Shadows in Time: A Far Cry From Yesterday


 

Kapitel 1

 

Vollkommen uninteressiert von der Gesellschaft, die sie hatte, oder von der Unterhaltung, die geführt wurde, saß Buffy ruhig da und schob geistesabwesend ihre Nudeln auf dem Teller hin und her. Sie hoffte, dass diese Handlung es so aussehen ließ, als hätte sie wirklich etwas gegessen, wo es doch in Wirklichkeit nur etwa zwei Bissen gewesen waren. Nur der Gedanke ans Essen drehte ihr gewaltig den Magen um.

 

Vorsichtig hob Buffy ihren Blick, um zu ihrer Mutter und zu dem Typen zu sehen, der ihr ‚Date‘ sein sollte. Sie stieß einen kleinen Seufzer aus, als klar wurde, dass niemand ihr wirklich seine Aufmerksamkeit schenkte. Sie blickte über den Tisch und sah zu dem blonden, blauäugigen College Student. Träge fragte sie sich, ob er wusste, dass er einen Haarschnitt brauchte. Auch wenn es sie gar nicht interessierte.

 

Ihre Mom hatte den ganzen Abend geplant. Sie hatte gesagt, dass sie einen ‚netten jungen Mann namens Riley‘, der in der Galerie aushalf und der die schweren Sachen trug, zum Essen einladen würde, weil er ein so hilfsbereiter Mitarbeiter war. Aber Buffy wusste, dass es deswegen war, weil ihre Mutter wollte, dass sie ihn kennenlernen sollte. Joyce schien nur zu glücklich zu sein, Buffy dazu zu bringen sich zu verabreden, da Angel nicht mehr da war.

 

Es gab nur ein Problem bei den großen Plänen ihrer Mutter....Angel war weit entfernt von nicht mehr da. Jedenfalls nach Buffys Ansicht. Seine Macht über ihr Herz war immer noch sehr groß. Nicht einmal seine Abwesenheit konnte die Liebe schwächen, die sie für den beseelten Vampir empfand. Ihre Mutter schien das jedoch nicht zu verstehen. Joyce war einfach glücklich, dass Angel weg war. Sie war entschlossen, ihre Tochter mit einem netten, ‚normalen‘ jungen Mann zusammenzubringen.

 

Buffy fragte sich, ob die beiden sich überhaupt daran erinnerten, dass sie bei ihnen mit am Tisch saß. Sie war nicht besonders interessiert daran, mit einem von ihnen zu sprechen, aber es traf sie doch ein wenig, regelrecht ignoriert zu werden. Unglücklicherweise....oder glücklicherweise....da war sie sich nicht sicher, schien Riley auf ihre umherwandernden Blicke aufmerksam zu werden.

 

„Also Buffy, deine Mutter sagt mir, dass du diesen Herbst auf die UC Sunnydale gehen wirst", meldete sich Riley und riss Buffy aus ihren Gedanken.

 

Sie rollte über diese Bemerkung mit den Augen.

 

„Ja."

 

„Vielleicht werden wir ein paar Vorlesungen zusammen haben."

 

Er warf ihr ein albernes Grinsen zu.

 

‚Oh ja, das würde eine Menge Spaß machen‘, dachte Buffy.

 

„Ja, vielleicht."

 

„Du solltest Psychologie mit Professor Walsh nehmen. Sie ist meine Lieblingsprofessorin", sagte er, während er ein Brötchen mit Butter bestrich.

 

„Ich habe noch nicht entschieden, was ich nehme", tat Buffy es achselzuckend ab, machte sich aber innerlich eine Notiz, nicht Psychologie zu nehmen.

 

Wenn Riley diese Professorin mochte, dann war es unwahrscheinlich, dass es auch würde.

 

Joyce lächelte über die Unterhaltung der beiden. Sie waren perfekt füreinander.

 

„Also Riley, hast du schon entschieden, was dein Hauptfach sein wird?", fragte sie höflich.

 

Ihre Mutter und Riley waren bald wieder in eine Unterhaltung vertieft, die Buffy begierig ausblendete. Der Rest des Essens verlief dann so, dass die beiden sich einvernehmlich unterhielten, was für Buffy okay war. Sie hatte absolut kein Interesse, sich mit Riley zu verabreden, oder überhaupt mit irgendwem. Es gab in diesen Tagen nicht viel, was sie interessierte. Alles erschien düsterer und hoffnungslos, seit Angel in die Finsternis der Nacht verschwunden war.

 

Alle dachten, ihr ginge es gut, aber das war nicht so. In keinster Weise. Jeden Tag hoffte sie, dass es leichter werden würde. Das tat es nie. Die einfachsten Dinge zu machen war der reinste Kampf und niemanden schien es zu interessieren, dass ihr in dem Moment, in dem Angel sie verlassen hatte, so zumute war, als wäre ihr ein Teil von sich entrissen worden. Nein, das interessiert sie nicht.

 

„Also ich denke, dass das Essen gut gelaufen ist. Meinst du nicht?", fragte Joyce, nachdem Riley endlich gegangen war.

 

„Ja."

 

Buffy zuckte mit den Achseln, da sie das blöde Essen überhaupt nicht interessiert hatte.

 

„Ich mag Riley. Er ist ein ne-“

 

„Netter junger Mann. Ich weiß", blaffte Buffy, die es unendlich Leid war, wie ihre Mutter Lobgesänge über Riley abließ. „Ich muss gehen.....Ich habe der Gang versprochen, im Bronze vorbeizukommen und dann muss ich auf Patrouille."

 

Buffy ignorierte das missbilligende Stirnrunzeln ihrer Mutter, griff nach ihrer Jacke und nach ein paar Pflöcken und verließ das Haus. Sie hielt sich nicht damit auf, ihrer Mutter zu erzählen, dass Giles ihr die Nacht frei gegeben hatte. Wenn ihre Mutter das gewusst hätte, hätte sie sie dazu gezwungen, zuhause zu bleiben. Und Buffy hatte kein Verlangen danach, noch ein Wort über den Farmjungen mit dem blöden Haar zu hören.

 

Das war es jedoch, was sie wollten. Jeder von ihnen. Vergiss und leb weiter. Sie verstanden einfach nicht, dass das nicht möglich war. Nichts konnte sie jemals Angel vergessen lassen.

 

 

*****

 

 

„Hey Buffy!", zwitscherte Willow glücklich von ihrem Platz am Tisch im Bronze neben Oz und Xander.

 

„Hey Leute", sagte Buffy ernst.

 

Das Letzte, was sie im Moment wollte, war, bei ihren albernen, ignoranten Freunden zu sein.

 

„Also....wie das das große Essen?", fragte Xander und wackelte zweideutig mit den Brauen.

 

Buffy stöhnte innerlich über diese Handlung.

 

„Es war schön."

 

„Wann wirst du wieder mit ihm ausgehen? Ooooooh! Wir könnten auf ein Doppel-Date gehen. Im Moment läuft ein wirklich guter Film im Kino", plapperte Willow mit einem Grinsen los und bemerkte Buffys fehlendes Interesse nicht.

 

„Ich denke nicht, dass ich ihn wiedersehen werde", antwortete Buffy und hoffte, dass sie verstehen würden, dass Verabredungen nicht zu ihrem Plan für die unmittelbare Zukunft gehörten.

 

Willow runzelte ein wenig die Stirn.

 

„Warum nicht? Deine Mom hat gesagt, dass er ein richtig netter-“

 

„Netter Typ. Ja, ich weiß. Wie könnte ich auch nicht?", grummelte Buffy und fragte sich, ob es falsch wäre, wenn Mr. Nett und Perfekter Normaler Typ ein unglückliches Treffen mit einem Vampir hätte.

 

„Ich muss gehen, Leute....Jägerin...Vampire....Patrouille."

 

„Aber du bist gerade...", fing Xander an. Doch bevor er noch zuende sprechen konnte, war Buffy weg. „....erst gekommen."

 

Buffy verließ schnell das Bronze, da sie weit weg von den Leuten da drinnen sein wollte. Sie brach bei einem Gebäude in der Nähe zusammen und konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten, die zu fallen drohten. Leise Schluchzer schüttelten ihren müden Körper.

 

Warum verstanden sie es nicht? Dachten sie wirklich, dass sie einfach so weitermachen würde, als wäre Angel nie ein Teil ihres Lebens gewesen? Er war die einzige Person, die am ehesten ihr Leben verstand und all die Opfer, die sie bringen musste. Er war die einzige Person, die sie mit einem Blick zum lachen bringen konnte. Sie konnte diese Dinge nicht einfach vergessen.

 

Buffy zwang sich selbst, sich zu beruhigen und wischte sich die Tränen aus den Augen. Langsam erhob sie sich vom Boden. Sie hatte kein Verlangen darauf, dass ihre Freunde sie so finden würden. Sie zog einen Pflock aus ihrer Tasche und wanderte zu einem der Friedhöfe, in der Hoffnung, dass sie keinem Vampir begegnen würde, da sie fürs Kämpfen nicht in bester Form war.

 

 

*****

 

 

Später in dieser Nacht

 

Mit einem Stöhnen glitt Buffy langsam durch das Fenster zu ihrem Schlafzimmer. Sie wusste nicht, warum sie das Fenster benutzte. Es war ja nicht so, als wüsste ihre Mutter nicht, dass sie draußen gewesen war. Aber es war vertraut. Und Vertrautheit war etwas, das sie im Moment ganz verzweifelt brauchte. Besonders nach dem erzwungenen Essen vorhin, als ihre Mutter vollkommen ihre Gefühle für Angel missachtet und sie zu einem anderen Typ gedrängt hatte. Und dann hatten sich ihre Freunde so ziemlich genauso verhalten. Buffy kam es vor, als würde die ganze Welt um sie zusammenbrechen.

 

Wie betäubt humpelte sie in ihr Zimmer und ließ die Pflöcke nachlässig auf ihren Schreibtisch fallen. Ihr ganzer Körper schmerzte. Und das nicht nur wegen dem schweren Kampf mit einem ungewöhnlich starken Vampir, den sie vorhin hatte. Nein, nicht nur deswegen. Eine Menge kam daher, dass sie in den vergangenen zwei Monaten, seit dem Tag ihres High School Abschlusses, kaum mehr als ein paar Stunden alle paar Tage geschlafen hatte. Und sie schien sogar noch weniger zu essen. Ihr Körper kam einfach nicht mit dem Konzept des Essens zurecht. Wenn sie nicht die Jägerin wäre, dann wäre sie, da hatte sie keinen Zweifel, jetzt schon im Krankenhaus.

 

Schwach und erschöpft rutschte Buffy zu Boden und lehnte sich gegen das Bett. Alles was sie wollte, war, eine Nacht friedlich durchschlafen. Aber sie wusste, dass das nicht passieren würde. Schlaf endete nur darin, dass sie gequält wurde, entweder mit Visionen der Vergangenheit, hoffnungslose Träume der Zukunft oder dem Schlimmsten. Schreckliche Alpträume über Schmerz, Folter und Tod. Sie waren jedes Mal da, wenn sie ihre Augen schloss.

 

Zusammengefasst war ihr Leben in den letzten zwei Monaten so ziemlich die Hölle geworden, was sich alles auf den immer noch andauernden Schmerz in ihrem Herzen zurückführen ließ, verursacht durch die Abwesenheit ihres Seelengefährten. Tränen bildeten sich in ihren Augen, als sie sich an den Mann erinnerte, der ihr das Herz rausgerissen und in Stücke gerissen hatte.

 

Sie wollte ihn hassen, weil er sie verlassen hatte. Weil er sie gezwungen hatte, die Last ihres Schicksals alleine zu tragen. Aber sie konnte es nicht. Es war unmöglich ihn zu hassen, wenn die Liebe, die sie für ihn empfand, immer noch tief in ihrem Inneren brannte. Statt dessen suhlte sie sich also wegen seiner Abwesenheit in ihrem Elend.

 

Sie hoffte, dass es jeden Tag ein wenig besser werden würde, dass ihr Herz weniger schmerzen würde. Aber es schien als wäre das Gegenteil richtig. Jeden Tag schien es nur schlimmer zu werden. Angel war der Erste, an den sie jeden Morgen dachte wenn sie aufwachte, und der Letzte, bevor sie versuchte ein paar Stunden Schlaf zu bekommen. Und sogar wenn sie schlief, beherrschte er ihre Träume.

 

Wie war ihr Leben so schlecht geworden? Vor nur ein paar Monaten war sie relativ glücklich gewesen. Die Dinge waren nicht perfekt, aber wenigstens hatte sie hin und wieder etwas Ruhe gehabt. Sie hatte auch ihren Angel gehabt. Er war der einzige feste Anker gewesen, auf den sie sich immer verlassen konnte. Jetzt war er weg und sie war alleine.

 

Nun, sie war nicht ganz alleine. Sie hatte immer noch ihre Mom, ihre Freunde und Giles, aber die schienen sich ihres endlosen Schmerzes nicht bewusst zu sein. Ihre Mom war, obwohl sie es nie laut gesagt hatte, glücklich, dass Angel weg war und versuchte sie dazu zu bringen, jemand neues kennenzulernen.

 

Giles war Giles, zufrieden, wenn sie sich auf das Training und die Jagd konzentrierte.

 

Xander fand immer noch Möglichkeiten, Angel und ihre vergangenen Entscheidungen zu beschimpfen und schien sich nicht darum zu kümmern, dass ihr Herz tot war und unaufhörlich schmerzte.

 

Die Einzige, der scheinbar ihr emotionaler Zustand bewusst war, war Willow. Aber sogar sie schien sehr geneigt zu sein, sie dazu zu drängen, ihr Leben weiterzuführen, obwohl sie noch nicht bereit war. Falls sie jemals sein würde.

 

Anstatt sich also zur Unterstützung an ihre Freunde und Familie wenden zu können, war sie einsamer als jemals zuvor in ihrem Leben. Angel war das einzige was sie wollte. Sie vermisste seine ruhigen Worte, seine tröstende Umarmung und vor allem vermisste sie das Gefühl, das sie geliebt wurde, wenn er in der Nähe war. Würde sie das jemals wieder fühlen? Wenn die letzten beiden Monate ein Hinweis waren...

 

Buffys Gedanken stoppten abrupt bei der scheinbar harmlosen innerlichen Bemerkung.

 

Zwei Monate.

 

Zwei Monate.

 

Es war zwei Monate her, seit Angel gegangen war. Ihre Augen weiteten sich bei dieser bestimmten Erkenntnis. Buffy sprang von ihrem Platz auf dem Boden, eilte quer durch den Raum und aus dem Fenster. Als sie in die Nacht rannte, hallten die Worte „zwei Monate“ wiederholt durch ihren Kopf.

 

 

Kapitel 2

 

Drei Tage später...

 

„Angel! Nein!", schrie Buffy und erwachte schnell aus dem unruhigen Schlaf, in den sie gefallen war.

 

Desorientiert blickte sich Buffy in ihrem Zimmer um, bevor ihr klar wurde, dass sie geträumt hatte, und dass sie nicht wieder in der Villa gewesen war, wo sie zugesehen hatte, wie der wirbelnde Strudel Angel verschluckt hatte. Dieser bestimmte Traum war einer der häufigsten. Ihr Unterbewusstsein schien diese schreckliche Nacht immer wieder zu wiederholen. Manchmal Wort für Wort, manchmal mit ein paar kleinen Veränderungen.

 

Buffy blickte auf die Uhr und ihr wurde klar, dass sie nur fünfundvierzig Minuten geschlafen hatte. Tränen des Frustes verschleierten ihre Sicht, während sie mit einer Hand durch ihre Haare strich. Sie überlegte sich, ob sie weiterschlafen sollte, aber es war sehr wahrscheinlich, dass die Träume zurückkommen würden. Außerdem musste sie sowieso früh aufstehen.

 

Ihr Blick wanderte zu dem Fenster neben dem Bett. Erinnerungen wirbelten durch ihren Kopf von den Zeiten, als Angel sich in ihr Zimmer geschlichen hatte. Sie lächelte ein wenig, als sie sich daran erinnerte, wie er Mr. Gordo festgehalten hatte. Diese Erinnerung verblasste schnell, sobald sich die Wirklichkeit dazwischen drängte und sie daran erinnerte, dass Angel aus ihrem Leben verschwunden war.

 

Buffy schleppte ihren müden Körper aus ihrem Bett und ging quer durch den Raum, um sich saubere Klamotten zu nehmen. Leise, damit sie ihre Mutter nicht weckte, machte sie sich auf den Weg ins Badezimmer. Vielleicht würde ihr ein heißes Bad dabei helfen, etwas von ihrem Stress abzubauen. Sie runzelte über diese Idee die Stirn. Es gab wahrscheinlich kein Bad, dass beruhigend genug war, um all ihren Stress loszuwerden. Wenigstens würde es sie reinigen.

 

 

*****

 

 

Später am Tag

 

Buffy ging nervös die Treppen zu Giles Appartement hinab. Sie blieb am Ende stehen und wurde von ihrer Unsicherheit darüber überwältigt, was sie jetzt vorhatte zu tun. Die Tatsache, dass sie in den vergangenen drei Tagen nicht geschlafen hatte, half nicht gerade. Es war nicht so, dass sie nicht schlafen wollte. Es gingen einfach zu viele Dinge in ihrem Kopf herum, um sie zur Ruhe kommen zu lassen.

 

Buffy versuchte sich zusammenzureißen und blickte zur Tür von Giles Appartement. Sie wusste, dass alle dort drin waren und auf sie warteten. Sie hatte alle vor einer Stunde angerufen und sie gebeten, sie dort zu treffen. Aber jetzt war sie nicht sicher, ob sie dafür bereit war.

 

Ihre Augen schlossen sich, als sie versuchte, alle Szenen zu blockieren, die ihre Gedanken in den letzten drei Tagen gequält hatten. Unglücklicherweise wusste sie jedoch, dass sie wahrscheinlich nicht an den Haaren herbeigezogen worden waren. Und das verängstigte sie am meisten. Sie wusste, dass das, was passieren würde, nicht sehr schön sein würde.

 

Sie musste es jedoch machen. Sie musste es ihnen sagen. Es war ja nicht so, als könnte sie es für immer verbergen. Das war unmöglich. Aber sie fürchtete sich davor, was passieren würde, sobald sie den Grund für dieses Treffen genannt hatte. Sie würden ohne Zweifel alle wütend auf sie sein. Und ehrlich gesagt konnte sie es ihnen nicht mal vorwerfen.

 

Buffy holte tief Atem, was ihre Nerven überhaupt nicht beruhigte, und zwang sich dann auf die Tür zuzugehen. Sie hielt einen Moment inne, als sie sie erreichte. Buffy versuchte die düstere Vorahnung abzuschütteln, die plötzlich auf ihre Gedanken einstürmte.

 

Schließlich drehte sie den Knauf und betrat das Appartement. Innerlich betete sie zu einem höheren Wesen, welches auch immer da war, dass alles in Ordnung sein würde.

 

 

*****

 

 

Buffy betrat das Appartement und sah, dass alle ihre Freunde auf sie warteten - Willow, Oz, Xander und Giles. Die einzige, die fehlte, war Cordelia. Obwohl sie nicht besonders gut miteinander ausgekommen waren, hatte Buffy trotzdem versucht sie zu erreichen. Als sie jedoch versucht hatte, sie anzurufen hatte sie entdeckt, dass ihre Nummer nicht länger vergeben war. Nicht dass es wirklich von Belang war. Cordy hätte sich wahrscheinlich sowieso nicht dafür interessiert.

 

„Hey Buffy!", zwitscherte Willow von ihrem Platz auf der Couch neben Oz.

 

„Hallo Buffy. Wie geht es dir?", fragte Giles und ignorierte die dunklen Ringe und den Augen der Jägerin und ihr hageres und krankes Aussehen.

 

„Hey Leute. Mir geht es gut, Giles", antwortete Buffy leise und versuchte, all ihre innere Kraft zu sammeln.

 

„Hey Buffster! Also was gibt es?", fragte Xander in seinem typisch albernen Tonfall, während er an einer Tüte Kartoffelchips mampfte.

 

„Äh....ich....äh....habe euch hergebeten, weil....äh. Es gibt etwas, dass ich.....äh....euch allen sagen muss", erklärte Buffy, ohne einem von ihnen in die Augen zu sehen.

 

Alle im Raum stoppten plötzlich mit all den belanglosen Dingen, die sie getan hatten. Der ernste, nervöse Ton in Buffys Stimme hatte sie alle überrascht. Alle starrten jetzt auf die Jägerin, die wegen den ganzen Blicken herumzappelte.

 

Buffy blickte für einen Moment nach unten, schloss ihre Augen und versuchte sich zu beruhigen. Jetzt oder nie, sagte sie sich.

 

Sie wandte ihren Blick wieder zu ihren Freunden und sah jeden ein paar Sekunden an, bevor sie wieder sprach.

 

„Ich bin schwanger", platzte sie plötzlich heraus.

 

Die ersten Reaktionen waren so wie erwartet. Giles ließ sich schwer auf den Stuhl fallen, neben dem er gestanden hatte. Xander verschluckte sich fast an den Chips, die er sich in seinen Mund gestopft hatte. Willow konnte sie nur anstarren. Ihr Mund hing weit auf, während Oz sie nur neugierig ansah.

 

„Du-du bist...", fing Giles an es zu wiederholen, war aber unfähig, den Satz zu beenden.

 

Er wusste, dass er ihre Bemerkung falsch verstanden haben musste.

 

„Schwanger, ja", beendete Buffy für ihn, der vollkommen bewusst war, dass ihre Neuigkeit ein großer Schock war, wenn man davon ausging, was vor kurzem in ihrem Leben los gewesen war.

 

„Aber, aber", stotterte Xander, stoppte aber, da er nicht wusste, was genau er sagen sollte.

 

„B-bist du s-sicher?", fragte Giles, nahm seine Brille ab und reinigte sie mit seinem Taschentuch.

 

„Ja, ich bin sicher", erwiderte Buffy. Da sie ihren Bedarf nach mehr Informationen ahnte, erklärte sie weiter. „Ich habe vor ein paar Tagen einen dieser Schwangerschaftstests gemacht und heute Morgen hat es mein Arzt bestätigt."

 

Für ein paar Minuten herrschte Stille im Raum, da alle zu geschockt waren von der Enthüllung, um sprechen zu können. Buffy blieb neben der Küchentheke, an der Grenze zum Wohnzimmer stehen und verflocht ihre Finger mit dem Saum ihres Shirts.

 

So weit, so gut, dachte sie sich, wusste aber, dass das Schlimmste noch kommen würde.

 

Willow war die Erste, die ihre Stimme wiederfand und sprach:

 

„Wie weit bist du?", wollte sie wissen.

 

Sie hatte einen verletzten Gesichtsausdruck wegen der Tatsache, dass Buffy offensichtlich mit jemandem zusammen gewesen war und ihrer besten Freundin nichts gesagt hatte.

 

„U-ungefähr im zweiten Monat", erklärte Buffy leise und wartete darauf, dass sie zur nächsten Frage kämen, die ohne Zweifel lauten würde, wer der Vater wäre.

 

Xander zog wegen der Enthüllung seine Brauen zusammen und rechnete innerlich nach. Er brauchte nur einen Moment, bevor er sie misstrauisch beäugte.

 

„Das wäre ungefähr zu der Zeit des Abschlusses. Wir wussten nicht, dass du mit jemandem zusammen warst."

 

Alle Blicke waren auf Buffy gerichtet, die sich unter diesen Blicken wand. Das war der Teil, vor dem sie sich gefürchtet hatte.

 

„War ich nicht", antwortete sie und sah auf ihre Füße hinab.

 

„Du hattest einen One Night Stand?", schrie Willow kurz auf.

 

Das klang so gar nicht nach Buffy, aber es würde irgendwie erklären, warum sie es niemandem gesagt hatte.

 

„Äh, n-nicht wirklich", druckste Buffy, die zu vermeiden versuchte, ihren Freunden die richtige Antwort auf deren Frage zu geben.

 

„Buffy ich denke, es wäre das Beste, wenn du genau sagen würdest, was passiert ist", drängte Giles ein wenig heftiger, als er beabsichtigt hatte.

 

Seine Gedanken kreisten wegen der Neuigkeit, dass seine Jägerin, das Mädchen, das er in vieler Hinsicht als seine Tochter angesehen hatte, schwanger war.

 

„Es ist in der Nacht des Abschlusses passiert", sagte Buffy zu ihnen und vermied es immer noch, das zu sagen, was sie alle hören wollten.

 

„Wer?", fragte Willow und blickte ihre Freundin seltsam an.

 

Sie wusste sehr genau, dass dieser bestimmte Tag schwer für Buffy gewesen war, weil es der letzte Tag gewesen war, an dem sie Angel gesehen hatte. Was hatte sie getan, das sie jetzt schwanger sein ließ?

 

Wer tatsächlich, dachte Buffy. Das war die Frage, vor der sie sich am meisten gefürchtet hatte. Sie atmete tief ein und blickte hoch. Tränen glänzten in ihren Augen und sie studierte jeden ihrer Freunde, bevor sie ihre Frage beantwortete.

 

„Angel", flüsterte sie kaum hörbar und wartete dann auf die unausweichliche Explosion, die folgen würde.

 

 

MEGA ANGST WARNUNG - für Kapitel 3 + 4

 

Kapitel 3

 

„WAS?!?", blaffte Giles sie an, während er sie mit wütenden Blicken anstarrte.

 

„Du hast mit ihm geschlafen?", schrie Xander, sprang von seinem Stuhl hoch und musterte sie drohend.

 

„J-ja", brachte Buffy hervor und trat dann einen kleinen Schritt zurück wegen der Wut, die um sie herum ausgestrahlt wurde. „Ich...w-wir wollten nicht, dass e-es p-passierte."

 

„Oh, deshalb ist es jetzt okay", meinte Xander sarkastisch. Seine Augen funkelten.

 

„Was hast du dir dabei gedacht, Buffy? Du kennst die Konsequenzen so einer Handlung sehr genau", tadelte sie Giles, während er ungläubig seinen Kopf schüttelte.

 

„E-er er", begann Buffy, bevor sie sich die Tränen abwischte, die zu fallen drohten. „Er ist an diesem Abend in mein Zimmer gekommen, nach dem Abschluss, n-nur um mich n-noch einmal zu sehen.....nur um sich zu verabschieden."

 

Das letzte Wort war eher ein Flüstern.

 

„Soweit ich noch weiß braucht man mehr als nur ein paar Worte, um schwanger zu werden", schnarrte Xander, eindeutig empört über die Situation.

 

Buffy blickte nach unten, da sie nicht länger in die missbilligenden Gesichter sehen konnte.

 

„E-er hat mich geküsst-“

 

„Was hat er getan? Sich dir aufgedrängt?", schrie Xander sie an und plante bereits den staubigen Tod des Vampirs.

 

„NEIN! W-wie kannst du das nur denken?", fragte Buffy schockiert, dass er so etwas nur behaupten konnte.

 

„Nun, es ist offensichtlich, dass ihr mehr getan habt, als euch zu küssen", sprach Giles und seine Stimme klang uncharakteristisch kalt und energisch.

 

„E-er wollte g-gehen....n-nachdem er mich g-geküsst hat. I-ich bat ihn zu b-bleiben....m-mich nicht zu v-verlassen", schluchzte Buffy und erinnerte sich an das Herzeleid in dieser Nacht. „I-ich küsste ihn noch einmal. I-irgendwie sind wir in m-meinem B-bett gelandet."

 

Sie hörte für eine Minute auf zu sprechen, da sie meinte zu hyperventilieren. Nachdem sie etwas Kontrolle zurückgewonnen hatte fuhr sie fort, vermied es aber immer noch, ihre Freunde anzusehen.

 

„Ich....ich bat ihn, mich zu lieben. I-ich brauchte es."

 

Buffy hielt einen Moment inne und suchte in ihrem Herzen nach den richtigen Worten, um ihre Handlung zu erklären.

 

„Ich musste....ich musste wissen, ob er mich immer noch liebt", vollendete sie. Ihre Stimme war am Ende nur noch ein Flüstern.

 

Buffy hatte schließlich den Mut, ihren Kopf zu heben und ihre Freunde anzusehen. Willow starrte auf ihre Hände hinab. Giles starrte sie vollkommen ungläubig an und Xander ging wütend im Raum hin und her. Die Scham, die sie schon für ihre Handlung verspürte, schien drastisch anzusteigen.

 

„Ich muss dich nicht daran erinnern, was das letzte Mal passiert ist, als du dich mit Angel auf solche Aktivitäten eingelassen hast", spuckte Giles barsch.

 

„Ich weiß", flüsterte Buffy und wandte erneut ihren Blick ab. „A-aber letztes Mal....wussten wir nichts....über den Fluch. Wie hätte er vollkommenes G-glück empfinden können, wenn unsere Herzen in Stücke g-gerissen worden sind? W-wie hätte einer von uns Glück finden können, wenn wir wussten, dass wir n-niemals unseren Seelengefährten wiedersehen würden?", fragte sie flehend.

 

„Also hast du mit ihm geschlafen", folgerte Willow in einer Bemerkung anstatt einer Frage.

 

Ihre Gedanken wirbelten umher wegen dem, was sie da hörte und sie wusste nicht, was sie darüber denken sollte. Buffy hatte etwas unglaublich riskantes getan, aber falls sie andererseits in der gleichen Situation gewesen wäre, hätte sie das gleiche getan?

 

Die Gruppe blieb einen Moment still, aber alle Blicke waren immer noch auf Buffy konzentriert, da alle versuchten, das, was sie getan hatte, sacken zu lassen.

 

Buffy wusste, dass alle das Recht hatten, wütend auf sie zu sein und sie anzuschreien. Sie wusste, dass sie nicht mit Angel hätte schlafen sollen. Wenn jemand wusste, welche Folgen ihre Handlung hätte haben können, dann war sie das.

 

Aber sie wusste auch, dass in dieser Nacht das perfekte Glück nicht erreicht werden konnte. Keiner von beiden konnte bei dem, was sie getan hatten, Glück finden. Es war ein Akt der Verzweiflung und sie hatte während der gemeinsamen Nacht stille Tränen vergossen, da sie wusste, dass es wahrscheinlich das letzte Mal war, dass sie ihren Seelengefährten sehen würde.

 

Nein, perfektes Glück war ganz bestimmt nicht möglich gewesen in dieser Nacht. Aber trotzdem wusste sie, dass die anderen es nicht verstehen würden. Und sie konnte es ihnen kein bisschen vorwerfen. Sie verstanden Angel nicht und ihre Beziehung zu ihm. Sie konnte von ihnen nicht erwarten, dass sie die Feinheiten von perfektem Glück kannten. Sie hoffte nur, dass sie ihr mit der Zeit vergeben würden für das, was sie getan hatte.

 

„Du ekelst mich an!", schrie Xander sie an und unterbrach die Stille. „Du hast uns alle, und die Welt, in Gefahr gebracht, nur damit du es mit deinem Vampirgeliebten treiben konntest!“

 

Er stürmte auf sie zu, eindeutig noch nicht fertig mit seiner Tirade. Die anderen sahen nur zu. Keiner von ihnen machte Anstalten ihn zu stoppen.

 

„War es gut? Häh? Hast du es genossen? Ich hoffe wirklich, dass du deinen Spaß hattest. Denn wenn nicht, dann hast du mich und alle, an denen dir etwas liegen sollten, in Gefahr gebracht, nur damit du es mit einem toten Körper treiben konntest. Hast du überhaupt an uns andere gedacht oder warst du nur verzweifelt darauf aus, flachgelegt zu werden. Wenn ich das gewusst hätte, dann hättest du das von mir haben können."

 

Tränen flossen aus Buffys Augen wegen den barschen Worten ihres besten Freundes. Sie hatte erwartet, dass sie wütend waren, aber das hatte sie nicht erwartet. Ihre Augen wanderten zu den anderen, fast so als würde sie um Hilfe bitten. Aber niemand tat ihr den Gefallen.

 

Xander stellte sich vor Buffy und starrte ihr direkt in die Augen.

 

„Ich habe mal zu dir aufgesehen, dich angebetet für alles, was du getan und geopfert hast. Aber du bist nur eine Hure, die ihre Beine nicht geschlossen halten kann. Du gibst doch einen Scheißdreck um uns oder um die Welt, solange du deinen Vampirgeliebten haben kannst!", vollendete er seine scharfen und harten Worte.

 

Nachdem er sie angeschrieen hatte, starrte Xander sie noch einen Moment länger an, bevor er sich umdrehte und aus der Tür stürmte, die er hinter sich zuknallte.

 

Buffy zuckte bei diesem Geräusch zusammen. Salzige Tränen liefen ununterbrochen ihre Wangen hinab. Sie wollte zu Boden sinken und schluchzen. Wie konnte er diese Dinge zu ihr sagen? Sie hatte gedacht, dass er ihr Freund wäre.

 

Buffy hielt sich nicht damit auf, sich die Tränen aus ihrem Gesicht zu wischen und blickte zu den verbleibenden Leuten im Raum. Sie hoffte, dass jemand Xanders Behauptungen widerlegen würde. Sie fand jedoch keinen Trost.

 

Willow weigerte sich, sie anzuschauen und Oz war auf Willow konzentriert. Giles starrte auf seine Hände, doch als er schließlich aufblickte, sah Buffy nur Enttäuschung und Scham in seinen Augen.

 

„Es-es tut mir Leid", schluchzte sie und schlang ihre Arme um sich selbst.

 

„Es tut dir Leid?!?!", schrie Giles.

 

Er stand auf und näherte sich Buffy bis auf weniger als einen halben Meter. Als er sprach, klangen seine Worte barsch und kalt.

 

„Ich dachte, du hättest mehr Verstand, als das zu tun. Du hast dich selbst vor die anderen gestellt und uns damit in unglaubliche Gefahr gebracht. Hast du überhaupt einen Moment nachgedacht, bevor du gehandelt hast?“

 

Buffys Schultern sackten weiter nach unten durch die harten Worte des Mannes, den sie mehr als einen Vater angesehen hatte, als den echten. Sie konnte Xanders höhnische Bemerkungen bis zu einem gewissen Grad akzeptieren, aber dass Giles diese Dinge sagte, nahm ihr all ihre verbleibende innerliche Stärke, damit sie nicht auf dem Boden zusammenbrach und sich zu einem Ball zusammenrollte.

 

„Es ist eine Untertreibung, wenn ich sage, dass ich extrem enttäuscht und beschämt über deine Handlung bin", fuhr Giles fort und seine Stimme hatte nicht das kleinste bisschen an Verständnis und Vergebung ist sich, „Du hast deine Berufung lächerlich gemacht und meine Position als dein Wächter. Die Buffy, die ich kenne, würde niemals die Welt auf diese Weise in Gefahr gebracht haben. Ich denke nicht, dass ich noch weiß wer du bist."

 

Sobald er aufgehört hatte zu sprechen, drehte sich Giles um und ging die Treppe zu seinem Schlafzimmer hinauf. Er warf noch nicht einmal einen Blick zurück auf das schluchzende Mädchen, das in seinem Wohnzimmer am ganzen Körper zitterte.

 

Buffy starrte auf seinen Rücken, als er sie einfach verließ. Ihre Augen schlossen sich vor aufgezwungenem Schamgefühl. Sie hatte gehofft, dass sie wenigstens versuchen würden, ihre Handlung zu verstehen. Aber offensichtlich hatte sie sich geirrt. Schrecklich geirrt. Und jetzt verließen sie alle.

 

Buffy machte einen Schritt auf Willow zu in der Hoffnung, dass wenigstens ihre beste Freundin ihr etwas Trost anbieten würde. Sie glaubte nicht, dass sie es ertragen könnte, wenn Willow sie auch abweisen würde.

 

Willow hatte Buffys Bewegung gespürt, blickte kurz hoch und begann zu sprechen.

 

„Buffy, ich-ich-"

 

Sie verstummte, da sie nicht wusste was sie sagen sollte und wandte ihren Blick wieder auf ihren Schoß, während Oz seinen Arm um sie legte.

 

Buffy nahm diese unterbrochenen Worte als Zurückweisung, flüsterte noch einmal „Es tut mir Leid“, bevor sie sich umdrehte und aus dem Raum raste. Ihre Schluchzer halten von den Wänden wider. Sie stolperte auf den Hof und die Treppen hinauf. Ihre Sicht war durch eine Flut von Tränen verschwommen.

 

Sie stolperte auf der obersten Stufe und fiel schmerzhaft zu Boden. Ein lautes Wimmern entwich ihren Lippen, als eine scharfe Kante des Betons sich in ihren Arm drückte und ihre Stirn gegen den Rahmen der Treppe prallte.

 

Sie versuchte sich hochzuschieben, aber ihr schon schwacher Körper weigerte sich, sie zu unterstützen und sie brach wieder auf dem Zement zusammen. Genau da bemerkte sie, dass ein Schatten über ihr ragte. Als sie hochblickte, blinzelnd wegen den Sonnenstrahlen, sah sie Xander, der sich ihr näherte.

 

„Was ist los? Kannst du die Wahrheit nicht ertragen?", höhnte er. Als er keine Antwort bekam, fuhr er fort. „Arme, kleine Buffy. Der Stolz und die Freude des Rates, geschwängert von einem Vampir. Ich hoffe, du hast ein schönes Leben mit deiner Dämonenbrut."

 

Und damit drehte er sich um und ging davon. Nach Er ließ nach Buffys Meinung keinen Zweifel daran, was er von ihr dachte.

 

Unfähig sich selbst noch länger zusammenzureißen, zog Buffy ihre Knie zu ihrem Kinn hoch und ließ ihren Kopf darauf fallen. Ihr war das Blut egal, das von einer Wunde auf ihrer Stirn auf ihre Hose tropfte. Sie schluchzte heftig über die Ablehnung von allen, dir ihr wichtig waren.

 

Alle hassten sie. Sie wusste, dass sie das taten. Irgendwie hatte sie gedacht, dass sie wütend sein würden, ihr aber wahrscheinlich vergeben würden. Aber jetzt konnte sie erkennen, dass das nicht möglich war. Alle hatten gesagt, dass sie sie niemals wiedersehen wollten.

 

In der Zeitspanne von ein paar Minuten hatte sie alle verloren. Angel war bereits weg und jetzt waren es die anderen auch. Sie war alleine. Wirklich und vollkommen alleine. Dieser Gedanke verstärkte nur ihr Schluchzen. Ihre Körper schüttelte sich unter der Macht, während sie da saß und sich auf den Treppen vor und zurück wiegte.

 

Ein Wort hallte wiederholt durch ihren Kopf.......Allein.

 

 

Kapitel 4

 

Fast eine Stunde später ging Buffy langsam die Stufen zu ihrem Haus hoch. Sie hatte all ihre Kraft benötigt, um sich genug zusammenzureißen, damit sie vom Boden aufstehen und nach Hause gehen konnte. Ihre Tränen hatten schließlich aufgehört zu fließen und eine betäubende Kälte hatte sich in ihrem ganzen Körper ausgebreitet. Und zusammen mit dieser Kälte keimte ihr Zorn.

 

Sie war zornig auf sie. Auf alle. In einer Zeit, in der sie sie am nötigsten gebraucht hatte, hatten sie sie beschimpft und ausgeschlossen. Ja, sie hatte einen Fehler gemacht, der sich als tödlich hätte herausstellen können, aber sie war nur ein Mensch. Sie wusste, dass sie Angel nicht hätte anflehen sollen, sie zu lieben, aber in der ganzen Zeit hatte sie nur das dringende Verlangen gehabt, mit ihm zusammenzusein. Verstanden sie denn nicht, wie sehr es sie schmerzte, weil Angel gegangen war?

 

Offensichtlich nicht. Alle erwarteten von ihr, dass sie die Erinnerung beiseite schob und mit ihrem glücklichen Leben weitermachte. Aber das war nicht möglich. Wie konnte das ein, wenn ihr Seelengefährte gerade erst aus ihrem Leben verschwunden war? Sie hätten versuchen können, es zu verstehen. Sie hätten sie trösten können und ihr Zeit geben können, um in gewisser Hinsicht seinen Verlust zu betrauern. Statt dessen erwarteten sie von ihr, ein Roboter zu sein und ihre Emotionen beiseite zu schieben.

 

Verdammt seien sie! Sie war nicht perfekt. Und wenn sie das nicht akzeptieren konnten, dann sollten sie verdammt sein! Aber trotz ihrer steigenden Wut, fühlte sie immer noch einen Stich in ihrem Herzen, weil sie die Menschen verloren hatte, die sie liebte. Sie waren ihre Welt. Sie waren seit über zwei Jahren ihre Familie gewesen. Und jetzt waren sie nicht mehr da. An wen sollte sie sich jetzt wenden?

 

Deprimiert ging sie in ihr Haus und plumpste zurück gegen die jetzt verschlossene Tür. Als sie versuchte, die schmerzhaften Erinnerungen der Begegnung mit ihren Freunden zu verdrängen, hörte sie ein Geräusch aus der Küche. Ihr wurde plötzlich klar, dass ihre Mutter zuhause war. Und noch wichtiger, dass ihre Mutter keine Ahnung davon hatte, was los war.

 

Ihr war noch nicht mal der Gedanke gekommen, es ihrer Mom zu sagen. Sie standen sich nicht besonders nahe. Die Tatsache, dass ihre Mom Angel hasste, half auch nicht besonders, aber sie war alles, was Buffy jetzt noch hatte. Und sie würde ihre Mom wirklich brauchen, damit sie ihr durch die Schwangerschaft half. Immerhin war sie nur achtzehn. Was wusste sie schon davon, ein Baby zu haben?

 

„Buffy? Liebes? Hast du Hunger? Ich habe mir überlegt, dass wir-. Oh mein Gott! Was ist passiert?", rief Joyce, als sie den Flur betrat und Buffys verquollene, rote Augen und die Schnitte auf ihrer Stirn und ihrem Arm sah.

 

„M-mir geht es gut", antwortete Buffy.

 

Ihre Stimme war heiser vom Weinen.

 

„Süße, du siehst nicht gut aus. Gab es Ärger bei der Jagd?", wollte Joyce besorgt wissen.

 

„Nein, es war nichts mit der Jagd", erwiderte Buffy und ihre Gedanken wanderten wieder dahin zurück, was in Giles Appartement passiert war.

 

„Hier." Joyce nahm Buffys Arm. „Komm, setz dich auf die Couch und ich hole etwas, um die Schnitte zu reinigen."

 

Buffy gehorchte und setzte sich auf das Sofa. Sie zog ihre Füße unter sich. Dann starrte sie auf die nicht mehr blutenden Schnitte auf ihrem Arm, auf die ihre Mutter sich bezog und fragte sich träge, wo sie die her hatte. Ihr wurde klar, dass sie daher gekommen sein mussten, als sie auf der Treppe gefallen war.

 

In ihrer Benommenheit bemerkte sie nicht einmal, dass ihre Mutter aus dem Raum eilte und dann mit einem Erste-Hilfe-Kasten wiederkam. Sie zuckte nicht einmal zusammen, als das Desinfektionsmittel die verletzte Haut berührte. Die Betäubung, die ihren Körper überkommen hatte, schien ihre Gefühle abgetötet zu haben.

 

Joyce reinigte und bandagierte schnell die Schnitte. Ihre Sorge steigerte sich mit jeder Sekunde wegen der Reaktion ihrer Tochter. Oder dem Mangel daran. Als sie endlich fertig war, stellte sie den Kasten auf den Tisch und drehte sich zu Buffy.

 

„Liebes? Was ist los? Rede mit mir", bat Joyce und strich die Haare aus Buffys Gesicht.

 

Buffy blickte zu ihrer Mom und sprach das erste aus, das ihr in den Sinn kam.

 

„Ich bin schwanger."

 

Joyce starrte sie geschockt mit offenem Mund an.

 

„Du-du bist was?“

 

„Schwanger", wiederholte Buffy leise und war nicht mehr fähig, ihre Mom anzusehen.

 

„Ich habe dich beim ersten Mal gehört", blaffte Joyce. Buffy zuckte wegen der Schärfe in der Stimme zusammen. „Es tut mir leid. Es-es ist einfach ein Schock."

 

„Ich weiß", flüsterte Buffy und versuchte das Zittern zu verdrängen, das sie wieder spüren konnte.

 

„Wie ist das passiert?", versuchte Joyce behutsam zu fragen, klang aber trotzdem nachdrücklich.

 

Vor der Erklärung schlang Buffy ihre Arme um sich selbst. Ihre Hände rieben an ihren Armen auf und ab, um die Kälte zu vertreiben, die sich in ihrem Körper festgesetzt hatte. Schließlich blickte sie zu ihrer Mom hoch und begann ihr davon zu erzählen, was mit Angel passiert war.

 

Während Buffys ziemlich kurzen Erklärung blieb Joyce still. Sie holte nur ein paar Mal geschockt Luft und warf ihrer Tochter ein paar anklagende Blicke zu.

 

Buffy war damit fertig, ihr von der Nacht mit Angel zu erzählen und wollte gerade über den Vorfall bei Giles berichten, und wie ihre Freunde sie sitzen gelassen hatten, als ihre Mutter sie unterbrach.

 

„Wie kannst du so verantwortungslos und sorglos sein?!?!", schrie Joyce ihre Tochter an.

 

Zu sagen, dass sie wütend war, war eine Untertreibung. Sie war stinksauer. Nicht nur war ihre Tochter mit achtzehn schwanger geworden, sie war auch noch schwanger von dieser abscheulichen, nutzlosen Kreatur.

 

„Es tut mir Leid", erklärte Buffy wie es schien zum hundersten Mal heute.

 

„Das tut es besser, junge Dame!", meinte Joyce hitzig. „Hast du überhaupt an die Konsequenzen deiner Handlung gedacht?“

 

Buffy ließ ihren Kopf beschämt hängen. Sie wusste, dass ihre Mom, genauso wie alle anderen, Recht hatten. Sie war verantwortungslos gewesen, aber sie konnte nicht anders, als sich zu wünschen, dass sie sie trösten würden und ihr sagen würden, dass alles wieder gut werden würde.

 

„Ich-ich", begann Buffy, wurde aber von ihrer Mom unterbrochen.

 

„Nun offensichtlich hast du das nicht. Ich bin so enttäuscht von dir", sagte Joyce mit einem erniedrigenden Kopfschütteln. Ihre Mutter sprang von der Couch und begann durch den Raum zu laufen. „Habe ich dir denn gar nichts beigebracht? Ich meine, ich habe alle Elternratgeber gelesen. Ich habe dir Safer Sex erklärt." Immer noch hin und her laufend fuhr Joyce mit ihrer Tirade fort. „Und Angel? Lass mich nicht noch mit dem anfangen. Er hätte gehen sollen, als ich es ihm gesagt habe."

 

„Was?“ Buffys Kopf schoss hoch bei der letzten Bemerkung ihrer Mutter. „Was hast du getan?“

 

„Ich habe ihm gesagt, dass er gehen soll. Er war nicht gut für dich", erzählte sie Buffy stolz.

 

„Ich kann es nicht glauben....Nein, eigentlich kann ich es doch....Wie konntest du mir das antun?", rief Buffy empört aus.

 

„Nun, offensichtlich hast du über die Situation nicht logisch nachgedacht. Genauso wenig wie er. Also musste es jemand machen", erklärte Joyce, die kein bisschen Bedauern verspürte.

 

„Und dieser jemand warst du, richtig?", erwiderte Buffy sarkastisch und wurde mit jeder Minute wütender.

 

„Ja. Und offensichtlich hat er nicht auf mich gehört. Sonst wärst du nicht in dieser Situation." Sie schüttelte enttäuscht ihren Kopf. „Aber mach dir keine Sorgen. Wir werden uns darum kümmern."

 

Buffys Augen weiteten sich bei den Worten ihrer Mutter.

 

„W-was meinst du mit ‚darum kümmern‘?“

 

„In der nächsten Stadt gibt es eine Klinik. Eine der Frauen, die in der Galerie arbeiten, hat mir davon erzählt", erklärte Joyce, die bereits Pläne machte, wie man die Dinge wieder in Ordnung bringen konnte.

 

„Klinik? Wovon sprichst du?", fragte Buffy, obwohl sie innerlich irgendwie wusste, was ihre Mutter andeutete.

 

„Ich werde morgen da anrufen und einen Beratungstermin machen", fuhr Joyce fort und ignorierte Buffys letzte Frage.

 

„Du willst, dass ich eine Abtreibung vornehmen lasse?", schrie Buffy.

 

Sie sprang von der Couch hoch und ihre Arme schlangen sich beschützend um ihren immer noch flachen Bauch.

 

„Aber natürlich. Du kannst das Baby ganz sicher nicht bekommen", bemerkte Joyce sachlich. „Jetzt werde ich den Termin machen. Ich werde mir Geld von der Galerie leihen müssen, um dafür zu bezahlen. Und wir können sicherlich nichts deinem Vat-“

 

„NEIN!", unterbrach Buffy das Gerede ihrer Mutter laut.

 

„Nein was?", fragte Joyce, verwirrt durch die Bemerkung ihrer Tochter.

 

„Nein, ich lasse keine Abtreibung machen", antwortete Buffy energisch.

 

Auf gar keinen Fall würde sie ihr Baby abtreiben.

 

„Das kann nicht dein Ernst sein", argumentierte ihre Mutter und stellte sich direkt vor ihre Tochter.

 

„Es ist mir todernst. Ich behalte dieses Baby", wiederholte Buffy und blickte ihrer Mutter direkt in die Augen.

 

„Oh nein, das wirst du nicht, junge Dame. Du wirst tun, was ich dir sage!", verlangte Joyce.

 

Sie fragte sich, wie ihre Tochter überhaupt in Erwägung ziehen konnte, in solch einem jungen Alter ein Baby zu bekommen. Und dann war das Baby auch noch von einem zwielichtigen Dämon gezeugt worden.

 

„Ich bin achtzehn Jahre alt, Mom! Du kannst mir nicht sagen, was ich tun soll", schrie Buffy zurück.

 

„Wenn du vorhast, dieses Baby zu behalten, dann kannst du dir woanders einen Platz zum Leben suchen", erklärte Joyce und verspürte kein bisschen Scham über das Ultimatum.

 

Sie musste Buffy dazu bringen, ihren Forderungen nachzugeben.

 

„Was?", fragte Buffy fast schon flüsternd.

 

Das konnte nicht passieren. Ihre Mutter konnte ihr das nicht antun.

 

„Wenn du dein Leben damit ruinieren willst, indem du das Baby bekommst, das Baby eines Vampirs, dann kannst du das woanders machen und ohne meine Hilfe", erklärte Joyce und ließ keinen Raum für eine Diskussion.

 

Buffy starrte sie geschockt mit großen Augen an. Zu einer Zeit, in der sie ihre Mom am meisten brauchte, wurde sie zurückgewiesen und rausgeschmissen. Nicht nur hatte sie ihre Freunde verloren, jetzt hatte sie auch ihre Mutter verloren. Auf keinen Fall würde sie jedoch ihr Baby aufgeben.

 

„Nun?", fragte Joyce, die vollkommen daran glaubte, dass ihr Tochter dem Ultimatum nachgeben würde.

 

„Ich werde keine Abtreibung machen lassen", antwortete Buffy leise und ihre Arme schlangen sich fester um ihren Bauch.

 

Joyce starrte sie eine Minute an, ehrlich überrascht darüber, dass Buffy sich gegen sie entschied, bevor sie wieder sprach.

 

„Schön. Ich erwarte, dass du aus diesem Haus bist, bevor ich zurück bin", befahl sie und stürmte dann aus dem Zimmer und aus dem Haus.

 

 

Kapitel 5

 

Scheinbar stundenlang stand Buffy da und starrte auf die Stelle, die ihre Mutter verlassen hatte. Ihr Verstand drehte sich wegen der Tatsache, dass alle, die sie liebte, sie verlassen hatten. Die meisten von ihnen hatten ihr Missfallen vorher noch zum Ausdruck gebracht. Ihre Freunde zu verlieren, war schlimm genug. Aber jetzt auch noch ihre Mutter.

 

Sicher, sie hatten sich nie so nahe gestanden, aber sie war ihre Mutter. Sie sollte immer für sie da sein. War das nicht die Aufgabe einer Mutter? Sollte sie nicht ihr Kind unterstützen, egal was war? Vielleicht hatten diese blöden Bücher, die sie las, vergessen, die Tatsache zu erwähnen. Das alles war jedoch egal. Das einzige, das Buffy wusste, war, dass sie sie alle im Stich gelassen hatten.

 

Nachdem sie sich aus ihrer Benommenheit befreit hatte, schaffte Buffy es irgendwie, sich auf den Weg nach oben zu machen. Sie stand jetzt im Türrahmen zu ihrem Zimmer. Aber in Wirklichkeit war es nicht ihr Zimmer. Nicht mehr. Das war sogar nicht länger ihr Haus. Ihre Mutter hatte das vollkommen klar gemacht.

 

Jetzt war sie also nicht nur alleine, ausgeschlossen von allen, die ihr wichtig waren, sondern sie war auch obdachlos und schwanger. Mit dieser Erkenntnis wurden ihre Augen wieder feucht. Sie konnte nirgendwo hingehen. Hatte niemanden, an den sie sich wenden konnte.

 

Vor ein paar Monaten wäre sie zum Trost zu Angel gelaufen. Doch sogar er war jetzt weg. Sie konnte nicht zu ihm gehen, sich von ihm in seine starken Arme nehmen lassen und sich von ihm durch geflüsterte Worte trösten lassen. Niemals wieder konnte sie sich an ihn wenden, wenn die Welt um sie herum zusammenbrach.

 

Sie wischte sich über ihre Tränen und versuchte ihre Gedanken an Angel aus ihrem Kopf zu bekommen, obwohl sie wusste, dass das unmöglich war. Sie betrat ihr Zimmer und ging auf das Bett zu. Jeder Bewegung fehlte ihre übliche Anmut und Geschmeidigkeit.

 

Langsam setzte sie sich hin und ließ ihre Schultern wegen ihren aktuellen Belastungen hängen. Sie blickte sich um, so als wollte sie sich jede Einzelheit von dem Ort einprägen, an dem sie zweieinhalb Jahre ihres Lebens verbracht hatte.

 

Ihre Finger glitten zitternd über die weiche, weiße Bettdecke, die auf ihrem Bett lag, bevor sie auf ihrem Bauch liegen blieben. Sie starrte auf ihren immer noch dünnen Bauch hinunter, während ihre Finger sanft über die mit dem Shirt bedeckte Haut streichelten.

 

Wie konnte ihre Mutter vorschlagen, dass sie eine Abtreibung vornehmen lassen sollte? Verstand sie denn nicht, dass das Baby das einzige von ihrem Angel war, das sie noch hatte? Es war ihr Baby, ihres und Angels. Nichts auf dieser Welt konnte sie dazu bringen, ihr Baby aufzugeben. Nichts!

 

Müde senkte sie ihren Körper auf das Bett bis ihr Rücken flach auf der Matratze lag. Ihre Beine hingen über dem Ende hinunter. Sie hob ihr Shirt genug an, um die straffe Haut ihres Bauches zu entblößen und strich mit ihren Fingern über die glatte Fläche. Es erstaunte sie, dass dort ein lebendes Wesen in ihr wuchs. Eines, das sie mit Angel erschaffen hatte. Die kleinste Andeutung eines Lächeln zierte ihre Lippen, als sie daran dachte.

 

Egal was auch passierte, sie würde jetzt immer ein Teil von Angel haben. Sie würde immer das Leben haben, das sie zusammen geschaffen hatten. Sie fragte sich, ob es ein Junge oder ein Mädchen sein würde, aber das war ihr in Wirklichkeit egal. Im Moment war das eine unbedeutende Einzelheit.

 

Ihre Finger streichelten weiter über ihren Bauch, während sie überlegte, wie sie in ein paar Monaten aussehen würde. Sie wusste, dass sie die Tatsache hassen sollte, dass sie dann wie ein gestrandeter Wal aussehen würde. Aber statt dessen war sie voller Ungeduld. Ihr bald angeschwollener Bauch würde eine sichtbare Erinnerung an das sein, was in ihr wuchs.

 

Ein kleines, winziges, hilfloses Baby, das das Produkt ihrer und Angels Liebe war.

 

In dem Moment floss eine Art von Frieden durch Buffy. Es erleichterte den Schmerz nicht wegen all dem, was passiert und ihr angetan worden war, aber es war genug, um ihr eine neue Widerstandsfähigkeit zu geben. Sie konnten sie alle im Stich lassen, sie verfluchen, sie verbannen. Sie konnten sie alleine lassen, damit sie alleine klar kam, als ihr bewusst wurde, dass sie niemals wirklich alleine wäre. Sie hatte ihr heiß geliebtes kleines Baby, um das sie sich kümmern musste.

 

Sie schwor sich selbst, dass sie von diesem Moment an alles nötige unternehmen würde, damit sie ihrem Sohn oder ihrer Tochter das beste Leben bieten konnte.

 

Ja, sie würde alles tun, um ihrem Baby ein glückliches Leben zu geben. Die Gedanken von der Zukunft ihres Babys rasten durch ihren Kopf. Ihr eigenes Glück war egal. Nur das des Babys zählte. Sie würde alles tun, um ihr Kind zu beschützen.

 

Und mit dem Gedanken daran wurde ihr plötzlich klar, was sie tun musste.

 

Sie musste Sunnydale verlassen.

 

Auf keinen Fall würde sie ihr Baby in dieser Stadt großziehen. Nicht an einem Ort, an dem sich die Leute, die sie als Familie angesehen hatte, von ihr abgewandt hatten. Sie wollte nicht, dass sie ihnen vielleicht begegnete und sich mit ihren wütenden Blicken und dem Geflüster auseinandersetzen musste. Und wer wusste, wie sie ihr Baby behandeln würden. Sie konnte das nicht zulassen. Sie konnte sich und ihr Baby nicht wie Aussätzige behandeln lassen.

 

Sie drückte einen Kuss auf ihre Fingerspitzen, senkte sie nach unten und drückte sie liebevoll auf das wachsende Leben in sich.

 

„Ich liebe dich, mein süßes kleines Baby“, sprach sie leise, bevor sie ihren müden und schmerzenden Körper vom Bett erhob.

 

Mit einer unerschütterlichen Entschlusskraft holte sie einige große Rucksäcke und begann sie mit Dingen wie Klamotten und Toilettenartikeln zu füllen. Sie stopfte so viel wie möglich in zwei der Taschen, erstaunt darüber, wie viel in sie hinein passte. Die dritte Tasche füllte sie mit Andenken, von denen sie sich nicht trennen konnte:

 

Mr. Gordo, ein paar Fotoalben, das Buch mit Gedichten, das sie von Angel zu ihrem achtzehnten Geburtstag bekommen hatte, und andere Sachen. Zögernd legte sie auch Dinge hinein, die sie an ihre Freunde und Familie erinnerten. Sie konnte sie einfach nicht vollkommen hinter sich lassen.

 

Als die drei Taschen schließlich voll waren, blickte sie sich in ihrem Zimmer um, da sie sicher sein wollte, dass sie nicht von größter Bedeutung vergessen hatte.

 

Ihre Hand untersuchte ihren Hals, um sicherzugehen, dass sie das silberne Kreuz von Angel trug. Sie fand es dort. Buffy entdeckte nichts, das sie vergessen hatte. Sie ging dann zu ihrem Schmuckkasten und öffnete ihn.

 

Vorsichtig entfernte sie die Gegenstände darin und legte ein geheimes Fach darunter frei. Sie öffnete es und holte ein Bündel Geldscheine heraus. Es war Geld, das sie von verschiedenen Familienmitgliedern und von einem Vater, der gedacht hatte, dass er sich ihre Liebe erkaufen konnte, zu ihrem Highschool Abschluss bekommen hatte. Sie blickte dankbar auf das Geld. Fast zweitausend Dollar. Das würde ganz bestimmt genug sein, um ihr zu helfen, bis sie herausgefunden hatte, was sie tun würde.

 

Sie sprach einen leisen Dank an ihre großzügigen Familienmitglieder und stopfte das Geld in ihre Tasche. Mit einem letzten Blick durch ihr Zimmer schulterte sie zwei der Rucksäcke und hob den dritten mit ihrer linken Hand hoch. Ein paar Tränen liefen ihre Wangen runter, als sie als sie zum letzten Mal aus ihrem Zimmer ging. Sie verspürte jedoch keine Reue. Wie konnte sie es bereuen, dass sie mit ihrem Seelengefährten ein winziges Leben in sich geschaffen hatte? Nein, es gab keine Reue.

 

Buffy schloss die Vordertür hinter sich und blieb stehen. Ihr wurde plötzlich bewusst, dass sie keine Ahnung hatte, wohin sie gehen sollte. Sie hatte keine Lust darauf, noch eine Nacht in Sunnydale zu bleiben. Es war aber schon spät und sie wollte nachts nicht unterwegs sein.

 

Während sie also ihre Taschen wieder hochhob, entschied sie sich, dass sie die Nacht in einem Motel verbringen würde, bevor sie Sunnydale hinter sich ließ.

 

Mit hocherhobenem Kopf entfernte sich Buffy von ihrem Zuhause und dem Leben, das sie geführt hatte. Sie konnte nicht sagen, dass sie es nicht vermissen würde, denn das würde sie. Sie würde ihre Freunde vermissen, ihre Familie und die Sicherheit ihres Hauses. Es würde schwer werden, aber sie würde einen Weg finden, um neu anzufangen.

 

Sie musste es.

 

Nicht nur für sich selbst, sondern auch für ihr Baby.

 

 

Kapitel 6

 

Buffy stöhnte, als sie schon wieder stolperte und fast mit dem Gesicht auf dem Bürgersteig gelandet wäre. Sie verfluchte sich selber, weil sie gedacht hatte, dass sie quer durch die Stadt gehen könnte, während sie drei riesige Rucksäcke trug. Normalerweise hätte ihre Jägerinnenkraft diese Aufgabe sehr viel einfacher gemacht, aber ihre körperliche Schwäche durch Schlafmangel und weil sie nicht richtig aß, hatte sie geschwächt. Dazu kamen noch die Strapazen ihrer Schwangerschaft und der Krach mit ihren Freunden und der Familie.

 

Natürlich machte sie die Sache auch noch schlimmer, da sie sich für ein Motel am äußersten Stadtrand entschieden hatte. Das war der beste Weg, um zu vermeiden, dass sie jemandem begegnete, den sie nicht sehen wollte. Nicht dass sie überhaupt erwartete, dass sie nach ihr suchten, aber sie hatte sich überlegt, dass es am Besten wäre, nichts zu riskieren.

 

Buffy fühlte sich ein wenig schwindelig und fand einen Baum, an dem sie sich ausruhen konnte. Sie ließ die Taschen von ihren Schultern auf den Boden gleiten und lehnte sich gegen den Baum. Sie keuchte ein wenig. Zum scheinbar hundertsten Mal an diesem Tag fühlte sie, wie sich in ihren Augen Tränen bildeten. Sie atmete ein paar mal tief ein und die Flüssigkeit verschwand, wofür Buffy dankbar war. Sie wollte nicht gesehen werden, wenn sie schluchzend auf dem Bürgersteig stand.

 

Nachdem ein paar Minuten vergangen waren, beugte sich Buffy vor und hob ihre Taschen auf. Ihr wurde ein wenig schwindelig und sie griff nach dem Baumstamm. Als die Benommenheit vorbei war, schulterte sie erneut ihre schweren Taschen und machte sich wieder auf den Weg zum Motel.

 

 

*****

 

 

Cordelia Chase rüttelte wütend an dem Schlüssel zu ihrem Motelzimmer und brummelte dabei etwas vor sich hin, dass der blöde Schlüssel ewig stecken blieb. Sie wollte so schnell wie möglich rein, bevor jemand sie an einem solch runtergekommenen Ort entdeckte. Aber natürlich hatte ihr Zimmerschlüssel eine andere Vorstellung. Sie stampfte wütend mit ihrem Fuß auf und dachte daran, dass das in den Vier-Sterne-Hotels, die sie gewohnt war, nicht passiert wäre.

 

Mit einem Ruck zog sie den Schlüssel aus dem Schloss und schob ihn dann wieder rein. Erneut versuchte sie den Schlüssel zu drehen und bemerkte, dass es immer noch nicht klappte. Als sie sich dann gegen die nicht kooperative Tür plumpsen ließ, zog eine Bewegung ihre Aufmerksamkeit auf sich, die sie aus ihrem Augenwinkel gesehen hatte.

 

Die brünette Cheerleaderin drehte sich um und starrte quer über den dunklen Parkplatz. Sie konnte kaum die Gestalt erkennen, die in ihre Richtung kam. Cordelia machte ein paar Schritte auf die Person zu und blickte zu der allzu vertrauten Frau, die sich ihren Weg über den Parkplatz erkämpfte. Sie keuchte bei dem Anblick schockiert auf und fragte sich, was zur Hölle Buffy bei einem Motel machte, und wie es schien mit Taschen, die an ihren Schultern hingen.

 

Buffy grunzte fast wegen der körperlicher Anstrengung, als sie über den Gehweg ging und auf das Büro des Motels zu. Ihre ganzer Körper schmerzte vor Erschöpfung. Alles schien sie gleichzeitig einzuholen: der Schlafmangel, dass sie kaum aß und die emotionale Anspannung wegen den Ereignissen am heutigen Tag. All das schwächte ihren Körper und Geist überaus heftig. Sie versuchte sich wieder zu konzentrieren und schob sich vorwärts, da sie wusste, dass sie nur noch ein wenig gehen musste, bevor sie sich ausruhen konnte.

 

Nur noch ein paar Schritte, sagte sie sich selbst, als sie plötzlich über einen großen Riss im Bürgersteig stolperte. Fieberhaft versuchte sie ihren Körper wieder ins Gleichgewicht zu bringen, aber wegen dem Gewicht der Taschen, die sie trug, und ihrem ausgepowerten Körper, hatte sie keinen Erfolg und stürzte zu Boden. Ihr bereits schmerzender Kopf knallte zum zweiten Mal in diesem Tag auf den Boden.

 

„Oh mein Gott! Buffy!", schrie Cordelia, als sie sah wie die Jägerin zu Boden fiel.

 

Cordelia eilte zu ihrer Manchmal-Freundin und blieb abrupt stehen, als sie den Zustand des blonden Mädchens sah. Sie hatte Buffy vorher schon abgekämpft nach einer Schlacht gesehen, aber was sie jetzt sah, ließ sogar sie zusammenzucken. Aus einer entzündeten, fast 10 cm. langen Wunde an ihrer Stirn sickerte Blut heraus, aber es waren Buffys Augen, die hauptsächlich Cordelias Aufmerksamkeit auf sich zogen. Sie waren rot, verquollen und sahen eingefallen aus. Außerdem hatte sie dunkle, große Ringe darunter.

 

Cordelia konnte sie einen Moment nur anstarren, da sie vollkommen schockiert von dem offensichtlich elenden Zustand der Jägerin war. Sie hatte noch nie gesehen, dass Buffy so schlecht aussah. Schließlich wurde sie aus ihrer Benommenheit gerissen, als sie sah, dass Buffy einen schwachen Versuch unternahm, sich vom Boden zu erheben.

 

„Buffy?", sprach sie zögerlich.

 

Buffy schüttelte leicht ihren Kopf und versuchte sich zusammenzureißen, aber alles drehte sich in ihrem Kopf. Sie hörte ganz schwach, dass jemand ihren Namen rief und hob ihren Blick, um zu der Stimme zu sehen. Die Bewegung war zuviel für ihren überbeanspruchten Körper und sie viel wieder zu Boden. Dabei verlor sie das Bewusstsein.

 

„Buffy!", schrie Cordelia kurz auf, als sie sah, dass Buffy erneut fiel und keine Anstrengungen machte, wieder aufzustehen.

 

Sie eilte zu dem gestürzten Mädchen und erkannte, dass Buffy nicht mehr bei Bewusstsein war. Ihre Braue zog sich zusammen, als sie überlegte was sie tun sollte. Sollte sie einen Krankenwagen rufen? Ihre Erinnerung wanderte ein Jahr zurück, als Buffy die Grippe hatte und ins Krankenhaus gebracht worden war. Sie hatte sich die ganze Zeit dagegen gewehrt. Nein, das Krankenhaus war wahrscheinlich keine gute Idee.

 

Sie blickte zu der immer noch geschlossenen Tür ihres Zimmers, die nur etwa drei Meter entfernt war. Ihre Lippen kräuselten sich, als sie darüber nachdachte, die Jägerin die paar Meter zu tragen. Sie blickte zwischen dem bewusstlosen Mädchen und der Tür hin und her, bevor sie seufzte und sich nach unten beugte, um sich einen von Buffys Armen um ihre Schulter zu legen.

 

„Gut, dass du so klein bist", grummelte sie und kämpfte damit, Buffy vom Boden zu ziehen.

 

Als sie versuchte Buffy Körper hochzuheben, meldete sich plötzlich jemand von ihrer rechten Seite.

 

„Brauchen Sie Hilfe, Miss?“

 

Cordelia blickte hinüber und sah einen Mann auf sich zukommen, der scheinbar Mitte Zwanzig war. Sie studierte ihn schnell und versuchte zu entscheiden, ob es klug wäre, seine Hilfe zu akzeptieren. Seine Kleidung ließ zu wünschen übrig, aber er sah nicht aus wie ein Axt-Mörder. Und da es noch einigermaßen hell war konnte er kein Vampir sein. Deshalb entschied sie sich, seine Hilfe anzunehmen. Sie hatte Buffy sowieso nicht wirklich tragen wollen.

 

„Ähh, ja. Könnten Sie mir helfen, sie in mein Zimmer zu bringen? Es ist direkt dort drüben."

 

Sie deutete zu der Tür.

 

„Sie sieht nicht gut aus. Vielleicht sollten wir einen Krankenwagen holen", schlug er hilfreich vor.

 

„Nein! Äh, ich meine, nein, das ist schon okay. Sie ist einfach nur , äh krank und in Ohnmacht gefallen. Sie würde es hassen, wenn wir einen Krankenwagen rufen würden", log Cordelia, obwohl sie sich innerlich fragte, ob der Mann Recht hatte.

 

Wer war er überhaupt? Sein Akzept machte es deutlich, dass er nicht von hier war.

 

„Okay, wenn Sie das sagen. Warum öffnen Sie nicht die Tür und ich bringe sie rüber."

 

Der Mann hob Buffy ganz einfach auf seine Arme und folgte Cordelia zu ihrem Zimmer. Dankenswerterweise ließ sich die Tür dieses Mal einfach öffnen und sie betraten den Raum.

 

„Äh, legen Sie sie einfach aufs Bett."

 

„Okay."

 

Er legte das bewusstlose Mädchen behutsam ab.

 

„Vielen, vielen Dank." Cordelia lächelte.

 

„Kein Problem. Lassen Sie uns gehen und ihre Taschen holen, bevor sie jemand klaut", schlug er vor und ging bereits zur Tür hinaus.

 

Cordelia folgte ihm hinaus und wollte eine der Taschen aufheben. Sie bemerkte, dass es ihr unmöglich war.

 

„Mensch, was zur Hölle hat sie in diesen Dingern", brummelte sie zu niemand besonderem.

 

Der Mann gluckste über diese Bemerkung.

 

„Ja, sie sind ziemlich schwer."

 

Zusammen und mit Mühe schafften Cordelia und der gute Samariter es, die drei Taschen in das Zimmer zu bekommen. Der Mann blickte zu Buffy und runzelte die Stirn darüber, wie das zierliche Mädchen aussah.

 

„Sind Sie sicher, dass sie in Ordnung ist?", fragte er besorgt.

 

„Ja, sie wird wieder okay." Cordelia zuckte mit Achseln, hoffte aber, dass sie Recht hatte. „Danke, dass Sie mir geholfen haben."

 

„Gern geschehen."

 

Er nickte mit dem Kopf, starrte sie einen Moment an und verließ schnell den Raum.

 

Cordelia schloss hinter ihm die Tür, ging zu einem der schmutzigen Stühle hinüber und plumpste darauf. Sie starrte besorgt auf Buffys immer noch regungslose Gestalt auf dem Bett. Millionen Fragen gingen ihr durch den Kopf. Zuallererst kam ‚Was zur Hölle war los?‘ Buffy sah schrecklich aus. Warum hatte sie so viele Taschen dabei und warum hatte es so ausgesehen, als wollte sie sich ein Zimmer im Motel nehmen?

 

Und warum interessierte sie das überhaupt? Sie und Buffy waren nie wirklich Freunde gewesen. Aus irgendwelchen Gründen war sie aber besorgt um das bewusstlose Mädchen auf ihrem Bett. Buffy war immer so stark und energisch gewesen. Das hatte sie manchmal eifersüchtig auf das Mädchen gemacht. Jetzt zu sehen, dass sie so, nun, beschissen aussah, war mehr als nur ein wenig schockierend. Was auch immer los war, musste sehr schlimm sein, wenn es Buffy so in Mitleidenschaft gezogen hatte.

 

Cordelia wurde klar, dass sie im Moment keine Antworten bekommen würde und ließ sich weiter auf den Stuhl sinken. Sie überlegte sich was sie machen konnte. Sie hob ihre Füße auf einen weiteren Stuhl und schnappte sich die neueste Ausgabe der ‚Vogue‘. Ihr Blick wanderte noch einmal zu Buffy, bevor sie sich dranmachte die Zeitschrift zu lesen.

 

 

Kapitel 7

 

Langsam kam Buffy wieder zu Bewusstsein. Sie fühlte sich, als wäre sie von einem LKW überfahren worden. Ihre Augen blieben geschlossen, als sie sich zu erinnern versuchte, warum sie sich so schrecklich fühlte. War sie nicht zu dem Motel gegangen? Was war passiert?

 

Sie durchsuchte ihr Gedächtnis und erinnerte sich daran, dass sie sich erschöpft gefühlt hatte und dann gefallen war. Oder nicht? Lag sie immer noch auf dem Bürgersteig? Nein, wurde ihr plötzlich klar. Sie lag auf etwas Weichem. Dieses kleine Detail machte ihr Sorgen. Wenn sie nicht immer noch auf dem Bürgersteig war, wo zur Hölle war sie? Da sie immer besorgter wurde, schoss sie im Bett hoch.

 

„Jesus Christ! Verpass mir doch keinen verdammten Herzinfarkt!", hörte Buffy jemanden von rechts schreien.

 

Als sie in diese Richtung sah, war sie vollkommen schockiert.

 

„Cordelia?", rief sie überrascht aus.

 

„Genau die", antwortete Cordelia, hielt sich wegen Buffys plötzlicher Bewegung aber immer noch mit ihrer Hand das klopfende Herz .

 

„W-was ist los?", fragte Buffy nervös, während ihr Blick durch den Raum wanderte.

 

Was machte sie in einem, wie es aussah, Motelzimmer? Und vor allem mit Cordelia?

 

„Du hast entschieden, dass es lustig wäre, mitten auf dem Parkplatz in Ohnmacht zu fallen. Und ich musste deinen Hintern hier reinziehen", bemerkte Cordelia, verheimlichte ihr aber das kleine Detail, dass sie Hilfe dabei gehabt hatte, Buffy zu tragen.

 

Buffy sah sie seltsam an. Das war nicht die Antwort gewesen, die sie erwartet hatte. Seit wann interessierte sich Cordelia Chase für sie? Sie hatten sich so gut wie immer schon gehasst. Aber sie war unglaublich dankbar, dass die unmögliche Brünette sie dort nicht liegen gelassen hatte.

 

„Ähh, danke", sagte sie leise und rieb mit ihrer Hand über ihren pochende Kopf. „Wie lange war ich weg?“

 

„Ungefähr zwei Stunden. Hier", bot Cordelia, streckte eine Hand aus, auf der zwei Aspirin waren. In der anderen Hand hatte sie ein Glas Wasser.

 

„Danke", murmelte Buffy, als sie die Pillen nahm und sie mit dem Wasser runterschluckte.

 

„Ich wollte schon einen Krankenwagen rufen, aber ich denke nicht, dass das du das gewollt hättest", meinte Cordelia und beäugte die Blondine, die aussah, als würde sie jede Sekunde zusammenbrechen.

 

Buffy zitterte bei der Andeutung. Das Krankenhaus war ganz bestimmt ein Ort, zu dem sie nicht gehen wollte.

 

„Ich bin froh, dass du das nicht getan hast."

 

„Du siehst aus wie die Hölle", bemerkte Cordelia in typischer Unverblümtheit.

 

„Danke, das habe ich gar nicht bemerkt", schnaubte Buffy entrüstet.

 

Man konnte Cordy vertrauen, das Offensichtliche auszusprechen.

 

Cordelia seufzte und setzte sich neben Buffy auf das Bett.

 

„Nein, es ist mir ernst. Was ist los?", fragte sie und ihre Stimme hatte eine unübliche Sanftheit in sich.

 

Buffy blickte zu ihr auf, überrascht über ihre Besorgnis. Sie dachte über ihre Frage nach und ihre Gedanken wanderten zu den schrecklichen Ereignisses des Tages zurück. Gegen ihren Willen traten ihr die Tränen in die Augen, und sie sah deswegen von Cordelia weg. Das Letzte, woran sie denken wollte, war die Zurückweisung ihrer Mutter und ihrer Freunde. Die Erinnerung daran war noch zu frisch in ihrem Kopf.

 

Die Brünette runzelte die Stirn. Etwas stimmte ernsthaft nicht, da war sie sich sicher. Der Blick in Buffys Augen hatte sie erschaudern lassen. Sie kannte den Blick zu genau. Der Blick, wenn man sich total und vollkommen alleine und verloren fühlte. Sie sah ihn in diesen Tagen jedes Mal, wenn sie sich im Spiegel ansah.

 

Cordelia spürte, dass Buffy noch nicht bereit war, ihre Geschichte zu erzählen und wechselte das Thema.

 

„Warum gehst du nicht duschen? Du siehst aus, als könntest du das brauchen. Und du könnest dich danach besser fühlen."

 

„Ja, duschen klingt nett", antwortete Buffy geistesabwesend, glücklich darüber, das Thema ihrer gegenwärtigen Situation zu vermeiden.

 

„Ich bestelle in der Zeit eine Pizza. Du siehst so aus, als könntest du etwas zu essen vertragen."

 

Cordelia nickte zu Buffys magerem Körper.

 

Buffy zuckte bei dem Gedanken an Essen zusammen, aber eine kleine Stimme in ihr erinnerte sie daran, dass sie essen musste, und dass ihr Baby auf sie angewiesen war.

 

„Ok, danke."

 

Sie stand auf und kramte auf der Suche nach ihren Duschsachen durch ihre Tasche. Sobald sie sie herausgeholt hatte, murmelte sie Cordelia ein „bin gleich zurück“ zu und machte sich auf den Weg ins Badezimmer.

 

Sobald sie drin war, plumpste sie auf das Waschbecken und sah sich im Spiegel an. Cordy hatte Recht, sie sah beschissen aus. Sie wandte sich zur Dusche und stellte sich unter das heiße Wasser. Sie wünschte, dass der prasselnde Strahl alle ihre kürzlichen Schrecken wegwischen würde, aber sie wusste, dass das nicht passierte. Nichts würde sie jemals vergessen lassen, was passiert war.

 

 

*****

 

 

Eine Stunde später saß Buffy in ihren Frotteebademantel gewickelt auf dem Bett. Ihre Haare waren immer noch nass. Eine halbleere Pizzaschachtel stand zwischen ihr und Cordelia. Während sie gegessen hatten, hatte sie der Brünetten alles erzählt, was passiert war und was sie dazu gebracht hatte, mit ihren Besitztümern in den Rucksäcken durch die Stadt zu wandern. Es war seltsam, aber irgendwie fand sie es besser, mit jemandem darüber zu sprechen, der der ganzen Situation nicht so nah stand. Und Cordelia schien wirklich schockiert über die Handlungen der anderen zu sein.

 

„Es tut mir Leid", platzte sie nach einer Minute der Stille heraus.

 

Was auch immer sie erwartet hatte, dass Buffy ihr sagen würde, das war es garantiert nicht. Sie konnte die Wut der anderen verstehen, aber gleichzeitig konnte sie gar nicht anders, als auch Mitleid mit Buffy zu haben. Sie wusste nur allzu gut wie es war, verlassen zu werden und alles zu verlieren. Ja, das war ganz bestimmt etwas, womit sie vertraut war.

 

„Danke", erwiderte Buffy und starrte auf ihre Händen hinunter.

 

„Ich. Wow. Ich kann nicht glauben, dass alle das getan haben. Ich kann verstehen, dass sie wütend sind, aber so etwas zu tun, das ist einfach... “

 

Sie verstummte, da sie nicht wusste was sie sagen sollte. Sie war es nicht gewohnt, sich so um jemanden zu sorgen.

 

„Ich weiß", flüsterte Buffy leise.

 

Sie zwang sich selbst, nicht wieder zu weinen. Da sie nicht weiter über sich sprechen wollte, wechselte sie das Thema.

 

„Also, ähmm, was machst du hier?“

 

Cordelia Augen funkelten eine Sekunde lang vor Emotionen, bevor sie antwortete. Der Blick war Buffy nicht entgangen.

 

„Ich bin hier seit dem Abschluss."

 

„Was? Warum?", fragte Buffy überrascht.

 

Wieso um Himmels willen lebte Queen C, die reiche Zicke aus der Sunnydale High, in einem heruntergekommenen Motel?

 

„Ich, ähh, nun es hat sich herausgestellt, dass Daddy ein kleines Problem mit seinen Steuern hat, weil er sie niemals bezahlt hat", antwortete sie, nicht länger zu einem Blickkontakt mit Buffy fähig.

 

Sie wusste, was die Menschen jetzt von ihr dachten und sie hasst es.

 

„Also", fing Buffy an und versuchte herauszufinden, was das bedeutete.

 

„Die Regierung hat alles genommen. Das Geld, das Haus, alles. Und weißt du, Daddy hat sich entschieden, eher abzuhauen, als ins Gefängnis zu gehen. Unglücklicherweise hat er gedacht, dass es viel zu schwierig wäre, seine Tochter mitzunehmen", versuchte Cordelia zu scherzen, aber der Schmerz war deutlich in ihrer Stimme zu hören.

 

Buffy starrte sie geschockt an. Zu einer anderen Zeit hätte sie Cordys Situation vielleicht komisch gefunden, wenn man daran dachte, wie sich die beiden gehasst hatten, aber nach dem, was sie den ganzen Tag durchgemacht hatte, war es überhaupt kein bisschen komisch. Sie wusste einfach, wie sich das anfühlte, wenn man plötzlich gar nichts mehr hatte.

 

„Das tut mir Leid, Cordy. Das muss schrecklich für dich gewesen sein", sagte Buffy aufrichtig.

 

Sie konnte nicht anders, als für Cordelia Mitleid zu empfinden,

 

„Ja, nun", sagte Cordy und versuchte Buffys Besorgnis zu ignorieren.

 

Sie hasste es, schwach zu erscheinen und sich zu fühlen.

 

Für ein paar Minuten saßen beide Mädchen einfach nur da, da beide keine Ahnung hatten, was sie der anderen sagen sollten. Die Situation, in der sie sich befanden, war vollkommen fremd für beide. Fast schon seit dem ersten Tag, an dem Buffy nach Sunnydale gekommen war, hatten sie sich gehasst. Jetzt entdeckten sie plötzlich, dass sie fast im selben Boot saßen....ohne Ruder....und in dem schnell das Wasser reinlief.

 

„Also, äh, was machst du jetzt?", fragte Buffy und unterbrach die verlegene Stille.

 

„Ich habe vor, aus diesem Höllenloch von einer Stadt zu verschwinden, wahrscheinlich in ein oder zwei Tagen. Ich kann es nicht ertragen, noch länger hier zu bleiben. Harmony und alle anderen wollen nicht mal mit mir reden, weil ich nicht mehr reich bin. Und meine Familie kümmert es doch noch weniger. Also habe ich mir gedacht, warum soll ich bleiben?", erklärte Cordelia mit einem Achselzucken.

 

„Macht Sinn", stimmt Buffy zu, die das Verlangen zu gehen nur allzu gut verstand.

 

„Wie ist es mit dir?", fragte die Brünette.

 

„Genauso. Niemand will mich hier. Sie haben das vollkommen klar gemacht. Und ich will mein Baby nicht in ihrer Nähe großziehen", sagte Buffy, während ihre Hand unbewusst zu ihrem Bauch wanderte.

 

„Ja, ich denke, das ist wahrscheinlich klug. Ich meine, es klingt ja so, als wäre Xander total durchgeknallt", gab Cordelia zu und fragte sich, was sie je in diesem Trottel gesehen hatte.

 

Buffy zuckte als Antwort nur mit den Schultern, da sie eigentlich nicht über Xander reden wollte.

 

„Hast du dir überlegt, wo du hingehen willst?", fragte sie neugierig.

 

„Ich habe ursprünglich an LA gedacht, habe mich aber entschieden, dass es immer noch zu nah an Sunnydale ist", antwortete Cordelia.

 

„Ja, ich denke nicht, dass ich überhaupt noch im Staat Kalifornien bleiben möchte", stimmte Buffy zu und nahm einen Schluck von ihrer Sprite, die auf dem Tisch gestanden hatte.

 

„Wo willst du hingehen?", fragte Cordy und wunderte sich, warum sie das überhaupt interessierte.

 

„Weiß nicht. Ich hab nicht wirklich darüber nachgedacht. Unterwegs zum Motel habe ich mir ein paar Orte überlegt. Ich wollte schon immer mal nach Seattle", erklärte sie und die Idee wurde ihrer Meinung nach immer besser.

 

„Hmm, Seattle. Scheußliches Wetter, der Ort klingt aber nicht schlecht", überlegte Cordy und dachte an die Möglichkeiten.

 

„Häh?", murmelte Buffy, verwirrt über die Bemerkung.

 

„Nun, wir wollen beide hier raus. Wir könnten, du weißt schon, zusammen gehen oder so", erwiderte sie, selbst überrascht über das Angebot.

 

Vielleicht war sie schon selbst verrückt geworden in den letzten zwei Monaten, die sie hier alleine verbracht hatte.

 

Buffy starrte sie mit offenem Mund an. Ihr erster Instinkt war, „Zur Hölle nein“ zu sagen, aber als sie dann darüber nachdachte, klang es gar nicht so schrecklich. Vielleicht war es gar keine so schreckliche Idee. Immerhin war sie schwanger und sie war die Jägerin. Es würde wahrscheinlich klug sein, nicht alleine zu reisen. Und Buffy wusste auch wirklich nicht, ob sie überhaupt so völlig alleine sein wollte, auch wenn das bedeutete, dass sie mit Cordelia zusammen sein musste.

 

Buffy dachte eine weitere Minute über das Angebot nach, bevor sie antwortete:

 

„Dann denke ich mal, werden wir nach Seattle gehen."

 

 

Kapitel 8

 

Zwei Tage später

 

 

Seit fast einer Stunde war Buffy durch Sunnydale gewandert und hatte sich alles zum letzten Mal angeschaut:

 

Die verkohlten Reste der High School, das Bronze, Giles Appartement und natürlich ihr Haus. Ihr war nicht einmal klar gewesen, dass sie dort hingegangen war, bis sie auf dem Bürgersteig davor stehen geblieben war und das angestarrt hatte, was einmal ihr Zuhause gewesen war.

 

Ein Teil von ihr wollte hinein gehen, aber sie wusste, dass es nutzlos war. Es würde nichts verändern. Ihre Mutter hatte ihre Gefühle nur allzu deutlich klar gemacht, genauso wie alle anderen. Sie hatte niemanden von ihnen seit dem Krach gesehen. Und das war wirklich okay für sie. Sie hatte kein Verlangen, weiter ihren grausamen Worten zuzuhören.

 

Die einzige Person, mit der sie in den letzten zwei Tagen zusammen gewesen war, war Cordelia. Die Idee war irre. Von allen Menschen, von denen sie sich überlegt hatte, das sie zu ihr stehen würden, wäre Cordelia niemals dabei gewesen. Aber das Leben ging von Zeit zu Zeit seltsame Wege. Die Tatsache, dass sie bald mit Cordelia nach Seattle fahren würde, war der Beweis dafür.

 

Seltsam genug war schon, dass Buffy entdeckte, dass Cordelia nicht so schlimm war wie sie gedacht hatte. Nun, wenigstens die neue, etwas bescheidenere Cordelia. In den letzten beiden Tagen hatte sie mehr über die Cheerleaderin gelernt, als sie während der vergangenen zweieinhalb Jahre herausgefunden hatte. Cordy war immer noch so taktlos und freiheraus, aber es war auch etwas anders an ihr. Es zeigte sich in ihren Augen und sie war ein wenig freundlicher zu anderen als zuvor.

 

Das war wahrscheinlich wegen dem, was sie selbst hatte durchmachen müssen. Buffy konnte sich nur vorstellen wie es war, wenn man an dem einen Tag alles hatte: Autos, ein riesiges Haus, Designerklamotten und alles andere, was sie jemals haben wollte....und dann am nächsten Tag war alles verschwunden, zusammen mit ihrer Familie. Eigentlich brauchte Buffy es sich gar nicht erst vorstellen. Tatsächlich wusste sie nur zu gut, wie sich das anfühlte.

 

Vor nur drei Tagen hatte sie ihre Freunde gehabt, Giles, ihre Mutter, ein Zuhause, ein Leben...auch wenn es unglücklich gewesen war. Und heute hatte sie nichts davon. Es ließ sie sicherlich die Welt anders sehen. Und sie musste sich erst seit zwei Tagen damit befassen. Cordy war schon seit über zwei Monaten alleine. Also war es überhaupt nicht merkwürdig, die Änderung von Cordys Verhalten zu akzeptieren.

 

Aber es war immer noch seltsam, wenn man darüber nachdachte, dass sie ihre ganze Welt hinter sich ließ und mit Cordelia woanders hinging. Sie war jedoch glücklich, dass sie nicht vollkommen alleine wäre. Jedenfalls auf der Fahrt nach Seattle. Wer wusste schon, was passieren würde, wenn sie dort ankamen.

 

Mit einem letzten Blick auf ihr Haus drehte Buffy sich um und ging zum letzten Mal davon. Sie musste bald zum Motel zurückkehren, da Cordy auf sie wartete. Zuerst jedoch gab es noch zwei weitere Orte, zu denen sie gehen wollte, bevor sie Sunnydale hinter sich ließ.

 

 

*****

 

 

In dem Moment, in dem Buffy in den großen, offenen Raum getreten war, fragte sie sich, ob es ein Fehler gewesen war, hierhin zu kommen. Erinnerungen, gute und schlechte, kämpften um die Vorherrschaft in ihrem Kopf und so konnte sie nur da stehen und ein wenig zittern. So viel war in diesem Raum passiert, so viele bittersüße und quälende Momente, die für immer ganz tief in ihrer Seele bleiben würden.

 

Ein paar ungebetene Tränen kamen aus ihren jetzt geschlossenen Augen gelaufen, als sie sich lebhaft an ihren letzten Kampf mit Angelus erinnerte. Da war ein Moment gewesen, ein einzelner verzweifelter Moment während des Kampfes, in dem sie den Tod fast begrüßt hatte, und frei sein wollte von dem endlosen quälenden Schmerz. Sie hatten sich in die Augen gestarrt, sein Schwert hatte direkt auf sie gezeigt und ihr war klar gewesen, dass sie ihn nicht gewinnen lassen konnte, dass sie für Angel nicht versagen durfte indem sie aufgab. Zurückblickend hätte sie sich vielleicht von ihm töten lassen sollen. Alles wäre besser gewesen, als ihren Angel mit dem Schwert zu durchbohren und ihn zu ewiger Verdammnis zu verurteilen.

 

Aber dann war Angel natürlich zurückgekommen. Er war in diesem Raum zur menschlichen Oberfläche zurückgekehrt. Der geschwärzte Umriss seines Körpers war lange verblasst, aber es war in ihrem Kopf immer noch präsent. Und sie würde ganz sicherlich niemals die wirklich tierische Art und Weise vergessen, wie er nach seiner Rückkehr gewesen war.

 

Diese paar Dinge kratzten nur an der Oberfläche von all dem, das nicht nur in diesem Raum, sondern in der Villa insgesamt passiert war. Hier hatte Angel ihr Tai Chi beigebracht, hier hatte sie versucht, sich von ihm zu trennen, hier hatte sie ihre Nickerchen nach der Jagd gehalten, hier hatte sie sich ihm selbst angeboten, um sein Leben zu retten. Und es war auf dem Hügel in der Nähe gewesen, wo sie Angel überredet hatte, nicht sein Leben aufzugeben.

 

So viele Erinnerungen waren mit der alten Villa verbunden. Und alle konzentrierten sich um den Mann, von dem sie sicher war, dass er ewig ihr Herz haben würde. Und nun war er weg. Sie hatte keine Ahnung, wohin er gegangen war. Er hatte ihr nicht direkt eine Reisebeschreibung gegeben. Statt dessen war er einfach ohne eine Spur verschwunden und ließ sie sich für immer fragen, wohin er gegangen war.

 

Als sie zum großen Kamin ging, überlegte sich Buffy, ob die Dinge anders wären, wenn sie wüsste, wo er wäre. Würde sie sich bei ihm melden und ihm von ihrer Schwangerschaft erzählen? Ja, das würde sie wahrscheinlich. Ihr erster Instinkt, nachdem sie das positive Ergebnis auf dem Schwangerschaftstest gesehen hatte, war, zu Angel zu rennen. Natürlich hatte sie das nicht tun können. Sie hatte keine Ahnung wo er war. Also musste sie sich mit der Tatsache abfinden, dass Angel nicht wissen würde, dass sie sein Kind trug. Vielleicht würde sie es ihm.......eines Tages........erzählen können.

 

Buffy spürte, dass ihre Tränen wieder liefen. Sie drehte sich um und floh ohne einen Blick zurück aus der Villa. Die Erinnerungen waren einfach zu stark, um noch länger zu bleiben.

 

 

*****

 

 

Ihre Schritte zögerten, als sie sich der Tür ihres nächsten Ziels näherte. Sie wusste nicht, ob sie wirklich durch die Tür gehen wollte, vor der sie jetzt stand. Das letzte Mal, als sie hier gewesen war, war der Tag nach ihrem siebzehnten Geburtstag. Anstatt ihren Angel zu finden, hatte sie Angelus gegenübergestanden, dem Dämon, der das Gesicht ihres Geliebten trug. Seit diesem Tag hatte Buffy sich nicht getraut, zum Appartement zurückzukommen. Ehrlich gesagt war sie nicht sicher, ob sie bereit war, es jetzt zu betreten, aber ihr war so, als müsste sie es ein letztes Mal sehen. Vielleicht war es wegen einem masochistischen Charakterzug, den sie hatte, oder sie musste einfach diesen Teil ihres Lebens zu einem Ende bringen.

 

Sie brachte schließlich den Mut auf und öffnete langsam die unverschlossene Tür. Der Raum war fast pechschwarz, obwohl es früh am Morgen war und Buffy drückte den Schalter neben der Tür, um das Oberlicht anzumachen. Ihr Herz zog sich ein wenig zusammen beim Anblick des Appartements, das fast genauso aussah wie in den Jahren zuvor.

 

Die Räume waren kahler und eine dicke Schicht Staub bedeckte alle Oberflächen, aber es sah aus wie immer. Angel hatte nicht viel in dem Appartement gehabt, aber die paar Bilder und persönliche Dinge, die da gewesen waren, waren weg.

 

Buffy schlenderte weiter in das Wohnzimmer und strich mit ihrer Hand über die Rückseite eines staubigen Sessels. Sie erinnerte sich an die Zeit, als Angel in genau diesem Sessel gesessen hatte, und sie seine Hand bandagiert hatte, nachdem Spike ihn für den Versuch benutzt hatte, Drusilla zu heilen. Dann war da der Morgen gewesen, als sie nach ihrem Traum, in dem Drusilla ihn getötet hatte, zu Angel gekommen war.

 

Ihre lebhafteste Erinnerung an diesen Ort war jedoch die Nacht von ihrem Geburtstag. Diese Nacht war so wundervoll und gleichzeitig so tragisch gewesen. Sie konnte nicht anders als Schuld darüber zu verspüren, was passiert war. Wenn sie Angel nicht dazu gedrängt hätte, sie zu lieben, dann hätte er nicht seine Seele verloren. Aber sie konnte nicht ändern, was passiert war. Es wäre wahrscheinlich sowieso früher oder später passiert.

 

Unbewusst wanderte ihr Blick in die Ecke des Raums, in dem sich das Bett befand. Die Laken lagen immer noch so verwühlt wie an dem Morgen, an dem sie alleine erwacht war. Sie bemerkte plötzlich etwas, das oben auf einem der Kissen lag. Sie stolperte wie wahnsinnig auf das Bett zu und ließ ihre Tasche ohne darüber nachzudenken fallen.

 

Als sie ihr Ziel erreicht hatte, starrte sie mit großen Augen auf den fraglichen Gegenstand. Dort, auf einem der Kissen, lag ein weißer Umschlag, auf dem vorne mit fließender Schrift der Name ‚Buffy‘ gekritzelt stand. Sie atmete zitternd ein und streckte ihre Hand zögernd nach dem Papier aus.

 

Mit zitternden Händen hob Buffy den Umschlag zu ihrem Gesicht und atmete tief ein, in der stillen Hoffnung, dass auf dem Papier noch eine Spur von Angel zu finden wäre. Aber da war nur der abgestandene Geruch von Staub.

 

Tränen ließen ihre Sicht verschwimmen, als sie den Umschlag zitternd umdrehte und das Stück Papier von innen herausholte. Ihr Herz klopfte laut in ihrer Brust, als sie die Worte erblickte. Sie wischte sich ihre Tränen weg und atmete tief ein, bevor sie es wagte, Angels letzte Worte an sie zu lesen.

 

 

 

 

Durch verschwommene Augen blickte Buffy auf den Umschlag in ihrer linken Hand hinab. In ihrem Herzen wusste sie, was drinnen war. Ihre Finger wanderten Zentimeter für Zentimeter in den Umschlag, ängstlich und auch dankbar darüber, was Angel ihr hinterlassen hatte. Schluchzer begannen ihren Körper zu schütteln, als sie den kleinen Gegenstand ergriff und nach draußen zog. Dort, sogar in dem matten Licht des Appartements funkelnd, war der Claddagh Ring, den Angel ihr in der Nacht ihres siebzehnten Geburtstages gegeben hatte.

 

Tränen flossen in großen Tropfen, als sie auf das Symbol ihrer Liebe starrte. Unfähig noch länger zu stehen, fiel sie auf das Bett. Sie hatte den kleinen Ring in ihrer Hand an ihre Brust gedrückt. Buffy ließ all ihre aufgestauten Emotionen raus und weinte um ihre verlorene Liebe, und für ihr Kind, das niemals seinen Vater kennen würde.

 

 

*****

 

 

Buffy schniefte ein wenig, als sie die erste ihrer Taschen auf den Rücksitz von Cordelias Auto packte. Ihr Unweg durch Sunnydale hatte länger gedauert als erwartet, aber wenn sie es nicht getan hätte, dann hätte sie niemals Angels Brief bekommen. Und sie würde ihren Claddagh Ring nicht sicher an der Kette um ihren Hals tragen. Das Geschenk war ein zweischneidiges Schwert. Es war eine handfeste Erinnerung an ihre Beziehung mit Angel. Aber es war auch eine Erinnerung daran, dass er sie verlassen hatte. Trotzdem war sie froh es zurückzuhaben. Und sie war froh, dass sie Angels letzte Worte an sie lesen konnte.

 

Sie schob ihre letzten Taschen in das Auto und stöhnte wegen der körperlichen Anstrengung. Dankenswerterweise fühlte sie sich viel besser als vor zwei Tagen, aber sie war immer noch nicht wie ihr altes Selbst. Wenigstens hatte sie eine anständige Menge geschlafen und etwas gegessen.

 

Obwohl sie nicht besonders hungrig gewesen war, hatte sie sich dazu gezwungen zu essen. Das Wissen, dass sie schwanger war, hatte ihr klar gemacht, dass sie besser auf sich aufpassen musste. Auf keinen Fall würde sie ihrem Baby dadurch Schaden zufügen, indem sie damit weiter machte, was sie bisher getan hatte. Was bedeutete, dass sie kaum schlief oder etwas aß.

 

„Ist alles im Auto?", fragte Buffy Cordelia, als diese über die Dinge sah, die sie in den Kofferraum gepackt hatte.

 

„Ja, es ist nichts mehr im Zimmer. Ich habe gerade nachgeschaut", antwortete Cordy, während sie ihr Haar in ihrem Handspiegel überprüfte. Sie drehte sich zu Buffy, bevor sie wieder sprach. „Bist du sicher, dass du das machen willst?“

 

„Ja. Ich kann nicht sagen, dass das genau das ist, was ist machen wollte oder geplant habe. Aber ja, ich bin sicher", erwiderte Buffy, die keine Zweifel an ihrer Entscheidung hatte, Sunnydale hinter sich zu lassen.

 

„Okay, ich wollte nur sichergehen", bemerkte die Brünette.

 

Sie war sich immer noch nicht sicher, warum sie so besorgt um Buffy war, aber sie würde es nicht weiter hinterfragen. Sie war einfach glücklich, dass sie nach all dem, was passiert war, aus Sunnydale herauskam.

 

„Ich glaube, wir sind bereit. Wir haben die Snacks, etwas zu trinken und die Straßenkarten. Noch etwas?", fragte Buffy und versuchte an etwas zu denken, das sie vielleicht vergessen haben könnten.

 

„Nein, ich muss nur noch den Schlüssel zurückbringen und dann können wir los", sagte Cordy, bevor sie ins Büro ging, um den Schlüssel abzugeben.

 

Fünf Minuten später fuhr der Wagen mit den zwei sogenannten Freundinnen, die sich vorkamen, als wären sie aus ihrem Zuhause verbannt worden, als Sunnydale raus. Sie waren ein ungleiches Paar, die durch das gemeinsame Gefühl allein zu sein zusammengekommen waren. Aber vielleicht war es ihnen zusammen möglich, ein neues Leben zu beginnen. Das würde nur die Zeit zeigen.

 

Als sie das Schild ‚Nun verlassen sie Sunnydale‘ passierten, berührte Buffys Hand das Fenster, das zum Schild gewandt war. Sie sprach einen leisen Abschiedsgruß zu allen, die sie einmal gehabt hatte. Sie würde ihr ehemaliges Leben vermissen, aber sie musste das tun, was für ihr Baby am besten war. Vielleicht traf sie die falsche Entscheidung, vielleicht aber auch nicht. Sie war aber entschlossen, zu tun was auch immer möglich war, um ihrem ungeborenen Kind ein gutes Leben zu geben.

 

Ein paar Meilen außerhalb von Sunnydale drehte sich Cordelia mit einem verblüfften Ausdruck auf ihrem Gesicht zu Buffy. In der ganzen Zeit, die sie in den vergangenen Tagen zusammen verbracht hatten, war ihr der Gedanke vorher nicht gekommen.

 

„Ich dachte Vampire können keine Kinder bekommen."

 

„Das dachte ich auch", murmelte Buffy als Antwort und wiederholte es in einem bloßen Flüstern. „Das dachte ich auch."

 

 

THE END

 

Nächster Teil der Serie:  A Moment For Goodbye

 

 

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