerwillig sind.“ Äh, ich habenoch nie auf diese Weise daran gedacht. Vielleicht für die widerwilligen Beanspruchungen - konzentrier dich Giles. „Nicht für Vampire, die sich gegenseitig beanspruchen.“

 

„Wer zur Hölle würde sich freiwillig von einem Vampir beanspruchen lassen?“, spuckte sie aus. Etwas brach in ihr und sie begann zu zittern. „Sie sagen, dass sie in der Nähe sein könnten? Sie könnten nach mir suchen?“

 

Sie schlang ihre Arme in einem schützenden Kokon um sich.

 

„Du wusstest, dass sie das eines Tagen tun würden, nicht wahr Buffy?“

 

Das verängstigte Mädchen, das er noch vor einer Sekunde gesehen hatte, verändert sich. Sie schob ihr Kinn vor, ballte ihre Fäuste an der Seite und streckte ihre Haltung. Ihre Augen wechselten vom verängstigten Ausdruck zu einem voller Kälte, Wut und Entschlossenheit.

 

Sie antwortete nicht, aber das brauchte sie auch nicht. Sie wusste es. Giles wusste, dass es das war, worauf diese Buffy wartete. Und jetzt wartete die Buffy, die sie in ihr zerdrückt hatten, auch. Sie wartete darauf, dass sie gerettet wurde. Wartete darauf, mit ihren Geliebten wiedervereinigt zu werden.

 

„Die interessante Sache ist die Höhle, die du gesehen und betreten hast. So etwas zu betreten, eine Höhle, ein Loch, etwas mit Tiefe, so etwas Dunkles, bedeutet gewöhnlich, dass man sich tiefer ins Unterbewusstsein begibt.“

 

„Und das bedeutet?“

 

„Das ist der Ort, wo deine tiefsten und dunkelsten Gefühle, Bedürfnisse, Ängste und Träume herkommen. Sogar ein paar der Erinnerungen, die du vielleicht verdrängt hast.“

 

„Wollen Sie damit sagen, dass das, was ich gesehen habe, mein tiefstes Bedürfnis ist? Das ist das Abstoßendste, was ich jemals gehört habe. Und nicht zu vergessen ist es unglaublich VERRÜCKT.“

 

Sie war jetzt empört. Ihre Augen blitzten und Giles fragte sich, ob sie ihn jetzt jede Minute schlagen würde.

 

„Hast du jemals von Kindern gehört, die Missbrauchopfer geworden sind und die die schlechten Erinnerungen als Schutzmechanismus verdrängen?“

 

Sie blickte ihn müde an.

 

„Wollen Sie sagen, dass mein Verstand das, was passiert ist, als Schutzmechanismus in eine Art ‚Heile Welt‘ verwandelt hat?“

 

Giles nickte.

 

„Dein Verstand erschafft etwas glückliches, um die unerfreulichen Erinnerungen loszuwerden.“

 

„Unerfreulich? Untertreibung.“

 

„Das sind alles nur Möglichkeiten. Der Verstand ist ein mächtiges Instrument, Buffy. Er lässt Dinge passieren. Nimm zum Beispiel die Amnesie. Die vollkommene Blockade der Erinnerungen. Erinnerungen, die man sein ganzes Leben angesammelt hat, einfach ausgelöscht. Oder Hypnose. Die Person, die einen hypnotisiert, hat die vollkommene Kontrolle über jemanden. Sie können die Person, sagen wir mal, wie ein Huhn gackern lassen, wenn sie wollen. Man hat keine Kontrolle darüber. Es ist faszinierend.“

 

Jetzt sah sie ihn an, als wäre er verrückt.

 

„Ja, das ist....faszinierend.“

 

Tief einatmend danke sie ihm und machte sich auf zur Tür.

 

„War es mir möglich, dir irgendwie zu helfen, Buffy?“

 

„Ja, ganz bestimmt. Es scheint, dass ich noch viel Arbeit zu erledigen habe.“

 

„Ist das so?“

 

Sie nickte.

 

„Da sind ein paar Vampire, auf die ich mich vorbereiten muss. Ich muss herausfinden, was zur Hölle mit mir passiert und muss dem ein Ende setzen“ Sie lächelte böse und stieß ein teuflisches Glucksen aus. „Es wird so Viel. Spaß. Machen.“

 

Sie öffnete die Tür und trat einen Schritt hinaus. Dann drehte sie sich um und winkte Giles zu.

 

Giles schloss die Tür hinter ihr und drehte sich zu Spike und Angel. Angel runzelte die Stirn und Spike lief vor sich hin fluchend hin und her.

 

„Nun es scheint, dass sie euch jetzt erwartet“, sagte Giles zu ihnen.

 

Angel sah zu ihm auf.

 

„Ja, es scheint so. Ich hoffe, dass wir bereit für sie sind.“

 

„Angst, Angel?“

 

Spike begann nervös zu lachen.

 

„Die Tiefe ihres Hasses für uns darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden, Spike“, schnappte Angel. „Erinnerst du dich daran, wie du dich gefühlt hast, als diese Vampire dich und Buffy angegriffen haben? Erinnere dich daran, wie es sich angefühlt hat, sie so verletzt und fast tot zu sehen. Erinnerst du dich an die Wut, die du gespürt hast? Stell dir jetzt vor, wie sie sich fühlt, wenn sie daran denkt, was wir Joyce angetan haben.“

 

Spike wurde still.

 

„Es scheint, als hättet ihr noch eine andere Möglichkeit“, drängte sich Giles dazwischen.

 

„Was?“, fragte Angel verwirrt.

 

„Ihre Meditation? Ich denke, dass das ein Weg ist, um sie zu erreichen. Sie hat wieder eine Verbindung zu diesem Ort in ihrem Verstand hergestellt, wo ihr sonst nur Dunkelheit erreicht habt.“

 

„Falls sie sich entscheidet, wieder zu meditieren. Das wird sie wahrscheinlich jetzt nicht machen wollen. Ihre Reaktion auf die Erinnerung war nicht gerade ermutigend.“

 

„Sie wird.“

 

„Woher wissen Sie das?“, fragte Spike.

 

„Morbide Faszination. Manchmal können wir uns einfach nicht davon abhalten, das zu tun, was uns abstößt.“

 

Spike schüttelte seinen Kopf.

 

„Sie haben einen angsteinflößenden Verstand, Rupert.“ Dann lächelte er. „Ich mag das.“

 

 

Kapitel 19

 

Buffy wusste, dass sie höllisch dafür zahlen musste, wenn sie zu Lindsey zurückkehrte. Sie nahm sich die Zeit auf dem Weg nach Hause und versuchte zu ergründen, was sie Lindsey darüber sagen würde, warum sie Giles so dringend und ohne ihn sehen musste. Es war eine Tatsache, dass sie es ihm nicht sagen wollte. Sie wollte es vorher nicht. Sie wollte es jetzt nicht und sie dachte auch nicht, dass sie es müsste. Er würde nur denken, dass sie durchdrehte. Dann würde er laufen und es Quentin erzählen und Gott weiß, was Quentin dann von ihr vermutete. Nein, das war etwas, dass sie alleine machen musste - besonders wenn Spike und Angelus sie tatsächlich beansprucht hatten. Das war IHR Kampf. Sie hätte zu einer Zeit Lindseys Hilfe in Anspruch genommen, um sie zu besiegen, aber jetzt wusste sie, dass sie seine Hilfe nicht wollte. Sie wollte diesen Kampf. Sie BRAUCHTE diesen Kampf.

 

Doch würde Lindsey Quentin sagen, dass sie etwas vor ihm verbarg? Das würde ein Durcheinander sein. Oh Himmelherrgottnochmal. Warum musste sie ihn auch schlagen? Das war ein wenig extrem gewesen und wahrscheinlich nicht die beste Idee. Aber sie fühlte sich so wild, dass sie überhaupt nicht nachgedacht hatte. Alles was Lindsey tun wollte, war, ihr zu helfen. Er wäre  wahrscheinlich aufgeregt gewesen, wenn sie ihn beteiligt hätte. Nun, dann würde sie ihn eben beteiligen.

 

 

*****

 

 

Lindsey war eine lange Zeit aufgewacht, bevor Buffy zurückgekommen war. Er wechselte zwischen hin und her laufen und sich in dem großen, luftigen und geschlossenen Raum zu setzen. Er grübelte darüber nach, wie sein Leben zu diesem Punkt gekommen war. Hatte er darum gebeten? Ja. Er hatte ein Wächter sein wollen. Er wollte den Ruhm haben, den Hilflosen helfen, das Böse zu bekämpfen und der Gute zu sein, wie es seine Eltern haben wollten. Er war immer geradeheraus und gerissen gewesen. Niemals war Lindsey McDonald etwas aufregendes passiert.

 

Nicht bis er die Welt der Dämonen betreten hatte. Dann war es vorbei mit geradeheraus und gerissenen und der Gute, als er der Liebling von Quentin geworden war. Lindseys hartes Arbeiten und schnelles Lernen und die Fälligkeit, jemandem die Hose abzuschwatzen, war Quentin ins Auge gefallen. Er hatte bald gelernt, dass Quentin hinterhältig war, verschlagen und machthungrig. Er war gefühllos, beherrschend und ein Lügner. Er hatte das alles übersehen können, seine Zeit abwartend, bis er eine klare Trennung von dem Mann durchführen konnte und seine eigene Jägerin zugewiesen bekam. Am liebsten ganz weit weg von Quentin und dem Rest des Rates.

 

Er wurde von dem Wirbelwind eingeholt, wie er selbst das Buffy Fiasko nannte. Sie hatten gemeinsam von ihr gehört. Er war da gewesen, als Quentin Faith und Wesley zur Überprüfung losgeschickt hatte. Er war auch da gewesen, als Wesley behauptet hatte, dass nichts besonderes an Buffy wäre. Er erinnerte sich auch, als Faith viel später am Tag zu ihnen gekommen war, als Wesley seinen Mentor Giles besucht hatte, und ihnen alles erzählte, was Wesley nicht erwähnt hatte.

 

Er erinnerte sich an die Wut in Quentins Augen, als er erfahren hatte, dass es wirklich möglich war, dass Wesley ihn angelogen hatte. Da er jedoch mit ETWAS Verstand geboren worden war, entschied er, wegen Wesley nicht ZU voreilig zu handeln. Statt dessen nahm er die Angelegenheit selbst in die Hand und behauptete etwas wie ‚wenn man etwas erledigt haben will, muss man es selbst machen‘. Also waren sie selbst abgereist, um Buffy zu sehen.

 

Das erste Mal hatten sie Buffy in der Nacht gesehen, als Quentin sich ihr auf dem Friedhof genähert hatte. Er hatte sich regelrecht in den Hintern gebissen, als er die Macht sah, die ihren kleinen Körper umgab. Lindsey hatte gesehen, wie sich die Rädchen in Quentins Kopf gedreht hatten und hatte gewusst, dass das der Anfang vom Ärger gewesen war.

 

Die Art, wie Buffy sich gegen Quentin behauptete, war erfreulich und amüsant zu sehen. Es war auch der größte Fehler, den sie gemacht hatte. Das war auch für ihn der Anfang vom Ende gewesen.

 

Als Quentin mit der verworrenen Idee angekommen war, Buffy zu entführen, hatte sich Lindseys Inneres dagegen gewehrt. So handelte man in seinen Augen nicht. Er konnte das Quentin natürlich nicht sagen. Er musste nur machen, was ihm gesagt wurde und Buffy von da an so gut er konnte helfen. Er hatte nie erwartet, sich in sie zu verlieben. Er hatte nie erwartet, dass die Sache so gottverdammt schwer war.

 

Wenn er vollkommen ehrlich mit sich war, hatte er nicht nur Angst wegen Buffy und was aus ihr wurde, sondern auch, dass er sie verlieren würde. Diese dunkle Seite, die Seite, die Quentin begeistert annahm und von der Lindsey nicht dachte, dass er sie in sich hatte, war da. Er wollte Buffy glücklich, gesund und frei. Und doch, die dunkle Seite wollte Buffy glücklich, gesund und frei - mit IHM. Er versuchte sein Bestes, das zu unterdrücken, aber sie brachte seine ursprünglichste Seite zum Vorschein. Und je mehr sie ihn wegdrängte, je mehr sie ihn zurückwies, umso stärker wuchs das Verlangen, sie zu besitzen.

 

Er war ständig mit sich selbst im Krieg. Wie im Moment.. Er war hin und hergerissen , weil er wollte, dass sie wusste wo ihr Platz war - bei ihm - und weil er versuchen wollte, sie zu verstehen. Was auch immer mit ihr während der Meditation passiert war und was sie dazu gebracht hatte, sich zu übergeben und so zu verzweifeln. Genug zu verzweifeln, um ihn zu schlagen. Oh, er war nicht immer SO vernünftig. Als er zuerst aufgewacht war, war er bereit gewesen ihr zu zeigen, wer genau der Boss war. Die Zeit hatte jedoch eine Art, seine Wut zu lindern. Besonders wenn er wusste, dass Buffy nicht zögern würde, a) ihn in seinen Hintern zu treten, wenn er aus der Reihe fiel und b) ihnen davonzulaufen. Sie würde dafür sorgen, dass sie sie niemals finden konnten. Keine Möglichkeit passte ihm.

 

Er hörte, wie die Tür geöffnet wurde, sah dort hin und beobachtete, wie Buffy langsam hereinkam. Er starrte sie an, als sie ihn sein Blickfeld kam. Sie sah fast nervös und betrübt aus. Das war ein fremder Gesichtsausdruck bei ihr.

 

„Hi“, sagte sie leise.

 

Er nickte ihr kurz zu. Nur weil er nicht SO wütend war, bedeutete das nicht, dass er überhaupt nicht wütend war. Er würde sie es noch bedauern lassen und sie ausquetschen soweit es möglich war.

 

„Es tut mir Leid“, sagte sie zu ihm und stand an der Tür, die sie jetzt geschlossen hatte.

 

Sie machte keine Anstalten, näher zu ihm zu kommen. Vielleicht hatte sie seine Gedanken gelesen und gesehen, was er wegen ihrer Frechheit mit ihr machen wollte.

 

„Warum hast du es getan, Buffy?“

 

„Du hast nicht auf mich gehört.“

 

„Alles worum ich gebeten habe, war, dass du mit mir sprichst, dass du mir vertraust. Etwas hat dich ganz offensichtlich aufgebracht und du hast mich geschlagen, als ich dir nur helfen wollte.“

 

„Du liebst mich.“

 

„Ja. Darum geht es aber jetzt nicht.“

 

„Darum geht es ganz bestimmt. Es GEHT darum.“

 

„Was?“, fragte er verblüfft.

 

„Deine Gefühle für mich verschleiern deine Wächterpflichten.“

 

Er sah von ihr weg. Er schmollte wie ein Kind, aber das war ihm egal.

 

„Nein, tun sie nicht.“

 

„Tun sie doch. Ob es dir klar ist und du es zugibt oder nicht. Ich habe es dir nicht gesagt, weil ich Angst hatte, dass du als Mann reagierst, der mich liebt und nichts als ein Wächter. Ich wollte keine Beratungsstunde, Lindsey. Ich brauchte Tatsachen.“

 

„Ich behaupte immer noch, dass ich sie dir hätte geben können.“

 

„Jetzt ist es zu spät. Es tut mir Leid. Ich....war ein wenig ausgerastet.“

 

„Ja, es fühlte sich ein wenig ausgerastet an“, sagte er trocken.

 

„Ich habe auf etwas reagiert, das mich verstört hat. Es hieß entweder kämpfen oder flüchten.“

 

„Ich denke eher, du kannst beides.“

 

„Wie oft muss ich dir sagen, dass es mir Leid tut, bevor du mir glaubst?“

 

„Wenn du es so sagst, als würdest du es meinen. Wenn du mir sagst, wofür du Giles gebraucht hast.“

 

Sie seufzte heftig und ging vorsichtig zu ihm rüber. Er beobachtete sie und wartete darauf, was sie tun würde. Er erwartete nicht, dass sie ihn umarmen würde, aber sie tat es. Sie schlang ihre Arme um ihn, so dass er ihre weichen und doch festen Brüste fühlen konnte, ihren Duft einatmete und darin schwelgte, sie um sich geschlungen zu haben.

 

„Es tut mir wirklich Leid, Lindsey“, sagte sie zu ihm und dieses Mal glaubte er ihr.

 

Ohne sie loszulassen fragte er sie:

 

„Was ist passiert? Sag‘s mir, Buffy.“

 

„Versprichst du, es nicht Quentin zu sagen?“

 

Ich werde dem Bastard nichts sagen. Ich werde nicht zulassen, dass er dir weiter wehtut, Buffy. Ich liebe dich.

 

„Ich verspreche es.“

 

Ihn immer noch haltend, atmete sie tief ein und fing an:

 

„Als ich meditiert habe bin ich irgendwo gelandet. Auf einer Weide...“

 

Lindsey hörte mit hingerissener Aufmerksamkeit zu. Sein Kinn ruhte auf ihrer Schulter, während sie ihm diese Weide beschrieb.

 

„Buffy, hast du zuvor schon einmal meditiert?“

 

Er fragte sich, ob es etwas aus der Zeit vor Spike und Angel war oder danach. Wenn es danach war, dann würde ihm das Sorgen bereiten.

 

„Nö.“

 

„Okay. Fahre fort.“

 

„Spike und Angelus sind aufgetaucht.“

 

Er festigte seinen Griff um sie und hielt seinen Atem an.

 

„Was ist passiert?“

 

„Sie haben....“

 

„Es ist okay. Du kannst es mir sagen.“

 

„Sie habe mich verhöhnt und mir gesagt, dass sie wegen mir gekommen wären. Dass sie mich töten würden, wie sie meine Mutter getötet haben.“

 

Lindsey zog sich zurück und zwang sie dazu, ihn anzusehen.

 

„War es das, was du mir nicht sagen konntest? Buffy-“

 

„Ich dachte, dass sie vielleicht einen Weg in meinen Kopf gefunden haben. Ich hatte Angst, dass, wenn ich dir das gesagt hätte, du vollkommen durchgedreht wärst und Quentin da mit reingezogen hättest.“

 

Er schüttelte seinen Kopf.

 

„Buffy, ich würde Quentin gar nichts erzählen, wenn du das nicht wolltest.“

 

„Aber du verantwortest dich vor ihn.“

 

„Das mache ich auf eine Art, ja, aber wenn es um dich geht und dem, was du mir sagen kannst - Buffy, du musst wissen, dass ich Quentin nichts sagen werde, von dem du nicht willst, dass er es erfährt. Es geht nur um uns beide. Nur du und ich. Zusammen. Okay?“

 

Er strich ihr über ihr Kinn und sie nickte. Er betrachtete sie für eine Weile.

 

„Ist da noch etwas?“

 

„Was denkst du darüber?“

 

„Weißt du von dem Beanspruchen?“

 

„Giles hat es mir gesagt.“

 

Er war verletzt deswegen. Er hatte nie die Chance bekommen, ihr das zu erklären. Er wusste, dass Angelus und Spike sie wahrscheinlich beansprucht hatten. Sie hatte die Bisswunden, um das zu beweisen. Durch Quentins Zauber glaubte Buffy jedoch, dass sie regelrecht von Bisswunden übersäht wäre. Wenn sie sie quälten, dann konnte Buffys eigenes Zielsuchgerät helfen, herauszufinden, ob Spike und Angelus sie gefunden hatten.

 

„Hat eine der Bisswunden dich geplagt?“, fragte er und studierte sie.

 

„Nein. Ich dachte nur, dass es einen Grund geben musste, warum sie so aussahen. Sie sahen so echt aus. Es hat mir Angst gemacht. Ich habe mich unvernünftig verhalten, ich weiß. Es war einfach....sie zu sehen....wie sie Spaß hatten und aufgeregt waren in der Erwartung mich zu töten....Ich bin durchgedreht.“

 

Ihr stiegen Tränen in die Augen und sie warf sich in Lindseys Arme. Lindsey wusste nicht, was er tun sollte, also hielt er sie nur. Er hielt sie und ließ sie bei sich weinen. Endlich. Endlich war sie zu ihm gekommen

 

„Es ist okay, Buffy. Ich werde sie dich nicht verletzten lassen. Ich verspreche es, okay? Ich habe dich einmal gerettet. Ich werde dich wieder retten. Glaubst du mir?“

 

Sie nickte.

 

„Wie wäre es mit etwas zu essen, vielleicht einem schönen warmen Bad und heute Nacht keine Jagd? Wie ruhen uns einfach aus. Wie klingt das?“

 

Sie zog sich zurück und warf ihm ein wässriges Lächeln zu.

 

„Das klingt gut, Linds.“

 

Er strich ihr ein paar Haare aus dem Gesicht und küsste sie auf die Stirn.

 

„Lass uns gehen.“

 

 

*****

 

 

Buffy gestattete sich, verhätschelt und wie eine Königin behandelt zu werden. Sie fühlte sich fast schuldig, weil sie ihn angelogen hatte, aber sie wusste, dass sie es tun musste. Sie wollte Lindsey nichts von den besonderen Bisswunden erzählen, die sie quälten und die ihr jeden Grund gaben zu glauben, dass sie tatsächlich beansprucht worden war. Sie wollte ebenfalls ganz sicher nicht erzählen, was sie während ihrer Meditation wirklich gesehen hatte. Er würde es Quentin erzählen und dem ganzen Rat, und sie dazu bringen, auf die Jagd zu gehen. Oder er würde versuchen, die beiden selbst zu erwischen. Sie konnte das nicht passieren lassen. Zum einen wollte sie nicht, dass Lindsey getötet wurde. Außerdem - und das wurde ihr mit noch größerer Schuld bewusst - war es IHR Kampf. Sie wollte sie ganz alleine bekämpfen. Mit niemandem sonst.

 

Sie ließ sich von Lindsey im Bett zudecken und auf die Stirn küssen, als wäre sie ein Kind. Er blickte mit einer Mischung aus Lust, Liebe und Glück auf sie runter. Sie wusste, dass er glücklich war, weil sie sich ‚mitgeteilt‘ hatte. Und sie hatte Recht gehabt, als sie entschieden hatte, seine Liebe für sie dafür zu benutzen, dass sie machen konnte, was sie wollte: Zu schweigen. Ihn denken zu lassen, dass sie sich ihm öffnete, bewirkte ein Wunder. Es hatte bei ihm ein falsches Sicherheitsgefühl zur Folge, da sie sich wie ein gutes kleines Mädchen benahm und ins Bett ging, wie er es verlangt hatte. Sie führte fast einen Siegestanz auf, als sich die Tür hinter ihm schloss.

 

Jetzt war es Zeit zu jagen.

 

 

*****

 

 

Spike stand in der Tür zu seinem Gästezimmer und hörte Giles und Angel zu, wie sie Pläne machten. Er hörte aber nicht einmal mehr die genauen Worte. Er sah aus dem Fenster und sein Blick wanderte in die dunkle Nacht. Buffy würde ohne Zweifel heute Nacht jagen. Wenn er Buffy kannte, dann wusste er, dass sie das tun würde. Was sie jetzt machen mussten, war, da rauszugehen und nicht noch mehr Pläne zu machen. Herumzusitzen und Pläne zu machen brachte sie nirgendwohin. Jetzt war es Zeit zu handeln. Besonders da Buffy sie jetzt erwartete. Er ging ins Wohnzimmer und steckte sich diskret den Magnetstein ein, den Giles auf seinem Schreibtisch liegengelassen hatte.

 

„Ich gehe ins Bett“, verkündete er.

 

Angel drehte sich mit erhobenen Augenbrauen um.

 

„Jetzt?“

 

„Ich bin verdammt müde. Habe nicht viel geschlafen. Und Buffy zu sehen...ich brauche einen klaren Kopf und so weiter. Ist es nicht das, was du mir immer erzählst?“

 

„Das ist es.“ Angel klang wachsam. „Ich denke, du hast Recht. Ich denke, ich sollte auch etwas schlafen. Ich kann nicht mehr gerade denken.“

 

Spike biss sich auf seine Lippe wegen dem Spruch, den er auf der Zunge hatte.

 

„Klingt gut. Ihr beiden habt Recht.“ Giles stand auf und streckte sich. „Bis Morgen.“

 

Er nickte beiden kurz zu und kletterte dann zu seinem Schlafbereich hoch.

 

„Nacht.“ Und Spike verschwand zu seinem Bett.

 

Er legte sich im Dunkeln auf das Bett und starrte an die Decke, während er Angel zuhörte, der sich auf das Bett im Nebenraum niederließ. Er wartete eine qualvolle Stunde, um sicher zu sein, dass er schlief und verschwand durch das Fenster. Er musste sich um ein Mädchen kümmern.

 

Angel hörte, wie das Fenster geöffnet wurde und schlich sich zur Fensterbank, von wo er Spike beobachtete, wie dieser über den Rasen lief.

 

„Ich wusste es“, brummelte er. „Kleiner Bastard.“

 

Angel griff nach seinem Magnetstein und folgte Spike direkt, indem er aus seinem eigenen Fenster sprang. Spike würde noch getötet werden. Und Angel wusste, dass, wenn Buffy diejenige wäre, die ihn auslöschte, sie Angel niemals vergeben würde, weil er Spike nicht beschützt hatte.

 

 

Kapitel 20

 

Buffy jagte heute Nacht nicht nur. Sie wollte sie zur Strecke bringen. Die Monster zur Strecke bringen, die ihr die Mutter geraubt hatten, die ihr das Herz geraubt und ihr Leben gestohlen hatten - so unschön es auch gewesen war.

 

Sie blickte immer wieder über ihre Schultern und erwartete so halb, dass Lindsey ihr nachkam. Sie gab zu, dass sie sich schuldig fühlte für die Art, wie sie seine Gefühle für sie ausgenutzt hatte. Sie hatte ihn ausgetrickst und sie wusste es. Zuerst hatte sie ihn niedergeschlagen und hatte ihn in einem zugigen Raum eingesperrt. Dann hatte sie ihn angelogen und seine Liebe für sie benutzt, um ihn hinter‘s Licht zu führen.

 

Was zur Hölle war mit ihr passiert? Sie war nicht berechnend und hinterlistig. Sie war nichts von den Dingen, die sie geworden war, seit...nun, das was noch etwas, was man Spike und Angelus vorwerfen konnte, oder?

 

Als Buffy auf einen Vampir stieß, der sich tatsächlich um seine eigenen Angelegenheiten kümmerte, hatte sie ihn im Nu gegen eine Steinwand in einer feuchten Gasse gedrückt. Der Schock und die Angst waren deutlich im Gesicht des Vampirs zu sehen und Buffy lächelte böse.

 

„Du bist der Todesengel“, sagte der Vampir ängstlich.

 

„Ich habe jetzt einen Spitznamen?“, fragte sie und streckte sich voller Stolz über diese Informationen.

 

Sie hatte sich einen Namen gemacht. Das war doch etwas.

 

„J....ja. Du hast ein paar meiner Brüder getötet.“

 

„Brüder, was? Meinst du das auf die ‚wir waren einmal miteinander verwandt‘ oder die ‚wir sind alle Vampire‘ Art?“

 

„Beides.“

 

„Oh. Wie fühlst du dich deswegen? Hast du Angst?“

 

„Habe ich.“

 

„Hast du jetzt mehr Angst als bei deiner Verwandlung?“

 

Er schloss fest seine Augen.

 

„Jetzt mehr Angst. Das ist das Ende.“

 

Sie presste den Pflock, den sie in ihrer Hand hatte, gegen seinen Rücken, damit er die Spitze fühlte.

 

„Vielleicht“, sagte sie heiser zu ihm. „Außer du kannst mir sagen, was ich wissen will.“

 

„Ich mache alles“, bettelte der Vampir.

 

„Spike und Angelus. Kennst du die?“

 

Die Augen des Vampirs weiteten sich.

 

„Ja, natürlich. Sie sind Legenden.“

 

„Ist das nicht schön“, höhnte sie und presste den Pflock fester an ihn. „Ich suche nach ihnen. Hast du sie gesehen?“

 

„Nein!“, schrie er schmerzerfüllt aus. „Das letzte was ich gehört habe, war, dass sie sich mit irgendeinem Mädchen in den Staaten niedergelassen haben.“

 

„Niedergelassen?“

 

„Ja, du weißt schon, zusammenleben--“

 

„Halt die Klappe. Ich weiß, was du meinst.“

 

In dem Moment spürte sie ihren Nacken und ihre Brüste. Die Wunden. Ihre Atmung wurde kürzer und kürzer. Die Erwartung ließ ihr Herz unregelmäßig hüpfen, ihren Puls rasen und pumpte Eis, wie sie meinte, durch ihre Adern. Ihr Mund wurde trocken und sie zitterte. Sie wusste jetzt, dass es Zeit war.

 

Sie drehte sich um und da war er.

 

Spike.

 

Ihr Peiniger. Der Mörder ihrer Mutter.

 

Sie stoppte dann, als sie aus dem Augenwinkel heraus bemerkte, dass der Vampir versuchte zu entkommen. Ohne sich umzudrehen streckte sie den Arm aus und pfählte ihn, bevor er noch weiter zurückweichen konnte. Staubpartikel flogen um sie herum, aber niemand schien es zu bemerken.

 

Buffy stand wie festgewurzelt, als sie dem Monster gegenüberstand, der sie so viele Nächte verfolgt hatte. Bilder von seiner Grausamkeit überfluteten sie und sie fühlte, wie ihr Körper als Reaktion darauf zitterte. Sie zwang sich selbst dazu aufzuhören. Zeige keine Furcht, sagte sie immer wieder zu sich selbst.

 

Sie hatte sich diesen Moment hundert Mal vorgestellt. Sie malte sich die Bewegungen aus, die sie benutzen würde, die Art, wie sie ihn und Angelus foltern würde, bevor sie sie pfählte. In all diesen Fantasien hatte sie nie gedacht, dass sie Angst verspüren würde. Doch wie konnte sie das nicht? Sie hatten es immerhin einmal geschafft, sie zu überwältigen.

 

Die Art wie er sie ansah war irritierend. Es war sanft und zärtlich. Es war die Art, wie er in ihrer Vision während der Meditation geblickt hatte. Sie schüttelte das aus ihren Gedanken.

 

„Wo ist dein Kumpan?“, fragte sie schließlich.

 

„Er ist in der Gegend. Buffy, ich will dir nicht wehtun. WIR wollen dir nicht wehtun.“

 

Sie fing an zu lachen und Spike zuckte zusammen.

 

„Machst du verdammt noch mal Witze? Ihr HABT mir bereits wehgetan. Ihr habt meine Mutter getötet.“

 

„Nein, haben wir nicht. Buffy, hör mir--“

 

Spike kam auf sie zu und sie griff mit erhobenem Pflock an. Sie wusste nicht, wie es passiert war, aber das nächste was ihr bewusst wurde, war, dass sie auf ihrem Hintern auf dem Boden saß. Sie sah auf und sah, dass Angelus neben Spike stand. Er sah sie traurig an.

 

„Es tut mir Leid, Buffy. Ich konnte dich das nicht tun lassen. Du hättest dir niemals selber verziehen.“

 

Sie sprang auf.

 

„Oh ich denke, das hätte ich geschafft. Hast du dich endlich entschieden, an der Party teilzunehmen, Angelus?“

 

„Angel, Buffy. Ich bin‘, Angel.“

 

„Ja, danke. Mir ist bewusst, wer du bist.“

 

Sie griff sie wieder an.

 

„Buffy, ich will dich nicht bekämpfen. Bitte Buffy. Hör einfach--“, meinte Spike, aber sie hörte ihn kaum.

 

Sie trat Angel mit einem Roundhouse Kick und er flog einige Zentimeter zurück, bevor er seine Balance wiederfand. Er richtete sich auf und sie ging wieder auf ihn los. Unterwegs verpasste sie Spike einen mächtigen Schups. Er stolperte ein wenig zurück und als er dann auf sie zuging, wartete sie genau auf den richtigen Moment, trat nach hinten aus und ließ ihre Faust zu Angelus fliegen. Angelus blockte sie und sie grinste ihn hämisch an, bevor sie seine kalte Hand mit ihrer Faust zusammenpresste und ihm gleichzeitig in den Bauch trat. Er knallte gegen die Wand und sie hob ihren Pflock, bereit zum Angriff. Spike, so spürte sie, kam näher und sie wusste, dass sie Angelus schnell pfählen musste. Keine Zeit für Folter.

 

Gerade als der Pflock fast sein Fleisch durchbohrte, drückten Arme ihre eigenen an ihre Seite. Sie hörte das Klappern ihres Pflocks, als dieser auf den Boden fiel. Sie stampfte so hart sie konnte auf Spikes Fuß und stieß ihm ihren Ellbogen in den Magen. Sie hörte ein ‚uff‘. Er ahnte jedoch ihre nächste Bewegung voraus und ergriff ihre Faust, die ihn ins Gesicht treffen sollte. Sie wirbelte herum und trat Angelus mit einem Roundhouse Kick, als er auf sie zukam. Sie schlug Spike mit der Faust und machte sich dann auf den Weg zu ihrem Pflock, als sich die beiden Vampire aufrichteten. Sie kam niemals so weit.

 

Bevor sie den Pflock erreichen konnte und als sie sich gerade bückte, um danach zu greifen, wurde sie von Spike an sich gezogen. Seine Arme waren um sie geschlungen und drückten wirksam ihre eigenen Arme an ihre Seite. Sie versuchte sich aufgerichtet hinzustellen, als sie ihn flüstern hörte:

 

„Vergib mir, Luv.“

 

Mit dem Schrei „NEIN“ von Angel verstand Buffy dann, was beide meinten, als Spikes Fangzähne sich auf ihren Nacken senkten. Ihre Augen weiteten sich und ihr Körper versteifte sich unter dem Angriff.

 

Sie sah Sterne und Explosionen voller Farben. Sie fühlte seine Liebe zu ihr, fühlte seine Sorge und Traurigkeit. Sie sah, wie er sie liebte, wie sie ihn liebte. Ihre Verstand raste durch die vielen Bilder, von denen sie nicht wusste, welche echt und welche falsch waren. Ihr Verstand drehte sich und ihr Blut rauschte. Es war zuviel, um das alles zu erfassen und sie fühlte, wie ihr Körper begann schwächer zu werden.

 

„Töte mich einfach“, wimmerte sie, bevor sie zusammenbrach.

 

 

Kapitel 21

 

„Denkst du überhaupt irgendwann mal nach“, brüllte Angel, als Buffy schlaff gegen Spike fiel.

 

Spike hob sie hoch, wiegte sie in seinen Armen und sah sie liebevoll an. Er zog sie eng an seine Brust und begann sich zu entfernen. Er machte Angel damit deutlich, dass er ihn ignorierte.

 

„Was du gerade gemacht hast, macht es schlimmer für sie! Nicht zu vergessen, dass wir jetzt eine ohnmächtige Buffy am Hals haben. Weißt du, wie schnell Lindsey und Quentin nach ihr suchen werden? Hast du überhaupt eine Ahnung, was du uns angetan hast?“

 

Spike wirbelte herum, immer noch mit Buffy fest an sich gedrückt.

 

„Ich habe getan, was ich tun musste! Ich werde diese verdammten Bastarde sie nicht länger benutzen und missbrauchen lassen. Sie ist mein Mädchen und ich bringe sie nach Hause!“, schrie er so laut, dass Angel sicher war, dass man sie in Newport hören konnte.

 

„Du hast ihren Verstand noch weiter durcheinander gebracht. Dass ist es, was du gemacht hast! Du hättest warten können. Du hättest nicht hinausgehen und sie suchen--“

 

„Warten? Auf was? Auf noch mehr Pläne? Etwas musste getan werden, Angelus! Wir würden ewig warten und sie niemals zurückbekommen bei der Art und Weise, wie du und Giles mit der Sache umgeht. Je länger wir warten, um so tiefer sinken ihre Klauen in sie und um so mehr verlieren wir sie. Ich bin nicht gewillt, noch länger zu WARTEN. Ich will mein Mädchen zurück und bei Gott, ich werde sie zurückbekommen.“

 

„Und was passiert, wenn sie aufwacht und dich immer noch hasst? Was passiert, wenn sie aufwacht und ihr Verstand nicht begreift, was mit ihr passiert ist? Du weißt nicht, was Quentin ihr angetan hat-“

 

„Er hat sie GENOMMEN. Das ist es, was er getan hat. Er hat genommen, was nicht sein war und hat sie verletzt. Er hat sie uns genommen, Angelus. Wir sind hergekommen, um sie zurückzuholen und das ist es, was ich getan habe. Ich habe sie zurückgeholt.“

 

„Du hast sie zurückgeholt, richtig Spike. Aber zu welchem Preis?“

 

„Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass du nicht glücklich bist, dass ich sie hier in meinen Armen habe. Sieh sie dir an, Angel. Sieh unser Mädchen an.“

 

Angel stoppte und sah zu ihr, nachdem Spike sie so in den Armen hielt, damit Angel besser einen Blick auf sie werfen konnte. Angels ließ die Schultern hängen und sein Gesichtsausdruck wurde weicher, als sich Tränen in seinen Augenwinkeln bildeten.

 

Buffy. Seine Buffy. Seine Erlösung. Ihre Erlösung. Zitternd streckte er eine Hand aus und schob ein paar der Haare aus ihrem wunderschönen blassen Gesicht. Sie sah so dünn, so müde, so erschöpft aus. Er wollte nichts mehr, als sie zurückzuhaben. Er wollte nichts mehr, als sie mit nach Hause zu nehmen, für sie zu sorgen, sie zu lieben, sie wieder gesund zu pflegen und ihren manipulierten Verstand zu beruhigen. Er wusste jedoch, dass das nicht einfach war. Dass es schwer für sie werden würde, für sie alle. Ihre Schlacht war noch nicht vorbei. Sie hatte gerade erst angefangen. Erneut.

 

Schweigend machten sich beide Vampire auf den Weg zu Giles. Giles wusste es natürlich. Er war auf und wartete. Er war nicht blöd. Er hatte den Knall des Fensters gehört, als Angel erfolgreich hinausgeklettert war. Er war sogar überrascht, dass Spike ihr nicht schon früher nachgegangen war. Spike war ein ruheloses, verzweifeltes Energiebündel und Giles hatte sich schon gedacht, dass Spike derjenige sein würde, der sie letztendlich zurückholen würde. Er hatte sich nicht bemüht, den beiden nachzugehen, da er wusste, dass er ihnen im Weg sein würde. Er blieb statt dessen zurück und lief auf und ab. Er betete auch. Betete zu den Göttern um Schutz für die drei. Sie brauchten es jetzt mehr als alles andere.

 

Als er sie schließlich auf das Haus zukommen sah, öffnete er lediglich die Tür. Er war nicht überrascht, Buffy in Spikes Armen zu sehen. Spike hatte einen benommenen Gesichtsausdruck, während der von Angel bedauernd war. Armer Angel. Er trug immer die ganze Last der Welt auf seinen Schultern. Er war immer derjenige, der sich um die Konsequenzen jeder Handlung sorgte. Ohne Zweifel war er jetzt durcheinander. Giles nahm an, dass bald auch Spike durcheinander wäre, wenn ihm klar wurde, dass Buffy zurückzuentführen - egal wie gerecht es war - zu weiteren schädlichen Resultaten führen würde. Kein Wunder, dass die beiden so viel stritten. Spike handelte nach seinen Instinkten und Angel unterdrückte sie. Sie stießen sich gegenseitig die Köpfe ein.

 

Buffy, so hatte er immer angenommen, war diejenige, die diesen Riss zusammenhielt. Sie erzeugte ein Gefühl für die beiden und machte es den beiden möglich, nebeneinander zu existieren. Sie war ihr möglich, mit ihnen und für sie und miteinander zu kommunizieren, wenn die beiden darin versagten, sich anders auszudrücken als mit Geschrei und Fäusten. Giles beobachtete ihren kaum unterdrückten Zorn und die Verbitterung für den anderen. Aber er hatte auch gesehen, wie sie zusammenhielten und sich unterstützt hatten. Wenn sie nur lernen konnten, übereinstimmender zu sein, anstatt ständig so abwehrend, dann wusste Giles, dass sie ein beachtliches Team abgeben würden. Und genau jetzt brauchten sie das.

 

Buffy mochte ihr Zusammenhalt sein, aber sie mussten andere Gründe finden, um zusammenzuhalten. Von dem, was Angel ihm erzählt hatte, hatte die Vergangenheit sie getrennt und Buffy sie vereint. Von dem, was Giles sehen konnte....hatte ihre Vergangenheit sie auch vereint. Ohne die Hilfe von Buffy, aber mit Hilfe von einem Teil Vertrauen und einem Teil Akzeptanz, könnten die beiden alle grundlegenden Probleme aus dem Weg räumen, die vergraben waren, seit die sie Entscheidung getroffen hatten, Buffy zu teilen und die Brüder zu sein, von denen Giles wusste, dass sie sie sein konnten. Vielleicht wussten sie es nicht, nicht bei dem Tumult, der Wut, der Traurigkeit und der Verwirrung, aber sie wollten es auch. Sie brauchten es.

 

Angel traf auf Giles besorgten Blick, als sie das Haus betraten und Giles setzte sich direkt in Bewegung, um Ketten und Fesseln zu suchen, um damit Buffy festzubinden. Spike legte sie auf sein Bett. Er legte sie so behutsam ab, als befürchtete, dass sie zerbrechen würde. Er nahm ihre Hand in seine und streichelte sie. Er blickte Giles warnend an, als Giles Buffy ans Bett fesselte. Dabei sorgte er dafür, dass ihre Knöchel ebenso wie ihre Handgelenke fest waren.

 

„Ist ihr nicht schon genug angetan worden“, flüsterte Spike rhetorisch.

 

Giles antwortete nicht, sondern blickte vielmehr auf den leblosen Körper auf dem Bett und bemitleidete das arme Mädchen. Was würde dem armen Mädchen noch passieren? Er bekam seine Antwort, als er bemerkte, dass Blut von ihrem Nacken tropfte. Er erhielt seine Antwort.

 

„Wissen Sie, was Sie getan haben?“, flüsterte Giles mit kaum unterdrückter Wut.

 

„Ich habe getan, was ich tun musste.“

 

„Sie haben sie nur noch mehr verletzt“, sagte Giles einfach zu ihm.

 

„Sie kann mich jetzt spüren. Sie kann UNS spüren.“

 

„Die Erinnerungen, die Quentin erschaffen hat, sind jetzt nicht alle weggewischt, Spike. Sie sind immer noch da. Sie wird verwirrt sein, verletzt, wütend und sie wird Ihnen die Schuld geben. Noch mehr, als sie es sowieso schon tut.“

 

„Sie wird zu mir zurückkommen.“

 

„Wenn sie Sie nicht vorher tötet.“

 

„Auf welcher Seite sind Sie eigentlich?“, brach es aus Spike heraus.

 

Giles blickte auf die kleine Frau auf seinem Gästebett.

 

„Auf ihrer.“

 

Spike sah ihn ausdruckslos an.

 

„Komisch. Ich auch.“

 

„Ich nehme, dass es besser ist, sich an etwas zu erinnern, als an gar nichts“, meldete sich Angel.

 

Giles sah zu seinem alten Freund. Er nahm an, dass es eine Reflexreaktion war. Wie bei Geschwistern: Sie konnten miteinander kämpfen, so viel sie wollten. Aber wenn jemand anderes sie angriff, war das eine vollkommen andere Sache. Spikes Gesichtsausdruck sagte Giles, dass er es nicht erwartet hatte, dass Angel ihn unterstützte.

 

„Wurde auch Zeit, dass ich etwas Respekt bekomme.“

 

Angel warf ihm dolchartige Blicke zu. Die Operation ‚Rettet Spike‘ war wie der Blitz verschwunden. Gut gemacht, Spike, deinen Mund aufzumachen.

 

„Du bist ein arroganter Narr. Du hast die Hölle an unsere Tür gebracht.“

 

Spike schüttelte den Kopf.

 

„Die Hölle war an dem Tag da, als sie entführt wurde.“

 

Angel blieb still und drehte sich zu Buffy zurück. Giles wusste, dass er zustimmte. Angel setzte sich an ihre Seite und sah sie nur an. Spike folgte sofort auf der anderen Seite. Giles beobachtete die drei und fragte sich, was sie zur Hölle noch mal jetzt machen sollten.

 

 

*****

 

 

„Buffy? Schläfst du noch?“, fragte Lindsey leise, als er ihr Schlafzimmer betrat.

 

Er war bereit, sie zu einem herzhaften Frühstück auszuführen, gefolgt von etwas ‚Einzeltherapie‘. Und dann, nun, das würde er Buffy entscheiden lassen. Sie brauchte einen freien Tag, brauchte einen Tag, um einfach nur ein Mädchen zu sein. Keine Jägerin, keine mutterlose Tochter, nichts außer ein Mädchen. Lindsey hoffte, dass das möglich wäre. Nach der letzten Nacht war seine Hoffnung gestiegen.

 

Er stoppte, als er sie auf ihrem Bett sah, vollkommen bedeckt. Er grinste, als Bilder davon, wie er eines Tages neben ihr im Bett liegen würde, durch seinen Kopf gingen. Alles zu seiner Zeit, dachte er und setzte sich wieder in Bewegung. Er setzte sich neben sie aufs Bett und legte seine Hand auf ihren Arm. Sein Grinsen begann zu verblassen. Buffy war nicht so nachgiebig. Sie bekam keine Druckstelle, wenn sie berührt wurde. Ein kühler Luftzug von seiner Linken ließ seinen Blick zum weit geöffneten Fenster wandern.

 

Er zog die Decke zurück und fand Kissen. Er stieß einen beherrschten frustrierten Schrei aus, sprang zum Fenster und entdeckte eine Menge Laken, die zusammengeknotet bis zum Boden führten. Er durchlebte innerhalb einer Sekunde eine ganze Skala von Emotionen: Wut, Verrat, Sorge und Angst. Er entschied sich für eine gesunde Mischung von Wut und Angst. Sie war letzte Nach verschwunden, um nach ihnen zu suchen. Nicht nur das. Sie hatte ihn auch ANGELOGEN. Sie hatte ihn AUSGENUTZT. Lindsey stolzierte zur Tür und entschied sich für folgende Handlungsweise: Zuerst würde er das Durcheinander aufräumen, das sie hinterlassen hatte und dann würde er sie suchen.

 

Er ignorierte die Stimme in seinem Kopf, die ihm sagte, dass seine Zeit offiziell abgelaufen war und konzentrierte sich statt dessen darauf, ihr ein für alle mal zu zeigen, sobald er sie gefunden hatte, wer hier der Boss war.

 

 

*****

 

 

Spike rieb sich seine Augen und orientierte sich. Die Vorfälle der letzten Nacht kamen zurück und er riss seine Augen auf. Er war offensichtlich neben Buffy eingeschlafen. Er blickte hinüber und sah, dass Angel das gleiche getan hatte. Er fragte sich, wie es Buffy am Tag gehen würde und reckte den Hals, um seine Antwort zu bekommen.

 

Sie starrte ihn an. Ihr Ausdruck war ohne Emotionen. Er sah Leere, keinen Funken, kein Leben, nichts. Sein totes Herz verkrampfte sich bei dem Anblick.

 

„Was hast du mit mir gemacht?“, flüsterte sie.

 

 

Kapitel 22

 

„Buffy, ich--“, fing Spike an.

 

„Ich kann meine Magie nicht benutzen. Ich bin gefesselt. Mein Kopf ist voller....“ Sie verschloss ihre Augen. „Warum bringst du mich nicht einfach um“, flüsterte sie schließlich.

 

„Buffy, Luv--“

 

„NENN MICH NIEMALS SO, DU MONSTER!“, schrie sie aus voller Brust und riss an ihren Ketten.

 

Angel fiel aus dem Bett, was unter anderen Bedingungen komisch gewesen wäre.

 

Spike starrte geschockt auf seine Geliebte. Die Kraft ihrer Wut war genug, um ihn umzuhauen. Aber da war noch etwas anderes. Sie zitterte und sie blickte wild um sich. Verwirrung und etwas anderes hatten für ihren Ausbruch gesorgt. Angst. Er konnte ihre Angst spüren.

 

„Buffy, beruhige dich“, versuchte es Angel und stand auf.

 

Sie schoss ihren Blick zu ihm.

 

„Beruhige dich? Was zur Hölle hat er mir angetan - was hast DU mir angetan?“

 

Angel warf Spike einen ‚Ich hab‘s dir ja gesagt‘-Blick zu, als Giles in den Raum platzte.

 

„Guter Gott, was soll denn das ganze Geschrei? Oh. Buffy, du bist wach.“

 

Ihre Augen weiteten sich.

 

„Sie? Sie kennen sie? Sie sollen doch ein Wächter sein!“

 

„Ehemaliger Wächter. Buffy, diese beiden Vampire haben ihre Seelen.“

 

Stille legte sich über den Raum und dann brach Buffy in hysterisches Gelächter aus und Tränen liefen ihre Wangen hinab.

 

„Seelen?“, brachte sie zwischen ihrem Gelächter hervor.

 

Der Tonfall ließ Angel und Spike Schauer über den Rücken laufen.

 

„Tötet mich einfach, tötet mich und beendet es“, sagte sie schließlich, als ihr Lachen abrupt abbrach.

 

„Nein. Wir lieben dich“, sagte Angel zu ihr.

 

Ihre Augen schlossen sich und sie schüttelte ihren Kopf, als sie versuchte gegen die Ketten zu kämpfen, die sie fesselten.

 

„Könnte ich bitte einen Moment mit Buffy sprechen?“, fragte Giles plötzlich.

 

Buffy öffnete ihre Augen und starrte ihn finster an.

 

„Sicher. Komm mit, Spike“, sagte Angel zu seinem Grandechilde.

 

Spike konnte nur nicken, während er sein Mädchen anstarrte. Sein Mädchen, das ihn hasste. Er folgte Angel mit gesenktem Kopf durch die Tür.

 

Giles beobachtete aufmerksam, wie Buffy ihn beobachtete. Sie war angespannt. Er konnte sehen, dass jeder Muskel in ihrem Körper wie ein Pfeil gespannt war. Ihre Atmung war abgehakt, ihre Augen blickten wild. Sie kam ihm vor wie ein eingesperrtes Tier, das sich seiner Umgebung nicht bewusst war, aber ganz sicher war, dass es nicht da war, wo es sein sollte oder wollte.

 

„Buffy, erinnerst du dich an etwas?“, fragte Giles, als er sich auf den einzigen Stuhl setzte, der gegenüber vom Bett stand.

 

„Was machen Sie? Warum bin ich hier? Wo ist Lindsey? Weiß er davon?“

 

„Buffy, alle diese Fragen werden beantwortet, wenn du meine beantwortest.“

 

Sie verengte ihre Augen zu Schlitzen.

 

„Ich muss mit Ihnen ein Geschäft machen? Wie soll DAS ablaufen?“

 

„Eine Antwort für eine Antwort?“

 

Sie biss ihre Zähne zusammen.

 

„Schön. Ich zuerst. Warum bin ich hier?“

 

„Dir wurde eine Ungerechtigkeit angetan und das muss korrigiert werden. Erinnerst du dich an etwas?“

 

Sie versteifte sich sogar noch mehr, falls das möglich war.

 

„Ich weiß nicht.“

 

„Was meinst du damit, dass du es nicht weißt?“

 

„Ich frage als nächstes!“, schrie sie ihn an. „Was werden sie mit mir machen?“

 

„Nichts, das dir schadet, das verspreche ich.“

 

„Ich bin gefesselt, von meinem Wächter weg, von meinem Zuhause weg, zusammen mit zwei Vampiren, die....die.....“

 

Sie schloss fest ihre Augen und ihre Unterlippe zitterte. Sie kämpfte um die Kontrolle.

 

„Und Sie werden mir nicht wehtun?“

 

„Wenn ich das Vertrauen haben könnte, dass du UNS nicht wehtust und davonrennst, dann würde ich dich umgehend losmachen.“

 

„Tun Sie‘s.“

 

„Es tut mir Leid, das kann ich nicht.“

 

„Es tut Ihnen nicht Leid“, höhnte sie.

 

„Es tut mir Leid, Buffy. Mir tut Leid, was dir passiert ist. Aber wenn du mich lässt, dann werde ich dir helfen. Ich werde dir helfen, die Wahrheit zu erkennen, was aus dir geworden ist. Ich bin ein ehemaliger Wächter, Buffy. Ich habe Vampire getötet, Dämonen und Götter. Ich habe Jägerinnen trainiert, das gleiche zu tun. Ich habe das viele Jahre gemacht. Ich glaube immer noch daran, dass man das Böse bekämpfen und Gutes tun soll. Glaubst du mir, wenn ich dir sage, dass ich Dämonen nicht in mein Haus einladen würde, in mein Leben, wenn ich glauben würde, dass sie Schaden anrichten würden? Wenn ich dir sage, dass Spike und Angel ihre Seelen haben, dann meine ich es.“

 

Buffy blieb still.

 

„Du glaubst mir doch, oder? Spikes Biss - Er hat dich Dinge sehen lassen, richtig?“

 

Sie blieb weiter still und sah von ihm weg.

 

„Buffy-“

 

„Lindsey wird mich finden. Quentin wird mich suchen, sobald er herausfindet, dass ich vermisst werde.“

 

„Quentin Travers ist der Teufel selbst“, brachte Giles nur mühsam hervor. „Lindsey McDonald ist nichts als einer seiner Lakaien.“

 

Buffy warf ihm einen eisigen Blick zu.

 

„Lassen Sie Lindsey in Ruhe“, sagte sie eisig zu ihm.

 

„Vertraust du ihm, Buffy?“

 

„Ich weiß nicht, wem ich vertrauen soll“, flüsterte sie und blickte aufs Bett.

 

„Vertraue dem, was du fühlst, Buffy.“

 

Ihr Kopf schoss hoch und sie starrte ihn abwesend an.

 

„Ich lasse dich jetzt alleine. Brauchst du noch etwas, bevor ich gehe? Die Toilette? Essen? Trinken?“

 

Sie schüttelte ihren Kopf. So stur wie sie war, würde sie wahrscheinlich niemals zugeben, dass sie etwas brauchte. Giles verließ sie und fühlte, wie ihm erneut das Herz für sie brach.

 

Spikes übereilte Entscheidung hatte erreicht, was er am meisten befürchtet hatte: Es hatte ihr zwei verschiedenen Erinnerungen verpasst. Einmal die von ihrem richtigen Leben, verbunden mit dem, was Travers manipuliert hatte. Das arme Mädchen wusste nicht, was richtig war, was sie glauben sollte, was sie fühlen sollte, wem sie vertrauen sollte. Sie war am Rande eines Zusammenbruchs, soviel war sicher.

 

Er fand Spike und Angel, die in seinem Wohnzimmer saßen. Angel starrte ausdruckslos durch den Raum, während Spike aus dem teilweise zugezogenen Fenster blickte.

 

„Sie ruht jetzt. Nun, jedenfalls soweit sie es kann“, informierte Giles sie.

 

Spike blickte zu ihm auf. Reue stand ihm deutlich im Gesicht geschrieben.

 

„Ich-ich habe nicht nachgedacht. Es tut mir Leid. Ich wollte ihr nur helfen. Ich wollte sie zurück. Wollte auslöschen, was sie ihr angetan haben.“

 

Giles öffnete seinen Mund, um etwas zu sagen, aber Angel war schneller.

 

„Es gab sonst nichts, das wir hätten tun können“, sagte er leise. „Sie sozusagen selbst zu entführen. Es gab keine andere Möglichkeit. Sie zu beißen...es hat etwas in ihr aufgerüttelt, das sie sonst nicht berührt hätte.“ Angel blickte fast schon entschuldigend zu Giles. „Es tut mir Lied, aber das ist wahr. Es geht um das Blut. Das Blut erinnert sich immer.“

 

Giles sagte nichts. Er wollte glauben, dass es etwas gegeben haben musste, was getan werden konnte, ohne so ein Aufruhr für das zierliche Mädchen in dem anderen Raum zu verursachen. Unglücklicherweise wusste er zur gleichen Zeit, dass Angel wahrscheinlich Recht hatte. Nun konnten sie nur noch warten. Buffy war zur Zeit in keinem Zustand, um ihnen mitzuteilen, was in ihr vorging. Sie wusste es wahrscheinlich selbst nicht einmal.

 

 

*****

 

 

Buffy starrte stumm an die Decke. Sie kämpfte gegen die Tränen, die ständig herauszuströmen drohten. Bilder, Worte und Gefühle wirbelten in ihr herum. Sie konnte keine genau bestimmen, und wenn ihr Leben davon abhinge. Tatsächlich wollte sie ihr Leben gar nicht retten. Sie wollte von der Verzweiflung und der Verwirrung wegkommen, die sie fühlte.

 

 

FLASHBACK

 

 

„Erzähl mir eine Geschichte“, sagte Buffy, als sie sich an Spikes Seite kuschelte.

 

Die Drei saßen auf der Couch. Sie faulenzten einfach und genossen die Gesellschaft des anderen. Sie saßen zusammengekuschelt auf der Couch. Angel hatte Buffys Beine über seinen Schoß drapiert und Buffy lehnte sich zu Spike und legte ihren Kopf auf seine Brust. Spike lächelte und drückte einen Kuss auf ihre Stirn. Angel lächelte und rieb ihr über die Beine.

 

„Okay, ich erzähle dir eine Geschichte.“

 

Buffy griff nach einer von Angels Händen und verschränkte sie mit ihrer eigenen. Spike schlang seinen Arm um sie und begann mit leiser Stimme zu sprechen.

 

„Es war einmal ein Mann“, begann er.

 

„Bist du der Mann?“

 

„Wirst du mich die ganze Geschichte durch unterbrechen oder lässt du sie mich erzählen?“

 

„Entschuldigung. Mach weiter.“

 

„Jedenfalls war da dieser Mann. Er war nichts Besonderes. Er war nicht der Schlauste oder der Schnellste. Er war in gar nichts der Beste. Er existierte einfach nur. Er zockelte durch sein Leben und versuchte einfach nur, da durchzukommen. Er versuchte nur so zu leben, wie er konnte. Manchmal bildete er sich auch ein, gutaussehend, intelligent, stark und unberührbar zu sein. Das war er aber nicht. Wie ich schon sagte, er existierte einfach nur.

 

Dann traf er eines Tages eine schöne Prinzessin. Sie erleuchtete seine Welt mit ihrem Glanz. Sie war die Sonne in seiner dunklen Welt. Alles war sie berührte erwachte zum Leben. Und als sie diesen Mann traf, brachte sie ihn zum Leben. Sie sah ihn und sah, was er alles sein konnte und sein würde. Sie wiederbelebte ihn, so dass er der Klügste, der Schnellste, der Stärkste wurde, aber, er war nicht unberührbar. Er konnte es nicht sein, weil er überall sein musste, wo die Prinzessin war. Sie hatte ihn berührt wie nur sie es konnte.“

 

„Hatten sie ein glückliches Ende?“, fragte Buffy und sah mit einem sanften Lächeln im Gesicht zu ihm hoch.

 

„Was denkst du denn?“, fragte Spike sie.

 

Sie legte ihrem Kopf wieder auf Spikes Brust und drückte Angels Hand.

 

„Ich denke schon. Dabei gab es zwei Männer und die Männer waren bereits so strahlend. Sie wussten es nur nicht. Wenn sie leuchtete, dann war das nur deswegen, weil sie die Freude widerspiegelte, die die beiden ihr gebracht hatten. Sie waren füreinander bestimmt und sie würden zusammenbleiben. Für immer.“

 

 

ENDE FLASHBACK

 

 

„Ich will meine Mommy“, wimmerte Buffy in Richtung der Decke.

 

Sie begann zu schluchzen. Dabei bemerkte sie die beiden Vampire nicht, die vor ihrem Zimmer standen und sich so hilflos fühlten, weil sie nichts anderes tun konnten, als ihrem schluchzen zuzuhören. Spike rutschte auf den Boden und weinte still mit seinem Mädchen. Und Angel lehnte seinen Kopf gegen die Tür. Seine Augen waren geschlossen und er hatte seine Arme um sich selbst geschlungen.

 

 

Kapitel 23

 

„Ich muss jetzt auf die Toilette!“, schrie Buffy aus voller Brust, als sie aus einem, wie es schien, jahrelangen Schlaf erwacht war.

 

Es war die einzige Flucht, die sie von ihren ‚Erinnerungen‘ hatte.

 

Giles kam eine Sekunde später hereingehetzt und biss sich auf die Lippen.

 

„Ich kann dich nicht einfach so gehen lassen“, sagte er mitfühlend zu ihr.

 

„Wie bitte?“

 

„Zur Toilette. Ich kann dich nicht einfach so gehen lassen und es riskieren, dass du flüchtest.“

 

Buffys Augen verengten sich.

 

„Was genau wollen Sie mir sagen? Dass sie dabeistehen, während ich am pinkeln bin?“ Sie schüttelte ihren Kopf. „Da würde ich eher ins Bett machen“, brummelte sie.

 

„Nun, das ist ein wenig extrem.“

 

„Was schlagen Sie dann vor?“

 

„Die Tür bleibt auf. Mach dein Geschäft, während die Tür offen ist und ich Wache stehe.“

 

„Kann ich dann auch duschen oder....?“

 

„Natürlich kannst du das. Ich nehme an, dass du Anziehsachen brauchst?“

 

„Ja. Ich habe nicht daran gedacht, mir für den Fall einer Entführung eine Tasche zu packen, als ich zur Jagd rausging“, sagte sie sarkastisch.

 

Giles nickte.

 

„Ich habe keine....Ich hätte vielleicht ein paar Shirts, die ich dir ausleihen könnte. Würde das fürs erste reichen?“

 

„Das wird es wohl müssen, oder?“

 

„Ja, ich denke, das wird es.“

 

„Okay dann.“

 

„Ich werde vor der Dusche stehen.“

 

„Sie machen doch wohl Witze, oder? Reicht es nicht, vor der Tür zu stehen?“

 

„Ich kann kein Risiko eingehen.“

 

„Weswegen? Ich denke nicht, dass ich wie MacGyver mit Seife und Shampoo meinen Fluchtweg finde. Ich bin ziemlich einfallsreich, aber ich denke nicht, dass ich das kann.“

 

„Ich kann dir nicht vertrauen, dass du nicht entkommst, oder Buffy? Kann ich dir vertrauen, dass du das nicht tust?“

 

„Nein, Sie können mir nicht vertrauen“, flüsterte sie und wählte damit, ehrlich zu ihm zu sein.

 

Er nickte und befreite sie schweigend vom Bett. Dann legte er ihr kleinere Handschellen an, mit einer Kette dazwischen bis zu den Füßen und zu den Knöcheln und führte sie zum Badezimmer.

 

„Wo sind die beiden?“, fragte sie müde.

 

Wie war es möglich, dass sie immer noch so müde war?

 

„Im Wohnzimmer. Sie dachten, dass du nicht willst, dass sie dich zum Badezimmer bringen.“

 

„Sie haben Recht.“

 

Sie folgte Giles den Flur entlang und erblickte die beiden schnell, die mit gesenkten Köpfen auf gegenüberliegenden Seiten im Wohnzimmer saßen. Sie fühlte das plötzliche Bedürfnis, zu ihnen zu gehen, hauptsächlich zu Spike, aber sie unterdrückte es, sobald es aufkam. Sie grub sich ihre Fingernägel in ihre Handfläche, um sich davon abzuhalten, nach ihrem Instinkt zu reagieren und starrte streng nach vorne. Direkt auf Giles Rücken.

 

Als Buffy das Badezimmer betrat, sah sie sich in ihrer Umgebung um. Da war ein Fenster im hinteren Bereich, doch es war hoch und klein. Auf keinen Fall konnte sie da durch entkommen. Sie seufzte heftig. Es gab keine Möglichkeit, ihnen zu entkommen. Angel und Spike waren direkt den Flur runter. Und wenn sie etwas bei Giles versuchte, dann wären sie in einer Sekunde hier. Sie musste das planen.

 

„Fühlst du dich gut?“, fragte Giles und holte sie aus ihren Grübeleien.

 

Sie warf ihm einen Blick zu.

 

Giles nickte.

 

„Richtig.“

 

Er sah sie an, als wollte er etwas sagen, doch Buffy unterbrach ihn.

 

„Kann ich jetzt aufs Klo?“

 

„Natürlich.“ Und er machte sich auf den Weg aus dem Badezimmer. Er blieb in der Tür stehen. „Versuch nichts, Buffy.“

 

„Keine Sorge, das werde ich nicht“, brummelte sie.

 

 

*****

 

 

Sie stand unter der Dusche und ließ das warme Wasser auf ihre Haut prasseln. Es fühlte sich an wie ein Stück Himmel inmitten der Hölle, von der sie umgeben war. Sie schloss ihre Augen und hatte ein Bild vor sich, wie Angel und Spike sie unter der Dusche liebten.

 

Ihre Augen flogen auf.

 

„Verdammt“, fluchte sie.

 

„Alles in Ordnung?“, rief Giles.

 

„Ja, es ist...toll“, rief sie zurück und drehte das heiße Wasser an.

 

Sie schrubbte ihren Körper weiter bis er ganz rot war. Sie musste zu Lindsey kommen.

 

Auch wenn es nicht ihr Shirt war, das sie sich anzog, fühlte es sich doch nett an, etwas sauberes anzuziehen. Sie benutzte die Reservezahnbürste, die Giles auf den Ablageschrank gelegt hatte und putzte sich die Zähne, während sie daran dachte, die Mörder im Nebenraum zu küssen. Sie spuckte die Zahnpasta aus, wischte sich über den Mund und starrte sich selbst im eingenebelten Spiegel an. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen, sie war blass und mager. Sie erkannte die Person kaum wieder, die sie im Spiegel ansah. Die ‚Erinnerungen‘, die Spike ihr gegeben hatte, zeigten eine glückliche, gesunde und strahlende Buffy.

 

Sie zwang sich zu einem Lächeln.

 

„Das ist etwas, was ich schon lange nicht mehr gesehen habe.“

 

Sie machte einen Riesensatz und wirbelte herum. Sie sah, dass Angelus im Türrahmen stand, anstatt Giles. Sie blickte ihn finster an.

 

„Was machst du da?“

 

„Giles hatte einen Anruf.“

 

Buffy eilte zur Tür. Ihr einziger Gedanke war, dass es Lindsey sein könnte.

 

„Lind--“, begann sie zu schreien, bevor Angelus seine Hand auf ihren Mund presste.

 

Sie biss ihn heftig und sein Blut spritzte auf ihre Zunge. Ihre Augen weiteten sich, genau wie die des Vampirs. Sie stolperte einen Schritt zurück, als weitere Bilder ihren Verstand überfluteten. Mehr Erinnerungen, Gefühle und Gedanken von Angelus. Sie überschnitten sich mit denen von Spike und fügten weitere hinzu. Sie sah sich selbst, wie sie auf Angelus Bett fiel, ihn küsste, ihn wollte, sich nach ihm sehnte. Sie sah, wie er sie tröstete, als sie um ihre Mutter weinte....ihre Mutter.

 

Sie fiel auf den Boden, schloss fest ihre Augen und griff mit ihren Fäusten in ihre Haare. Sie zog so heftig daran wie sie konnte, während sie schrie.

 

„NEIN!!“

 

„Buffy, stopp!“, hörte sie Angelus kaum rufen, bevor er zu ihr auf den Boden sank und ihre Fäuste aus ihren Haaren zog. Er schlang seine Arme um sie und zog ihren Körper gegen seinen.

 

„Was zur Hölle ist hier los?“, blaffte Spike, als er in den Raum gelaufen kam, gefolgt von Giles.

 

Angelus wiegte sie und versuchte sie zu beruhigen.

 

„Sie hat mich gebissen und hat etwas von meinem Blut aufgenommen“, sagte er zu ihnen.

 

Spike ließ sich neben die beiden fallen und streichelte ihre Haare.

 

„Sie erinnert sich an mehr?“

 

„Ja, ich denke schon“, murmelte Angelus. „Buffy, sprich mit mir. Was siehst du? An was erinnerst du dich?“

 

Sie antwortete nicht. Statt dessen wurde ihr Körper schlaff. Sie starrte zur Wand und sah nicht einmal, dass Spike vor ihr stand und hörte nicht einmal die Stimmen um sich herum, die versuchten, sie zum sprechen zu bringen.

 

„Sie hat dicht gemacht“, sagte Angel leise und hielt sie immer noch fest.

 

„Woher wissen Sie das?“, fragte Giles.

 

„Sie hat das getan, nachdem ihre Mutter gestorben ist. Sie hat sich nicht bewegt, nicht gesprochen. Sie hat sich in sich selbst zurückgezogen und kam nicht wieder raus, bevor sie nicht bereit dazu war. Sie hat mir und Angel ein paar Stunden lang einen Schrecken versetzt, das kann ich Ihnen sagen“ Spike lehnte sich vor und strich über Buffys immer noch nasses Haar. „Buffy Luv? Bist du da drin, Pet? Wir lieben dich, Kätzchen. Komm zurück zu uns, okay?“

 

„Das letzte was sie will, ist, zu uns zurückzukommen“, sagte Angel zu ihm, stand auf und hob sie mit sich hoch.

 

Angel trug sie in das Schlafzimmer und legte sie ab. Er zuckte zusammen, als Giles sie wieder an das Bett fesselte.

 

„Was ist passiert? Wie kam es dazu, dass sie dich gebissen hat?“, fragte Spike.

 

„Als sie hörte, dass Giles am Telefon war, dachte sie, dass es Lindsey wäre und begann nach ihm zu rufen. Ich habe meine Hand auf ihren Mund gelegt und sie hat mich gebissen. War er es?“

 

„Nein, aber ich erwarte in der nächsten Zeit von ihm zu hören. Er muss ganz wild nach ihr suchen. Meine Sorge ist es, dass Quentin davon erfährt.“

 

Spike knurrte bei dem Gedanken.

 

„Denkt ihr, es wäre möglich, dass Lindsey helfen könnte?“, platzte Angel heraus.

 

„Was?“, fragten Giles und Spike mit offenem Mund. „Wie?“

 

Sie sahen sich komisch an und Spike trat ein paar Schritte von ihm weg.

 

„Lindsey bedeutet für sie Sicherheit. Er hat sie vor uns ‚gerettet‘. Sie vertraut ihm im Moment und fühlte wahrscheinlich, dass er der einzige ist, dem sie vertrauen kann, weil sie, nun, nicht weiß, was mit ihr passiert. Sie hat alle diese Erinnerungen, die ihr im Moment durch den Kopf gehen. Sie kann nicht erkennen, welche echt sind und welche nicht.“

 

„Sie fühlt jedoch. Sie fühlt, welche echt sind und welche nicht“, fügte Spike hinzu.

 

„Das weißt du doch nicht. Sie redet nicht und was auch immer in ihrem Kopf vorgeht, beruhigt sie nicht gerade.“

 

„Sie denkt, dass Sie mit ihrem Verstand spielen“, sagte Giles plötzlich, deutete mit seinem Finger auf ihn, nahm seine Brille ab und reinigte sie mit seinem Shirt. „Sie glaubt, dass die Erinnerungen wegen eurer Beanspruchung ein Spiel mit ihrem Verstand ist.“

 

„Wenn also Lindsey sie so sehr liebt, wie er es sagt, dann wird er ihr vielleicht helfen. Er wird ihr die Wahrheit sagen. Hat er nicht gesagt, dass der einzige Weg ihr zu helfen der wäre, dass sie ihr altes Selbst wiederfinden muss?“

 

Angel begann auf und ab zu gehen.

 

„Lindsey wird uns nicht helfen. Er will Buffy für sich selbst. Er wird die Truppe rufen, damit er sicher sein kann, dass wir Staub sind und wir ihr nicht zu nahe kommen“, sagte Spike außer sich zu ihm.

 

„Es könnte noch eine andere Möglichkeit geben, um sie zu erreichen.“ Giles stoppte und setzte seine Brille wieder auf. Er blickte zu Angel hoch. „Denken Sie, dass sie in ihren Verstand kommen können?“

 

Angel blinzelte.

 

„Sie meinen, wie ich es bei ihrer Meditation getan habe?“

 

„Genau.“

 

„Denken Sie, dass sie da ist?“

 

„Sie ist irgendwo. Können Sie dort hinkommen?“

 

Angel blickte auf Buffy runter, die da lag und ausdruckslos an die Decke starrte.

 

„Ich werde nicht aufhören, bevor ich es schaffe“, versprach er.

 

 

Kapitel 24

 

Angel setzte sich neben sie auf das Bett, während Spike und Giles sich auf die andere Seite des Zimmers setzten, bereit für den Fall, dass Angel und/oder Buffy sie brauchten. Angel nahm Buffys schlaffe Hand in seine und platzierte erst einen sanften Kuss auf ihre Handfläche, bevor er begann.

 

Er schloss seine Augen und gestatte sich, sich niederzulegen und sich zu konzentrieren. Er entspannte seinen Körper und konzentrierte sich auf ihr Blut, das immer noch ein Teil von ihm war. Dieses Mal hatte er Buffy nicht, um ihn einzuführen, deshalb konzentrierte er sich darauf, sein Wesen auszustrecken, um sich mit ihrem zu treffen und zu verbinden.

 

Zuerst wurde ihm ihre Wärme bewusst, die sich durch seinen Körper verteilte. Dann bemerkte er eine prickelnde Empfindung, die in seinen Füßen begann und die bis in seine Haarspitzen wanderte. Dann fühlte er sie, alles von ihr, alles um sich herum. Es kam ihm vor, als hätten seine Füße aufgesetzt und er öffnete seine Augen. Was er sah erschrak ihn. Dies war nicht ihr glücklicher Ort. Wo sie war....er war nicht sicher. Da waren zwei Buffys in zwei verschiedenen Realitäten. Beide Seite an Seite.

 

In einer Realität war Buffy in einem dunklen Appartement mit ihrer Mutter und trank heiße Schokolade. Sie lächelte durch den Schmerz zu einer, wie es schien, müden, überarbeiteten und besorgten Joyce.

 

In der anderen Realität saß sie in dem Appartement, in dem sie gewohnt hatte, bevor ihre Mutter gestorben war. Es war hell, fröhlich und gemütlich. Sie war alleine in der Küche. Ihr Fuß tappte ungeduldig auf den Boden, während sie da saß. Sie wartete offensichtlich auf jemanden oder etwas. Sie blickte zu Angel.

 

„Du hast es geschafft“, sagte sie einfach zu ihm.

 

„Wo bin ich, Buffy?“

 

„In meinem Verstand, du Dummerchen. Das wusstest du doch schon.“

 

„Was ist mit deiner Weide passiert?“

 

„Buffy...vertraust du mir?“, fragte Angel, als er durch die Küche trat, in der Buffy saß.

 

„Natürlich vertraue ich dir. Du bist mein Angel.“

 

„Und Spike?“

 

„Natürlich. Ich liebe euch beide, das weißt du.“

 

„Was passiert hier, Buffy?“

 

„Oh, du meinst wegen dem anderen Ort?“, fragte sie und deutete auf die Wand, die die beiden Realitäten trennte.

 

Er nickte.

 

Buffy biss sich auf ihre Lippe und blickte traurig zur Wand.

 

„Es ist so traurig da drüben. So viel Schmerz, Verlust, Kummer.“

 

„Du weißt, dass es nie passiert ist.“

 

„Sie weiß das nicht.“

 

„Sie? Du meinst die andere Buffy da drüben?“

 

Buffy nickte traurig.

 

„Du siehst die Wand. Sie hat sie da aufgestellt. Sie will nichts sehen. Du bist da drüben nicht willkommen. Genauso wie ich.“

 

„Du und sie...ihr seid die gleichen“, erklärte er sanft.

 

„Nein.....diese Buffy hält an ihrer Verzweiflung fest. Das ist alles was sie kennt, alles was sie denkt zu kennen. Ihr Verstand gehört ihr nicht.“

 

„Hast du versucht, das zu durchbrechen. Hast du versucht, sie zu sehen?“

 

„Nein. Sie hält uns getrennt. Es ist mir nicht erlaubt. Wenn ich es versuche...werden schlimme Dinge passieren. Mit uns beiden.“

 

„Und was, Buffy?“

 

Buffy starrte ihn an.

 

„Sie will sterben“, flüsterte sie. Sie schüttelte traurig ihren Kopf und ihr Pferdeschwanz wippte hin und her. „Es ist wirklich traurig. Sie ist so verloren.“

 

„Hast du eine Idee, wie man ihr helfen kann?“

 

„Nein. Ich habe es dir schon gesagt. Sie hat uns getrennt. Sie belässt es dabei.“

 

„Komm mit mir, Buffy. Lass uns versuchen, nach ihr zu sehen.“

 

Er machte Anstalten, nach ihrer Hand zu greifen. Buffys Augen weiteten sich.

 

„Ich kann das nicht machen“, sagte sie ängstlich und sprang von ihm zurück, als hätte er sie verbrannt.

 

„Warum?“

 

„Ich will nicht sie werden!“

 

„Sie könnte du werden“, sagte er behutsam. „Ihr könntet euch vereinigen und der Schmerz würde enden. Buffy-“

 

„Sie wird es nicht tun. Du kannst mich nicht zwingen!“, schrie Buffy und schob ihn so hart sie konnte weg.

 

Angel sprang und seine Augen flogen auf.

 

„Was ist passiert?“, fragte Spike und kam zu ihm rüber.

 

Angel blickte auf Buffy runter. Ihre Augen waren immer noch ausdruckslos. Sie war immer noch abwesend.

 

„Ich denke, ich habe eine Möglichkeit gefunden, um Buffy zurückzubekommen“, sagte Angel zu ihnen.

 

 

*****

 

 

Lindsey war außer sich. Buffy wurde jetzt schon fast einen ganzen Tag vermisst. Und obwohl Quentin nicht herumgeschnüffelt und nach ihr gefragt hatte, wusste Lindsey, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis er es tun würde.

 

Quentin war jedoch seine letzte Sorge. Seine Hauptsorge galt natürlich Buffy und ihrer Sicherheit. War sie verletzt worden? War es ihr nicht möglich, zu ihm zurückzukommen? Lindsey ließ sich so gut er konnte nieder, versuchte, seine Emotionen und seine zerstreuten Energien zu beherrschen und versuchte einen Ortungszauber.

 

Nichts.

 

Wo zur verdammten Hölle war sie?

 

Er wusste, wo er anfangen musste. Bei der einen Person, die vielleicht mehr Ahnung hatte als er selbst.

 

Giles.

 

 

*****

 

 

„Wer zur Hölle kann das sein?“, brummelte Giles, als jemand an seine Tür klopfte. Er blickte zu Angel und Spike, deren erste instinktive Reaktion es war, sich vor Buffys leblosen Körper zu stellen und sie zu beschützen. „Macht kein Geräusch. Wer auch immer es ist, ich werde ihn los.“

 

Giles schloss die Tür hinter sich und streckte sich. Dann machte er sich auf den Weg zur Tür. Er öffnete die Tür und fand einen rasenden Lindsey vor.

 

„Mr. McDonald, wie kann ich Ihnen helfen?“, fragte Giles freundlich.

 

„Buffy. Sie wird vermisst. Ich kann sie scheinbar nicht lokalisieren....Ich habe einen Ortungszauber versucht und ich kann einfach nicht....Ich brauche Ihre Hilfe. Ich muss sie finden.“

 

„Ist sie weggelaufen oder ist sie aus eigenem Willen gegangen?“

 

„Sie hat sich davongeschlichen. Letzte Nacht davongeschlichen, nachdem sie von Ihnen zurückgekommen ist.“ Lindsey verengte seine Augen. „Warum genau ist sie bei Ihnen gewesen?“

 

„Sie hat es Ihnen nicht gesagt?“

 

„Sie hat mir gesagt, dass sie Angelus und Spike während der Meditation gesehen hat. Was hat sie Ihnen gesagt?“

 

„Das gleiche.“

 

Wie viel sie Lindsey wirklich gesagt hatte, war ein Stück des Puzzles, das ungelöst blieb. Giles wollte keine Information preisgeben, die ihn, Buffy, Spike oder Angel belasten konnte.

 

„Weiß Quentin, dass sie vermisst wird?“

 

„Nein und das wird er auch nicht.“

 

„Wie wollen Sie das vor ihm verbergen?“

 

Lindsey legte seinen Kopf zur Seite. Sein wilder Blick bohrte sich in den von Giles und er blähte seine Nasenflügel.

 

„Werden Sie es ihm sagen?“

 

„Nein, natürlich nicht.“

 

„Dann sorgen Sie sich nicht darum. Helfen Sie mir nur, Buffy zu finden.“

 

„Vielleicht will sie nicht gefunden werden.“

 

Das war aus seinem Mund, bevor er es stoppen konnte. Lindsey blickte überrascht.

 

„Sie wissen etwas“, warf er ihm vor und deutete auf Giles.

 

„Ich weiß nichts. Ich weiß, dass das Mädchen eine Menge durchgemacht hat. Und unter der Knute von Quentin zu sein, kann der Angelegenheit nicht besonders helfen.“

 

„Denken Sie, ich weiß das nicht? Ich weiß, was für ein Monster er ist!“, schrie Lindsey regelrecht. „Denken Sie, ich MAG es, mit ihm zu arbeiten?“

 

„Sie machen mehr, als mit ihm zu arbeiten, Mr. McDonald. Sie arbeiten unter ihm. Sie sind sein Schoßhund.“

 

Lindsey verzog angeekelt das Gesicht.

 

„Ich hasse ihn. Ich hasse mit allem, was ich bin.“ Er senkte seine Stimme. „Wenn ich könnte, dann würde ich ihn selbst töten.“

 

Giles war erstaunt. Und neugierig. Vielleicht, aber nur VIELLEICHT würde Lindsey ihnen helfen. Das würde ein wenig Nachforschung benötigen. Etwas, dass Giles tun wollte, um der armen bewusstlosen Frau im Nebenzimmer zu helfen.

 

„Was hat er getan?“, fragte Giles unschuldig, setzte sich auf seine Couch und wartete geduldig darauf, was Lindsey ihm zu sagen hatte.

 

Wenn er sich selbst so gab wie jemand, der gewillt war ohne Verurteilung zuzuhören und zu helfen, dann würde Lindsey ihm vielleicht die Wahrheit sagen.

 

Hoffentlich.

 

Lindsey schob sein widerspenstiges Haar aus seinem Gesicht und stieß einen heftigen Seufzer aus, als er sich auf den Sessel setzte und seinen Kopf in die Hände nahm.

 

„Unaussprechliche Dinge“, murmelte er nach langer Stille.

 

„Dafür hat er ein Händchen. Was hat er in der letzten Zeit gemacht? Hat es mit Buffy zu tun? Könnte es sein, dass sie deswegen gegangen ist?“

 

Lindseys Kopf schoss hoch und seine Augen verengten sich.

 

„Sie haben aber zweifellos eine Menge Fragen.“

 

Giles zuckte mit den Achseln und setzte sich entspannt zurück.

 

„Ich will helfen. Buffy ist ein einzigartiger Fall, das habe ich von Anfang an gefühlt. Was sie durchgemacht hat......Sie verdient etwas Frieden, denken Sie nicht?“

 

Lindsey nickte mit unleserlichem Gesichtsausdruck.

 

„Sie verdient Frieden. Und Liebe.“

 

„Ist das jetzt das, wo Sie ins Spiel kommen?“

 

Lindsey stand jetzt und schüttelte seinen Kopf. Ungeweinte Tränen schimmerten in seinen Augen.

 

„Ich versuchte es. Ich habe es versucht. So sehr. Aber sie will mich nicht. Braucht mich nicht.“

 

„Sie braucht Sie, Lindsey. Sie vertraut Ihnen.“

 

„Sie vertraut mir nicht genug, um mir zu sagen, was sie so erschrocken hat während ihrer Meditation!“, schrie er.

 

„Wenn die Dinge manchmal keinen Sinn ergeben, fühlen wir das Bedürfnis, uns vor denen zu verbergen, die wir gerne haben. Um sie zu retten.“

 

„Ich will SIE retten. Ich kann nicht-“

 

Er sank auf den Stuhl zurück. Bedauern stand ihm überall im Gesicht.

 

„Können was nicht?“, drängte Giles, als es zu lange dauerte, bis er den Satz beendete.

 

„Waren Sie jemals verliebt gewesen, Giles?“

 

Giles blinzelte.

 

„Ja, war ich.“

 

„Wie war das?“

 

Giles seufzte.

 

„Wie der Himmel. Und die Hölle.“

 

„Warum Hölle?“

 

„Weil, wenn ich nicht bei ihr war, sie nicht berührte, nicht mit ihr zusammen war, mit ihr redete, dann war ich in der Hölle“ Pause. „Ich war in der Hölle, wenn sie verletzt war. Wenn ich nichts machen konnte, um ihre Schmerz zu verringern.“

 

Lindsey nickte. Tränen liefen ihm unkontrollierbar die Wangen hinab.

 

„Das kenne ich. Schmerz. Der Schmerz, jemanden zu lieben und ihnen nicht helfen zu können. Was ist schlimmer? Sie zu lieben und sie mit Schmerzen zu sehen und zu WISSEN, dass man etwas damit zu tun hat und der ANGST, es ihnen zu sagen.“

 

„Sie fühlen Angst, weil Sie nicht ehrlich waren mit der Frau, die Sie lieben?“

 

„Ja. Denn wenn ich es ihr sage.....verliere ich sie.“

 

Giles blickte ihn traurig an.

 

„Haben Sie sie jemals gehabt?“

 

Lindsey schüttelte seinen Kopf.

 

„Nein, hatte ich nie. Sie ist nicht mein.“

 

„Sie ist eine freie Frau, selbstständig.“

 

„Sie ist nicht frei. Sie ist eine Gefangene. Gefangen durch Lügen und Täuschung und machthungrigen.......und Schwächlingen. Sie ist gefangen durch einen Schwächling, der nicht.....konnte.....der zu ängstlich war. Sie gehörte niemals zu mir. Und wissen Sie was? Sie wird es niemals. Sie liebt.....liebt Personen, die sie hasst. Sie gehört zu ihnen, aber sie weiß es nicht.“

 

Stille.

 

Der Schrei war etwas, das Giles nicht erwartet hatte. Er durchdrang das Haus und ließ die Wände fast durch die Heftigkeit vibrieren. Er erkannte die Minute, als Lindsey es registrierte, denn die Klarheit zeigte sich in seinen Augen und er sprang auf bei dem Klang seines Namens. Er rannte davon, bevor Giles ihn stoppen konnte. Er rannte bis er sie fand.

 

„Sie haben sie gefunden“, flüsterte er, als er Buffys gefesselten Körper auf dem Bett betrachtete.

 

Sie blickte mit Hoffnung in den Augen zu ihm auf. Er wusste, dass er auf die knurrenden Vampire acht geben sollte, die ihren Körper bewachten, aber er war nicht immer ein kluger Mann.

 

Das Gefühl, das ihn überflutete, war nicht das, was er erwartet hatte.

 

Erleichterung.

 

Lindsey fühlte Erleichterung.

 

 

 

Feedback | zurück zur Übersicht | weiter